Alternative Bohrtechnologie für geothermische Anwendungen in großer Tiefe
Europas Abhängigkeit von Gasquellen außerhalb der EU birgt Risiken für die Energiesicherheit der Union. Eine mögliche Lösung zur Lockerung dieser Abhängigkeit ist die Nutzung der Geothermie zur Erzeugung von Wärme und Strom. „Die Nutzung der Geothermie als erneuerbare Ressource ist eine Grundvoraussetzung für eine sichere und nachhaltige Energieversorgung Europas“, sagt Karin Rehatschek von der Montanuniversität Leoben in Österreich. Rehatschek ist Koordinatorin des EU-finanzierten Projekts ThermoDrill, das eine innovative Tiefbohrtechnologie zur Erschließung von Geothermie entwickelt hat.
Starke Felsformationen durchbrechen
Petrothermale Systeme bergen das Potenzial, zu einem Eckpfeiler der zukünftigen europäischen Strategie für erneuerbare Energien zu werden, da sie täglich rund um die Uhr die Grundlast an Energie, und das nahezu ohne Kohlenstoffemissionen, liefern können. Schon heute liefert die 24 MWth-Geothermieanlage in Rittershoffen, Frankreich, Prozesswärme an einen nahegelegenen Industriestandort, während eine Anlage in Insheim, Deutschland, 8 000 Haushalte mit elektrischer Energie versorgt. Doch bevor petrothermale Systeme in größerem Umfang genutzt werden können, müssen die Kosten für die Bohrungen gesenkt werden. „Die meisten geothermischen Quellen liegen in Tiefen von 3 000 bis 5 000 Meter unter der Oberfläche und sie befinden sich normalerweise unter harten Felsformationen“, erläutert Rehatschek. „Da das Bohren mit zunehmender Tiefe exponenziell teurer wird, liegen hier die Hauptkostenfaktoren für geothermische Anlagen begründet. Sie betragen oft mehr als die Hälfte aller Investitionskosten.“ Zur Überwindung dieser potenziellen Hindernisse, die der Ausschöpfung des Potenzials der petrothermalen Systeme im Wege stehen, hat das Projekt ThermoDrill ein Hybridbohrverfahren entwickelt, bei dem das übliche rotierende Bohren mit der Wasserstrahlschneidtechnik kombiniert wird. Der Hochdruckwasserstrahl, der direkt über dem Bohrmeißel platziert wird, schädigt beim Aufprall das Gestein vor. Dadurch kann der Bohrer wesentlich leichter in das Gestein eindringen, wodurch die Gesamteffizienz des Bohrvorgangs erhöht wird.
Gewaltige Möglichkeiten
Abschließende Feldversuche, die in einer 1,3 km tiefen Bohrung in Österreich durchgeführt wurden, bestätigten, dass die Bohrgeschwindigkeit mit dem Verfahren von ThermoDrill mindestens verdoppelt werden kann. „Die erhöhte Effektivität dank ThermoDrill wird die Bohrkosten erheblich senken, was wiederum einen geringeren Gesamtinvestitionsaufwand und damit eine deutlich verbesserte Wirtschaftlichkeit des gesamten Geothermieunterfangens zur Folge hat“, so Rehatschek. Das ThermoDrill-System kann problemlos in die vorhandene Bohrinfrastruktur und -technologie integriert werden, was die zukünftige Akzeptanz des Einsatzes als marktreifes System erhöhen dürfte. Nach den Schätzungen des Konsortiums können mit dem ThermoDrill-System bei einer tiefen Bohrung (5 000 m) Kosteneinsparungen in Höhe von etwa 20 % erzielt werden, was in etwa 3 Mio. EUR entspricht. „Zukünftige Weiterentwicklungen werden diese Bohrtechnologie zur Marktreife bringen und auf diese Weise den Weg zu einer verstärkten europa- und sogar weltweiten Nutzung der Geothermie als umweltfreundliche alternative Energiequelle bereiten“, so Rehatschek abschließend.
Schlüsselbegriffe
ThermoDrill, Geothermie, Enhanced Geothermal Systems, petrothermale Systeme, erneuerbare Energie, nachhaltige Energie, Bohren