Wohngebäude dank Biomasse-basiertem Öl nachhaltig und kosteneffektiv heizen
Wohnheizsysteme können eine wichtige Rolle dabei spielen, das Energiesystem in Europa sauber, sicher und effizient zu gestalten. Bei den meisten erneuerbaren Biomasse-Ressourcen handelt es sich allerdings um Feststoffe mit geringer Energiedichte. Selbst die fortschrittlichsten Heizsysteme kommen mit den uneinheitlichen Eigenschaften von Biomasse aus land- und forstwirtschaftlichen Reststoffen kaum zurecht. Um dieser Herausforderung zu begegnen, nutzte das Projekt Residue2Heat nachhaltige, aschereiche Biomasse und Reststoffe zur Gewinnung von nachhaltiger Wärme zu wettbewerbsfähigen Preisen für die Beheizung von Wohngebäuden (im Bereich von 20 kWth bis 200 kWth). „Wir wollten die enormen Mengen an den heute üblichen fossilen Biobrennstoffen und Biobrennstoffen der ersten Generation durch Biomasse-Reststoffe ersetzen, die sich nicht zur Lebensmittel- oder Futtermittelherstellung eignen, um die Auswirkungen auf die indirekten Landnutzungsänderungen möglichst gering zu halten“, so der Projektkoordinator Herbert Pfeifer. Durch das Verfahren der Schnellpyrolyse, bei der organisches Material unter Ausschluss von Sauerstoff erhitzt wird, wandelten die Mitglieder des Konsortiums Biomasse-Reststoffe in einen einheitlichen flüssigen Biobrennstoff der zweiten Generation um – das sogenannte Schnell-Pyrolyse-Bio-Öl (fast pyrolysis bio oil, FPBO). Darüber hinaus entwickelten die Forschenden aus bestehenden Wohnheizungssystemen maßgeschneiderte Lösungen, um die Verwendung von FPBO zu ermöglichen.
Innovative Technologie
Das FPBO besitzt rund 70 % der Energiedichte der Biomasse und etwa 50 % des Heizwertes von konventionellem Heizöl. „Unsere erste Herausforderung bestand darin, FPBO – trotz der großen Bandbreite an möglichen biogenen Rohstoffen – mit gleichbleibend hochwertigen und hoch standardisierten physikochemischen Eigenschaften zu produzieren. Die zweite Herausforderung war es, eine hoch effiziente Brennwertheizung für die Verwendung von FPBO anzupassen, da sich die Eigenschaften von FPBO stark von denen konventioneller Brennstoffe unterscheiden“, erklärt Pfeifer. Die Projektpartner nutzten die innovative Schnellpyrolyse-Technologie, um aschereiche Biomasse-Reststoffe wie Weizenstroh, forstwirtschaftliche Reststoffe, Rinde, Miscanthus und reines Holz für die Wohnraumbeheizung in flüssige Biobrennstoffe umzuwandeln. Anhand von grundlegenden Modellierungen und experimenteller Forschung passte das Team von Residue2Heat außerdem verschiedene Teile bestehender Heizsysteme, wie zum Beispiel Brennerkomponenten, für die Nutzung von FPBO an. Aus dem Brenner im Labormaßstab entwickelten die Forschenden dann eine Brennkammer für Heizsysteme für Wohngebäude. „Bei einer Demonstration der FPBO-Verwendung in einer Heizung im normalen Maßstab konnten wir die stabile Verbrennung von FPBO, eine längere Brennerbetriebsdauer von mehr als 100 Stunden und einen problemlosen Start-Stopp-Betrieb nachweisen. Die Anlage wurde sogar, wie vorgesehen, in einer Umgebung für den Technologie-Reifegrad 5 betrieben und überwacht“, merkt Pfeifer an.
Weniger Emissionen
Die Brennstoffeigenschaften wurden im Rahmen der Studie auf die Wohnraumbeheizung zugeschnitten, sodass ein qualitativ hochwertiges, standardisiertes FPBO entstand. Die Forschenden testeten die typischen Komponenten von Heizanlagen, wie Pumpen und Brennstoffdüsen, auf ihre Kompatibilität mit FPBO. Pfeifer dazu: „Da die Informationen über die Strahlausbreitung und Verbrennung von FPBO in der wissenschaftlichen Literatur begrenzt sind, haben wir eine grundlegende Analyse beider Aspekte durchgeführt, auf die wir uns bei der Entwicklung des Brenners im Labormaßstab gestützt haben.“ Das wichtigste Ergebnis von Residue2Heat war die Entwicklung von autonomen Kleinfeuerungen (zwischen 20 kWth und 60 kWth), die mit FPBO betrieben werden. Zu den weiteren Erfolgen des Projekts zählen die Produktion von hochwertigem FPBO aus aschereichen Biomasse-Reststoffen, die Zerstäubung und Verbrennung von FPBO, die Konstruktion und Herstellung von modifizierten Brennerkomponenten sowie ein Logistikplan für die Lagerung und Handhabung. Die Bewertung der Nachhaltigkeitskette verschiedener FPBO-Arten (auf Grundlage des Rohstoffs) zeigte eine Emissionsreduzierung um 80 % bis 94 %. Das entspricht den Vorgaben der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) und der neuen Erneuerbare-Energien-Richtlinie (REDII), die eine Treibhausgaseinsparung von 60 % bzw. 70 % vorsehen. „Die Asche, die bei der Produktion von FPBO entsteht, ist potenziell als Nährstoffquelle für Boden-Ökosysteme geeignet und könnte somit bei landwirtschaftlichen Anwendungen zum Einsatz kommen“, so Pfeifer abschließend.
Schlüsselbegriffe
Residue2Heat, Schnell-Pyrolyse-Bio-Öl, Beheizung von Wohngebäuden, Biomasse, landwirtschaftliche Reststoffe, forstwirtschaftliche Reststoffe, Kessel, Erneuerbare-Energien-Richtlinie