Zuchtlachs in Gefahr? Die Auswirkungen steigender Meerestemperaturen auf die Produktion des Atlantischen Lachses
Laut einem Bericht der Europäischen Marktbeobachtungsstelle für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse (EUMOFA) erreichte die Aquakulturbranche der EU im Jahr 2017 dank der verstärkten Erzeugung hochwertiger Arten wie Lachs und Wolfsbarsch die höchsten Produktionszahlen des Jahrzehnts. Im gleichen Bericht wird ebenfalls aufgezeigt, dass 2015 der weltweite Pro-Kopf-Verbrauch von Fisch 8 % höher lag als noch 2005. Asien verzeichnete hierbei den stärksten Anstieg, gefolgt von Europa. Da aller Voraussicht nach eine weitere Zunahme des Verbrauchs von Fisch und Schalentieren bevorsteht und der Klimawandel Fischerei und Lebensräume auch kurzfristig beeinflusst, ist eine Analyse der Dynamiken von Fischerei und Aquakulturproduktion unumgänglich. Das EU-finanzierte Projekt ClimeFish (Co-creating a decision support framework to ensure sustainable fish production in Europe under climate change) befasst sich mit diesem Thema und hilft Aufsichtsbehörden, Fischzüchtern und Aquakulturbetreibern dabei, Prognosen zum Klimawandel zu erstellen sowie sich entsprechend vorzubereiten und anzupassen. Ein Forschungsteam, das teilweise durch ClimeFish unterstützt wurde, hat festgestellt, dass seit den 1980er Jahren die Temperaturen des Meeres vor der norwegischen Küste im Durchschnitt um 1 °C gestiegen sind, wie in einer Pressemitteilung des Projektpartners Nofima nachzulesen ist. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sagen weitere Anstiege über die kommenden Jahrzehnte voraus, was wahrscheinlich zu Problemen für die Lachszucht führen wird. Die Europäische Marktbeobachtungsstelle für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse gibt an, dass Lachs der am dritthäufigsten konsumierte Zuchtfisch in der EU ist. Das Team untersuchte die Auswirkungen verschiedener Temperaturszenarien auf die Lachszucht. Dabei fanden alle 13 Zuchtregionen Norwegens Berücksichtigung und jedes Jahrzehnt zwischen 2010 und 2069 wurde einzeln betrachtet. In oben genannter Pressemitteilung erläutert die Nofima-Wissenschaftlerin Dr. Elisabeth Ytteborg: „Selbst beim Eintritt des mildesten Szenarios könnten steigende Meerestemperaturen dem Lachs zu schaffen machen.“ Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift „Aquaculture“ veröffentlicht. „Wenngleich diese Studie als Beispiel ein besonderes Augenmerk auf die Temperatur legt, ist sie auch im Hinblick auf andere Klimavariablen von Bedeutung. Darüber hinaus sind die Ergebnisse auf alle Arten von Aquakultur übertragbar, einschließlich Süßwasser- und Küstenfischerei sowie weitere meereswirtschaftliche Aktivitäten.“ Laut den Forschenden ist es „notwendig, die Ergebnisse von Klimamodellierungen unter Einbeziehung lokaler Bedingungen zu bewerten und eine entsprechende Anpassung an diese Gegebenheiten vorzunehmen. Nur so stellen sie bei zahlreichen Entscheidungen in den Bereichen Planung und Management von Aquakultur, bei der Abschätzung der Folgen des Klimawandels sowie bei der Erarbeitung von Klimaanpassungsstrategien eine Unterstützung dar. Andernfalls sind die Anpassungspläne und -maßnahmen möglicherweise nicht angemessen oder nicht effektiv und könnten sogar unbeabsichtigt in die falsche Richtung führen.“ Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen zu dem Schluss: „Unsere Forschung belegt eindeutig, dass die Bedingungen jeweils vor Ort beachtet und lokal aufgelöste Klimaprojektionen eingesetzt werden müssen, um sinnvolle Anpassungspläne erstellen zu können, mit denen die wachsende Nachfrage nach Meeresfrüchten auch unter sich verändernden klimatischen Voraussetzungen zu befriedigen ist.“
Temperaturschwellen
Ihre Studie stellt heraus, dass die ideale Wassertemperatur für optimales Lachswachstum und bestmögliche Futtermittelzufuhr zwischen 8 und 14 °C liegt, während bei Temperaturen über 20 °C das Wachstum ausbleibt und die Sterblichkeit steigt. In der Pressemitteilung merkt Dr. Ytteborg an: „Neue Technologien, Zucht mit dem Ziel einer verbesserten Temperaturtoleranz und alternative Zuchtstandorte zählen zu den Lösungen, die zur Erhaltung eines gesunden Fischbestandes beitragen könnten.“ Sie fügt hinzu: „Wir wissen immer noch nicht genug darüber, wie der Zuchtlachs auf höhere Temperaturen, gesteigerte Versauerung der Meere und verringerten Sauerstoffgehalt reagieren wird, um zu bestimmen, welche Maßnahmen wir umsetzen sollten. Unsere Forschungsarbeit hat erhebliche Wissenslücken offenbart, die sowohl die Verfügbarkeit von Datensätzen als auch die Biologie des Lachses betreffen.“ Das laufende Projekt ClimeFish „wird dazu beitragen, sicherzustellen, dass die Steigerung der Produktion von Meeresfrüchten in solchen Gebieten und mit denjenigen Arten vorgenommen wird, die über ein Potenzial für nachhaltiges Wachstum verfügen“, ist auf der Projektwebsite nachzulesen. Weitere Informationen: ClimeFish-Projektwebsite
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Norwegen