Verbessertes Verfahren für offenen Guss erweitert die Fertigungsmöglichkeiten in Europa
Das offene Gießverfahren ist eine Fertigungsmethode zur Herstellung konkaver, faserverstärkter Polymerteile wie Badewannen und Schiffsrümpfe. Bei dem Verfahren wird manuell Faser auf der Form angebracht, anschließend wird ein flüssiger, wärmehärtender Kunststoff darüber gegossen oder aufgesprüht. Es kommt zum Einsatz, wenn Teile für andere Gießtechnologien zu groß oder komplex sind oder nur geringe Stückzahlen benötigt werden. Das offene Gießverfahren bringt allerdings zahlreiche Nachteile mit sich. Es ist sehr arbeitsaufwendig und langsam – und entsprechend teuer. Spezialisierte Gießereien befinden sich folglich häufig in Niedriglohnländern. Für Europa bedeutet dies lange Vorlaufzeiten und Schwachstellen in der Lieferkette. Technische Beschränkungen hinsichtlich der Komplexität der Gussform kommen erschwerend hinzu. Zudem funktioniert das Verfahren nur mit wärmehärtenden Materialien, die weder umgeschmolzen noch wiederverwertet werden können. Bei diesen Materialien werden giftige Dämpfe freigesetzt, mit gesundheitlichen Folgen für die Arbeitskräfte. Das offene Gießverfahren hat unter dem Strich einen negativen ökologischen Fußabdruck.
Additive Fertigung mit Endlosfaser
Eine alternative Methode ist längst überfällig. Das EU-finanzierte Projekt CFAM hat nun eine entsprechende Lösung entwickelt. Im Rahmen des Projekts wurde ein frühes Modell eines Geräts bis zum Technologiereifegrad 9 (Marktreife) weiterentwickelt und potenzieller Kundschaft vorgestellt. Das neue Verfahren umfasst im Wesentlichen einen speziellen 3D-Drucker, bei dem ein Endlosstrang der Druckfaser (Glas oder Kohlenstoff) auf dem Träger abgelegt wird. Anstelle von wärmehärtenden Materialien, die sich nur einmalig verwenden lassen, setzt man hier Thermoplaste ein, die eingeschmolzen und neu verformt werden können. Diese Kombination ist einmalig und als solche patentiert.
Schnelle Produktion und Verifizierung
Das neue Gerät kann Teile bis zu einer Größe von 4 x 2 1,5 m bei hoher Geschwindigkeit fertigen. „So wird der Fertigungsprozess für faserverstärkte, große Teile von hoher Komplexität bzw. die Formen, die für diese Teile benötigt werden, automatisiert und gleichzeitig beschleunigt“, erläutert Projektkoordinator Lucas Janssen. Das Gerät hat eine durchschnittliche Produktionsleistung von 15 kg pro Stunde bei maximal 25 kg pro Stunde und ist über 100-mal schneller als herkömmliche 3D-Drucker. „Das Herzstück unserer Vorrichtung ist der Extruder oder Druckkopf“, ergänzt Janssen. „Darin wird thermoplastisches Pellet-Material eingespeist, das bei hoher Temperatur und starkem Druck geschmolzen wird.“ Der Extruder wurde so konzipiert, dass er praktisch mit jeder Art Thermoplaste genutzt werden kann. In dem neuen Verfahren wird die Endlosfaser am Ende des Extruders eingeführt. Mithilfe eines Roboterarms oder eines Portalsystems wird er im dreidimensionalen Raum bewegt. Das CFAM-Team erprobte, verifizierte und optimierte das Verfahren. Demonstrationen des Systems wurden anhand von mehr als 35 Pilotprojekten unter Einsatz von über 20 Hardwarelösungen durchgeführt. Obwohl sich die Reaktion der Industrie etwas zögerlicher als erwartet ausnahm, verspricht das System dennoch gute Aussichten auf Erfolg. Zielgruppe für die Technologie sind Unternehmen, die Formteile für Seeschifffahrt, Baugewerbe oder Infrastrukturen sowie für Anwendungen in der Luftfahrt fertigen. Mit dem Gerät lassen sich kosteneffizient komplexe Teile bei niedrigen Stückzahlen herstellen, in vielen Fällen auch vor Ort im Betrieb. Durch diese Lösung wird die Fertigung der Produkte vereinfacht, weitgehend automatisiert und auch ohne Mitarbeit qualifizierter Handwerker durchführbar. Das CFAM-Team will die Technologie weiterentwickeln und den Markt vergrößern. Dazu sind weitere Demonstrationen erforderlich, die konkrete Probleme und Herausforderungen in der Industrie in den Blick nehmen.
Schlüsselbegriffe
CFAM, Fertigung, Thermoplaste, thermoplastisch, offenes Gießverfahren, offener Guss, Endlosfaser, 3D-Drucker, Industrie