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Inhalt archiviert am 2023-04-17

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Erdbeben in Zeitlupe? Analyse stiller Erdbeben mit maschinellem Lernalgorithmus

Mithilfe eines Rechenmodells untersuchte ein internationales Forschungsteam die Entstehungsphasen von Rissen in der Erdkruste aufgrund langsamer Verschiebungen vor der Detektion eines Bebens.

Die Seismologie kann keine Erdbeben vorhersagen, aber es kann die Wahrscheinlichkeit schwerer Erdbeben entlang einer bestimmten Verwerfung über einen bestimmten Zeitraum errechnet werden. Erdbeben, die auch als langsame Verschiebungen bezeichnet werden, ähneln regulären plötzlichen Erdbeben, sie finden jedoch über einen weitaus größeren Zeitraum statt (der üblicherweise von Tagen bis zu Monaten reicht) und werden ebenfalls häufig von den Geowissenschaften untersucht. Das Verständnis dieser scheinbar milden Erdbeben in Zeitlupe hilft dabei, die mechanischen und physikalischen Grundlagen von Erdbeben zu beleuchten, die ihren zeitlichen Ablauf und ihre Stärke bestimmen. Das von dem EU-finanzierten Projekt GEO-4D (Geodetic data assimilation: Forecasting Deformation with InSAR) mitunterstützte Wissenschaftsteam hat charakteristische statistische Merkmale ermittelt, die den Zeitraum kennzeichnen, der langsamen Rissen in der Erdkruste vorausgeht, ehe Beben oder Daten von einem GPS-System auf eine tektonische Plattenverschiebung schließen lassen. In einer Pressemitteilung des Los Alamos National Laboratory wird die in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlichte Studie zusammengefasst. „In Anbetracht der Ähnlichkeit zwischen langsamen Verschiebungen und klassischen Erdbeben könnten diese charakteristischen Signaturen der Geophysik dabei helfen, auch den zeitlichen Ablauf der verheerenden schnelleren Beben zu verstehen.“

Vorhersagbare langsame Verschiebungen

Mithilfe eines Modells für das maschinelle Lernen untersuchte das Team kontinuierliche Erdbebenwellen für den Zeitraum zwischen 2009 und 2018 mit Daten vom Pacific Northwest Seismic Network, das Erdbewegungen in der Cascadia-Verwerfung verfolgt. Die Hauptautorin Claudia Hulbert von der das Projekt GEO-4D koordinierenden École Normale Supérieure Paris und vom Los Alamos National Laboratory erklärt: „Das Modell für das maschinelle Lernen stellte fest, dass sich kurz vor dem Ende eines langsamen Rutschzyklus ein Datenauszug mit grundlegenden Informationen in Bezug auf den bevorstehenden Systemfehler ausprägt.“ Laut Hulbert legen die Erkenntnisse des Teams nahe, „dass Risse mit langsamen Verschiebungen sehr wohl vorhersagbar sind, und da langsame Verschiebungen sehr viel mit Erdbeben gemein haben, könnten langsame Verschiebungen den Weg zu einer einfacheren Untersuchung der physikalischen Grundlagen von Erdbeben ebnen.“ Die Forschenden berechneten mehrere „statistische Merkmale, die mit der Signalleistung bei geringer Stärke verbunden sind“. In derselben Pressemitteilung heißt es: „Das wichtigste Merkmal zur Vorhersage eines langsamen Rutsches bei den Cascadia-Daten ist die seismische Kraft, insbesondere die Frequenzbänder, die mit langsamen Verschiebungen verbunden sind.“ Im Rahmen der Studie wurde auch festgestellt, dass „eine langsame Verschiebung häufig mit einer exponentiellen Beschleunigung an der Verwerfung beginnt, einer Kraft, die so schwach ist, dass sie von seismischen Sensoren nicht detektiert wird.“ In der Pressemitteilung des Los Alamos National Laboratory heißt es weiter, dass die von dem Team beaufsichtigten Algorithmen für das maschinelle Lernen „transparent sind, das heißt, dass das Team feststellen kann, welche Merkmale das maschinelle Lernen nutzt, um vorherzusagen, wann die Verschiebung einsetzt. Forschende können diese Merkmale zudem mit Merkmalen vergleichen, die in Laborversuchen am wichtigsten waren, um die Ausfallzeit abzuschätzen.“ Langsame Verschiebungen wurden erstmals vor etwa zwei Jahrzehnten geowissenschaftlich beobachtet, indem ansonsten nicht detektierbare Verschiebungen unter Verwendung von GPS-Technologie verfolgt wurden. Diese Ereignisse finden statt, wenn tektonische Platten extrem langsam aneinander reiben, wie bei einem Erdbeben in Zeitlupe. Bei einer langsamen Verschiebung kann die gleiche Menge an Energie wie bei einem einminütigen Erdbeben der Stärke 7 freigesetzt werden. Diese wiederauftretenden Erdbeben setzen die Energie jedoch sehr langsam frei, sodass sich die an der Oberfläche verursachten Verschiebungen im Millimeterbereich abspielen. Das laufende Projekt GEO-4D ist auf die Entwicklung eines Instruments auf Basis von maschinellen Lernverfahren ausgerichtet, welche die Detektionsfähigkeiten von verschiedenen Daten, darunter Informationen des Forschungssatelliten Sentinel-1, kombinieren, um eine Zeitreihe von Bodenbewegungen zu erstellen. Weitere Informationen: Projekt GEO-4D

Schlüsselbegriffe

GEO-4D, Erdbeben, langsame Verschiebung, maschinelles Lernen, Los Alamos National Laboratory

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