Entschlüsselung der wasserreichen Geschichte des Mars mithilfe der Geologie
Mittlerweise gibt es zwar keine Gewässer mehr auf der Oberfläche des Mars, aber der Planet ist von handfesten Belegen für eine wasserreiche Vergangenheit gezeichnet. „Seit den frühen 19070er-Jahren entdeckt die Wissenschaftsgemeinschaft immer wieder tiefe Täler und Kanäle, die sich über Tausende Kilometer erstrecken“, erklärt der Postdoktorand im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen Francesco Salese, der an der Fakultät für Geowissenschaften der Universität Utrecht in den Niederlanden am Projekt WET MARS beteiligt war. „Diese Funde haben unsere Vorstellungen über den Mars grundlegend verändert.“ Aktuelle Entdeckungen haben auch gezeigt, dass es Wasservorkommen unter der Marsoberfläche in der Nähe der Pole gibt. Es kommt ebenfalls in Form von Eis und in häufig zu findenden, wasserreichen Stoffen wie Tonmineralien und Sulfaten vor.
Eine Rekonstruktion des nassen Mars
Das Projekt WET MARS wollte auf Grundlage dieser Tatsachen die Bedingungen rekonstruieren, die ehemals auf dem Mars herrschten, und ein besseres Verständnis des hydrogeologischen Kreislaufs erlangen, der für die Bildung der komplexen Kanalsysteme auf der Oberfläche des Planeten verantwortlich war. Diese Forschung wurde mit Unterstützung der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen durchgeführt. Bahndaten ermöglichten dem Forschungsteam anhand einer detaillierten, hochauflösenden architektonischen Analyse einen großen (1 500 m x 200 m) Aufschluss des Planeten zu untersuchen und zu zuverlässigen landschaftsgeschichtlichen Interpretationen auf Basis von sedimentären, stratigraphischen Belegen zu gelangen. Salese nahm auch an Experimenten mit gefrorenem Unterboden und numerischen Modellierungen an der Universität Utrecht teil. Dadurch konnte er eine neue Hypothese darüber aufstellen, wie sich in der späten Entwicklungsphase des Mars fluviale Systeme bildeten. Außerdem gelang es ihm, neue Vermutungen zur die Rolle der thermischen und mechanischen Erosion zu entwickeln. „Auf Grundlage all dieser Anhaltspunkte konnte ich einige Aspekte der Fluiddynamik im Zusammenhang mit fluvialen Ablagerungen auf dem Mars identifizieren“, erklärt er. „Anhand des großen Aufschlusses siliziklastischer Sedimente auf dem Mars fand ich die ersten Belege für ein ausgedehntes Netzwerk von Flüssen, die in einer exponierten Felswand erhalten waren.“ Im Rahmen des Projekts konnte das Team auch die minimale Lebensspanne des ehemaligen Jezero-Deltas abschätzen, einer Region auf dem Mars, die planmäßig Anfang 2021 als Landestelle des Rovers Perseverance der NASA dienen soll.
Die Wiederbelebung des Mars
Das Projekt WET MARS hat dazu beigetragen, der fernen Vergangenheit unseres Nachbarplaneten neues Leben einzuhauchen. „Die gefundenen Belege deuten darauf hin, dass es in der Vergangenheit des Mars Perioden anhaltender Wasserabflüsse gab“, fügt Salese hinzu. „Das ist mit einem niederschlagsbasierten Wasserkreislauf vor 3,7 Milliarden Jahren vereinbar.“ Diese Schlussfolgerung steht im Einklang mit bereits bestehenden Argumenten, die für eine lang andauernde Präsenz von Wasser auf der Oberfläche des Mars sprechen. Salese belegte auch anhaltende Sedimentbildung in Flüssen – wobei sich von Flüssen transportiertes Material ablagert– wiederum vor 3,7 Milliarden Jahren. „Solche perennierend fließenden Flüsse können nur in einer Umgebung existieren, in der große Wasservolumina über lange Zeiträume bestehen bleiben können“, fährt Salese fort. „Das würde eher auf eine langsame Klimaänderung hindeuten und weniger auf katastrophenartige hydrologische Ereignisse.“ Salese ist der Überzeugung, dass Belege für eine langlebige wasserreiche Landschaft auf dem Mars für unsere Suche nach uralten Lebensformen auf dem Planeten von erheblicher Bedeutung sein könnten. „Unsere Ergebnisse könnten Raumfahrtmissionen dabei helfen, die fluviale Aktivität und ihre Dauer auf dem Mars besser zu verstehen“, so Salese. „Zum Beispiel könnten die Teams rund um den Rover Perseverance der NASA und den Rover Rosalind Franklin der ESA so zu einer besseren Vorstellung davon kommen, wonach sie suchen sollten. Das könnte die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sie Lebensspuren finden.“ Nach dem Abschluss des Projekts WET MARS hat Salese vor, seine Forschung im Bereich der sedimentären Geologie des Mars und der Erde fortzusetzen. „Dieses Projekt war eine einzigartige Gelegenheit, die Sedimentologie des Mars gründlich unter die Lupe zu nehmen“, bemerkt er. „Ich hoffe, dass unsere Arbeit die Wichtigkeit der Geologie bei der Erkundung von Planeten nur noch weiter unterstreicht. Ohne gute Grundlagen in der terrestrischen Geologie sind keine fundierten Ergebnisse in der extraterrestrischen Geologie möglich.“
Schlüsselbegriffe
WET MARS, Mars, Planet, Geologie, hydrogeologisch, sedimentär, NASA, ESA