Die Befähigung junger Menschen zu aktiver politischer Mitgestaltung verstehen
Vor dem Hintergrund weniger politischer Maßnahmen, die auf die Befähigung und stärkere Miteinbeziehung ausgerichtet sind, sehen sich junge Menschen oftmals mit Hindernissen für ein politisches Engagement ihrerseits konfrontiert. Dies wird durch die Tatsache erschwert, dass junge Menschen von Machtbefugten häufig als negativ oder passiv erachtet werden. Ihnen wird kaum zugetraut, zu eigenständigem Handeln fähig zu sein. Diese Situation könnte junge Menschen vom politischen Engagement abhalten, zumindest was die institutionelle Politik anbelangt. Eine Umfrage, die vom EU-unterstützen Projekt EURYKA (Reinventing Democracy in Europe: Youth Doing Politics in Times of Increasing Inequalities) durchgeführt wurde, um das politische Engagement der europäischen Jugend zu erforschen, ergab jedoch, dass dies manche Jugendliche sogar dazu motiviert, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen. „Da viele der traditionellen Politik skeptisch gegenüberstehen, stellten wir fest, dass die Beteiligung nicht immer über institutionelle Kanäle wie das Wählen erfolgte, sondern durch Alternativen wie beispielsweise die Beteiligung an Protesten. Die Politik im Bereich der Lebensweise, etwa zum Thema des ethischen Konsums, ist ebenfalls eine Möglichkeit, um sich Gehör zu verschaffen“, sagt Projektkoordinator Marco Giugni. Über EURYKA wurde eine Reihe faktengestützter Berichte einschließlich von Strategiepapieren erstellt, die auf Sachverhalte wie die Jugend und politische Veränderung und die politische Online-Beteiligung der Jugend ausgerichtet sind. Im Rahmen des Projekts wurden zudem verschiedene Diskussionsrunden mit Interessengruppen abgehalten, um über prioritäre Maßnahmen zu entscheiden.
Landesübergreifende Analyse mit mehreren Methoden
„Die Ausgangsannahme für das EURYKA-Projekt war, dass das politische Engagement, das unter anderem durch Einstellung, Interesse, Vertrauen, Aktivitäten und Verhaltensweisen definiert ist, auf drei charakteristischen Analyse-Ebenen untersucht werden kann“, erklärt Giugni von der Universität Genf. Erstens auf der Mikroebene des individuellen Charakters, Hintergrunds und Beziehungsgeflechts des Menschen; zweitens auf der Mesoebene, was die Präsenz und Aktivitäten verschiedener Jugendorganisationen angeht; und drittens auf der Makroebene des weiter gefassten kulturellen, sozialen und institutionellen Kontexts. Das Projekt wollte darstellen, in welcher Art und Weise das Leben junger Menschen von Ungleichheiten betroffen ist, und welche Bedingungen und Ursachen ihre politisches Engagement untermauern. „Eine wichtige Erkenntnis war, dass Sozialisierungsprozesse von zentraler Bedeutung sind, um den Grad der politischen Beteiligung junger Menschen zu verstehen, und dass dies für diejenigen, die sich beteiligen, üblicherweise tiefgreifende persönliche Auswirkungen hat“, merkt Giugni an. Über die Studie wurde zum Beispiel festgestellt, dass Schulen Möglichkeiten für gemeinsame Aktionen wie die Teilnahme an Demonstrationen bieten, während junge Menschen üblicherweise zu Hause erstmals die Gelegenheit erhalten, über Politik zu sprechen. Hierbei wurde insbesondere die Rolle inspirierender Lehrkräfte für wichtig befunden. Für eine vergleichende Analyse berücksichtigte das Projekt eine Reihe europäischer Länder mit verschiedenem Grad sozialer Ungleichheit und mit verschiedenen politischen Regimen, nämlich Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Polen, Spanien, Schweden, die Schweiz und das Vereinigte Königreich. Dies offenbarte interessante Ähnlichkeiten und Unterschiede. Es zeigte sich beispielsweise besonders markant in Genf und Stockholm, dass Teilnehmende mit Eltern, die in einem anderen Land geboren wurden, durch Diskussionen über das elterliche Heimatland politisch sozialisiert wurden, wobei die meisten die politische Haltung ihrer Familien teilten.
Öffentliche Politik und Verfahren für die Jugend
Es wurden über 4 500 politische Forderungen im öffentlichen Bereich bezüglich Sachverhalten im Zusammenhang mit der Jugend analysiert. Eine quantitative Analyse von etwa 4 500 Webseiten von Organisationen, welche die Jugend zum Thema haben oder von Jugendlichen geleitet werden, fand statt. Zudem wurde eine qualitative Analyse von 265 teilstrukturierten Interviews in neun Städten durchgeführt. Parallel zu Umfrageversuchen mit etwa 16 800 Teilnehmenden wurde ebenfalls eine repräsentative stichprobenartige Panel-Erhebung unter etwa 9 000 Menschen aus der Allgemeinbevölkerung durchgeführt. Biographische Interviews mit 252 jungen Menschen wurden neben einer Social-Media-Analyse von etwa 850 000 Tweets durchgeführt. Die Projektergebnisse führten zu einer Reihe politischer Empfehlungen, insbesondere zu Empfehlungen, die auf junge Menschen mit weniger Chancen abzielen. Diese beinhalten den Bedarf einer Strategie für die Miteinbeziehung der Jugend, die Schaffung einer Ombudsposition für die Jugend in den europäischen Institutionen und/oder in jedem europäischen Land sowie die Erwägung, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken.
Schlüsselbegriffe
EURYKA, Jugend, Politik, politisches Engagement, Ungleichheiten, Wahl, Proteste, Demonstrationen, Sozialisierung, Entziehung des Stimmrechts