Enzymatische Aufbereitung zur Entfernung organischer Mikroschadstoffe
Organische Mikroschadstoffe sind künstlich hergestellte Substanzen, die in natürlichen Gewässersystemen vorhanden sind. Diese Schadstoffe umfassen Tausende von in der Industrie und Landwirtschaft verwendeten Chemikalien. Innerhalb dieser Gruppe stellen jedoch die Medikamentenrückstände die größte Gefahr dar. Medikamentenrückstände (aktive pharmazeutische Wirkstoffe) gelangen über verschiedene Wege in das Gewässersystem, vor allem aber über den menschlichen Körper. In vielen Fällen werden 50–90 % des eingenommenen Medikaments ausgeschieden. Daher sind aktive pharmazeutische Wirkstoffe bereits im Abwasser vorhanden. Zudem verfügen nur wenige Abwasseraufbereitungsanlagen über auf diese Substanzen abzielende Verfahren. So durchlaufen aktive pharmazeutische Wirkstoffe die Aufbereitung unverändert. Die Rückstände gelangen dann in natürliche Gewässersysteme und verursachen dort ökologische und soziale Schäden. Rückstände von Antidepressiva und Hormonen beispielsweise können für Fische tödlich sein. Antibiotikarückstände tragen zur Zunahme der Antibiotikaresistenz bei – eines der größten Gesundheitsprobleme der Menschheit.
Neuartige enzymatische Aufbereitung
Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts PFS wurde eine auf aktive pharmazeutische Wirkstoffe und andere organische Mikroschadstoffe abzielende Abwasseraufbereitung entwickelt. PFS beruht auf der Arbeit des früheren von der EU im Rahmen der Phase 1 des KMU-Instruments geförderten Projekts DePharm. Das Team dieses Projekts untersuchte die Machbarkeit und die Marktmöglichkeiten für eine auf Enzymen beruhende neuartige Abwasseraufbereitungstechnologie. Bei PFS handelte es sich um das Projekt der Phase 2. Dabei wurde die Technologie validiert und zur Industrie- sowie zur Marktreife gebracht. „PFS ist eine Abwasseraufbereitungstechnologie für kommunale und industrielle Abwässer“, erklärt Christian Ryen, leitender Geschäftsführer des Projektpartners Pharem Biotech. „Stellen Sie sich eine programmierbare Aufbereitungstechnologie vor, bei der Sie die Funktion der Aufbereitungsstufe auswählen können. Durch die Entwicklung der Enzyme können wir stoffgebundene Aufbereitungsmechanismen entwerfen. Das Ergebnis ist ein poröses sandartiges Material zur Behandlung eines breiten Spektrums organischer Schadstoffe im Wasser verschiedener Umgebungen.“ Enzyme sind chemische Katalysatoren, das heißt, sie beschleunigen Reaktionen und werden dabei nicht verbraucht. Das mit Schadstoffen belastete Wasser fließt durch das Material und kommt dabei mit den Enzymen in Kontakt. Diese bauen die Schadstoffe ab.
Optionen für die Kundschaft
Das System wird in mehreren Ausführungen vertrieben. Die erste Option ist ein „Plug and Play“-Modul, das für die Kundschaft kostenlos sein wird. Die zweite Option dient der Entwicklung einer optimierten Aufbereitungsstufe. Die dritte Option zielt auf spezifische Anforderungen ab und umfasst die Anpassung von Enzymen zur Verwendung in der Aufbereitungsstufe. PFS kann in allen Ausführungen verwendet werden, um vorhandene Aufbereitungsanlagen ohne größeren Aufwand nachzurüsten. „Durch die Bindung der Enzyme an das Material entsteht eine hocheffiziente Aufbereitungsstufe, bei der die Enzymaktivität für jedes Wasservolumen wiederverwendet wird. So können die Kosten deutlich reduziert werden“, fügt Ryen hinzu. Da Enzyme Katalysatoren sind, kann eine durch die Schwerkraft angetriebene Aufbereitungsstufe entwickelt werden, sofern die Infrastruktur dies zulässt. So ist keine zusätzliche Energie notwendig. In mehreren Monaten der Testung konnte gezeigt werden, dass PFS die Industrienormen erfüllt. Schon vor der spezifischen Optimierung können mit der Aufbereitungsstufe für kommunale Abwasseraufbereitungsanlagen mehr als 80 % der aktiven pharmazeutischen Wirkstoffe entfernt werden. Diese Ergebnisse sind mit den Ergebnissen alternativer Technologien durchaus vergleichbar. Ein großer Vorteil von PFS ist jedoch der minimale Energieverbrauch der Aufbereitung sowie die im Vergleich zu den Konkurrenztechnologien etwa halb so hohen Kosten pro Volumeneinheit. Außerdem ist die Aufbereitungsstufe kompakt und skalierbar. Das Projektteam bereitet derzeit die vollständige Einführung in den Abwasseraufbereitungsmarkt im Jahr 2021 vor. Das Team hat Kooperationsverträge mit mehreren wichtigen Partnern unterzeichnet und konnte sich mehrere Projekte für die Aufbereitung industrieller Abwässer in der pharmazeutischen Industrie sichern.
Schlüsselbegriffe
PFS, Wasser, Enzyme, Abwasser, Filtration, verschreibungspflichtige Medikamente, Abwasseraufbereitung, organische Mikroschadstoffe, aktive pharmazeutische Wirkstoffe