Energieintensive Industrien nutzen Abwärme mit neuartigem Konzept des direkten Wärmeaustauschs
Die energieintensiven Industrien zählen in Europa zu den stärksten Treibhausgasquellen, wobei der Großteil der industriellen Emissionen von der Stahl-, Zement- und chemischen Industrie verursacht wird. Die Suche nach Lösungen zur Senkung des Energieverbrauchs und zur Verringerung der Emissionen hat höchste Priorität. Abwärmenutzung fördert die Kreislaufwirtschaft, senkt den Verbrauch und mindert die Emissionen von aus fossilen Brennstoffen gewonnener Energie. Das EU-finanzierte Projekt TASIO soll diese Bemühungen mit einer neuen Generation der Wärmerückgewinnungstechnik unterstützen, die auf energieintensive industrielle Anwendungen in der Zement-, Glas-, Stahl- und petrochemischen Industrie abzielt, aber gleichermaßen in anderen Bereichen von Nutzen ist.
Das Bindeglied eliminieren
Wärmerückgewinnungssysteme übertragen die Wärme an ein Gas oder ein Fluid, dessen Wärmeenergie dann in elektrische oder mechanische Energie umgewandelt werden kann. Die erzeugte Energie kann dann direkt in der Industrieanlage, in der sie erzeugt wurde, verbraucht oder in ein Netz abgegeben werden. Der Rankine-Kreislauf mit organischem Fluidum ist auf ideale Weise für die Wärmerückgewinnung und -wiederverwendung geeignet. Anstelle von Wasser wie beim einfachen Rankine-Kreislauf kommt hier ein organisches Fluid zum Einsatz, das einen viel niedrigeren Siedepunkt hat. Der Dampf treibt eine Turbine an, die direkt mit einem Generator zur Stromerzeugung oder einem Kompressor zum Komprimieren von Luft für mechanische Arbeiten gekoppelt werden kann. Der Rankine-Kreislauf mit organischem Fluidum wird typischerweise mittels indirekten Wärmeaustauschs mit dem organischen Fluid über eine Wärmeträgerflüssigkeit realisiert. Im Automobil- und Verkehrssektor ist der direkte Wärmeaustausch Gegenstand intensiver Forschung, um die Abgaswärme nutzen zu können. Wie Projektkoordinator Pedro Egizabal von Tecnalia erläutert, „war TASIO jedoch die erste Anwendung einer auf direktem Wärmeaustausch basierenden Rankine-Kreislauf-Technologie mit organischem Fluidum in energieintensiven Industrien überhaupt. Im Vergleich zur konventionellen Technologie des Rankine-Kreislaufs mit organischem Fluidum wird die zwischengeschaltete Wärmeträgerflüssigkeit weggelassen, der Prozess vereinfacht, die Effizienz der Wärmeübertragung gesteigert und der Wartungsaufwand reduziert.“
Eine Revolution der Nachhaltigkeit in Gang bringen
Egizabal berichtet weiter: „Wir konnten mit Erfolg die technische und wirtschaftliche Realisierbarkeit der mit direktem Wärmeaustausch arbeitenden Rankine-Kreislauf-Technologie mit organischem Fluidum zur Erzeugung von bis zu 2 Megawatt elektrischer Leistung in einem in Betrieb befindlichen Zementwerk vorführen. Mit dem System wurde außerdem der Wasserverbrauch gesenkt und die niedrigere Betriebstemperatur sorgte dafür, dass ein Konditionierturm (mit einer Hochdruckpumpe, die Wasser zur Abgaskühlung liefert) überflüssig wurde.“ Zudem validierte das Team einen kleinmaßstäblichen Demonstrator eines für den Rankine-Kreislauf mit organischem Fluidum geeigneten 15-kW-Moduls zur Drucklufterzeugung. Grundlegend wichtig für den Projekterfolg war die Entwicklung neuer Beschichtungs-/Stahluntergrundkombinationen für die Herstellung von Bauteilen, die im Vergleich zu einem konventionellen Rankine-Kreislauf mit organischem Fluidum für die mit höheren Temperaturen einhergehenden Bedingungen geeignet sind. Zu guter Letzt führten die Forschenden Machbarkeits- und Kostenanalysen im Zusammenhang mit der Anwendung der Technologie auf Basis des Rankine-Kreislaufs mit organischem Fluidum in einer Pilotanlage zur Behandlung von in der Petrochemie anfallendem Schlamm durch.
Anreize für den Übergang zur Nachhaltigkeit
Auch wenn mehr als die Hälfte des Energieverbrauchs der EU-Industrie auf das Konto der energieintensiven Industrien gehen, produzieren gerade sie Güter und Materialien, die eine Verringerung der Emissionen in anderen Sektoren wie zum Beispiel Verkehr, Bauwesen und Energieerzeugung erlauben. Sie sind außerdem für viele strategische Wertschöpfungsketten von entscheidender Wichtigkeit. Und so lautet das Fazit von Egizabal: „TASIO konnte mit Erfolg ‚schmutzige‘ industrielle Prozesse und Abgase nutzen, um daraus mit nachhaltiger, mit organischem Fluidum arbeitender Rankine-Kreislauf-Technologie Strom zu erzeugen. Öffentliche Maßnahmen und Anreize, die den Einsatz derartiger Technologien fördern, werden Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit dieser energieintensiven Industrien verbessern, die direkte und indirekte Auswirkungen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und auf die Wirtschaft haben.“
Schlüsselbegriffe
TASIO, Wärme, Energie, Abwärme, energieintensive Industrien, direkter Wärmeaustausch, Wärmerückgewinnung, Rankine-Kreislauf mit organischem Fluidum, Zement