Reaktion von Mikroben auf den Klimawandel bietet Ausblick auf die Zukunft der Arktis
Die Arktis spielt für das Gleichgewicht des Weltklimas eine zentrale Rolle. Veränderungen in diesem Polargebiet haben Welleneffekte, die in niedrigeren Höhenlagen spürbar sind. Die besorgniserregenden Neuigkeiten sind, dass der Permafrost etwa doppelt so viel Kohlenstoff enthält, wie die Erdatmosphäre. Da der Permafrost erwärmt wird, „erwachen“ die Mikroben im Boden und wirken an Prozessen mit, welche die Freisetzung von Kohlenstoffablagerungen in Form von Treibhausgasen – CO2 und Methan – stimulieren. Das über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen finanzierte Projekt MicroArctic wurde ins Leben gerufen, um die Anpassungsfähigkeit von mikrobiellen Gemeinschaften an die sich schnell erwärmende Arktis und ihre Rückkopplungen bezüglich biogeochemischer Zyklen besser zu verstehen. Über das Programm wurden 15 Nachwuchsforschende im Bereich der Mikrobiologie und Biogeochemie darin ausgebildet, auf den Bedarf für Steuerung und Führerschaft hinsichtlich öffentlicher, politischer und gewerblicher Interessen in der Region einzugehen. Durch die Projektforschung wurden mehrere Messungen von zeitlichen und räumlichen Variationen verschiedener mikrobieller Gemeinschaften in mehreren Lebensräumen der Arktis (Boden, Gletscher und Luft) durchgeführt und die Interaktion von Mikroben mit dem lokalen Klima erforscht. Ferner wurden stratigraphische Analysen von Strukturen und Funktionalitäten mikrobieller Gemeinschaften auf molekularer Ebene sowie geochemische und mineralogische Messungen mit Chronosequenzen zu Gletschervorfeldern und Permafrostablagerungen durchgeführt. „Die Ergründung der Dynamik individueller Populationen und Reaktionen auf den Klimawandel ist entscheidend, um die Plastizität und Widerstandsfähigkeit von Lebensräumen auf die Klimaerwärmung zu bewerten. Dies hilft auch bei der Gestaltung von Strategien, die dazu beitragen, den Schaden für die überaus hohe Artenvielfalt arktischer Ökosysteme zu mindern“, bemerkt Alexandre Anesio, Koordinator von MicroArctic.
Alte Bodenmikroben wirken sich auf das Klima der Arktis aus und lösen Erkrankungen aus
Die Erderwärmung beschleunigt das Auftauen von Permafrost, sodass große Mengen von wirksamem Treibhausgas Methan in die Atmosphäre freigesetzt werden. Die Projektforschung demonstrierte, dass diese direkte Freisetzung von Methan von mikrobiellen Gemeinschaften (gefrorene organische Materie) ausgehen kann, die sich vor tausenden Jahren im Permafrost gebildet haben. Infolge der Erderwärmung und des Auftauens von Permafrost gehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler davon aus, dass diese alten Mikroben große Mengen an Methan freisetzen. Die Forschenden untersuchten auch potenziell pathogene Bakterien, die isoliert von artenreichen Lebensräumen in Spitzbergen, Norwegen, vorzufinden sind. „Hämolysine [Lipide und Proteine], die von einer Vielzahl an Organismen abgesondert werden, verursachen eine Lyse roter Blutkörperchen, welche die Zellmembran beeinträchtigen. Sie könnten wesentlich zur Bestimmung von Viren in Tiermodellen beitragen. Die Hämolyse wurde bei 32 von 78 Bakterienarten beobachtet, die von arktischen Lebensräumen isoliert waren“, bemerkt Anesio. Über dieses Projektergebnis wird hier berichtet.
Die mikrobielle Aktivität hört nicht im Winter auf
Der Anfang der Sommersaison ist ein wichtiger Zeitraum für die Stimulation einer höheren mikrobiellen Aktivität und eines höheren Nährstoffkreislaufs. MicroArctic ermittelte ionische Impulse von Nährstoffen beim ersten Schmelzen in der Sommersaison, welche die Algenblüte an der Oberfläche des Grönländischen Eisschilds beflügeln. Sie scheinen auch die Gletscherschmelze über einen Prozess zu beschleunigen, der in aktuellen Modellen zur Klimaveränderung nicht berücksichtigt wird. Obgleich biologische Prozesse im Winter abklingen, zeigte MicroArctic, dass Mikroben bei weitaus niedrigeren Temperaturen aktiv bleiben könnten, als bislang vermutet wurde. „Anhand von Laborsimulationen demonstrierten wir, dass mikrobielle Aktivitäten und aktive biogeochemische Prozesse selbst während der dunklen und kälteren Winterperioden stattfinden können. Diese Erkenntnis könnte ermöglichen, dass das ganze Jahr über Proben von Mikroben genommen werden, und nicht nur während der arktischen Jahreszeit der Schmelze“, erklärt Anesio. Die Interaktionen und Plastizität der Arten helfen arktischen Mikroben dabei, sich anzupassen, zu überleben und unter widrigen Bedingungen zu gedeihen. Bessere Kenntnisse über ihre Biodiversität und Interaktionen untermauern, dass der Schutz der arktischen Umwelt für zukünftige Generationen erforderlich ist.
Schlüsselbegriffe
MicroArctic, Arktis, Mikrobe, Permafrost, Methan, mikrobielle Gemeinschaften, Plastizität, Erderwärmung, Auftauen