Wie wirken sich invasive landwirtschaftliche Schädlinge auf einheimische Ökosysteme aus?
Viele invasive pflanzenfressende Insekten sind wirtschaftlich bedeutsame Schädlinge. Sie stellen eine erhebliche Gefahr für die Landwirtschaft dar und richten aufgrund der Abwesenheit ihrer natürlichen Feinde noch größeren Schaden an als örtliche Arten. Sie können versehentlich durch den Menschen in nichtheimische Ökosysteme eingeführt werden oder wegen der globalen Erwärmung ihre geografische Reichweite in Richtung der Pole ausweiten. Invasive pflanzenfressende Arten können die chemische Ökologie und Verhaltensökologie der örtlichen natürlichen Feinde beeinflussen, was negative Auswirkungen auf die Effektivität der biologischen Kontrolle hat. Deswegen gibt es eine zunehmende Notwendigkeit, zu verstehen, wie die Invasion exotischer Arten sich auf die einheimischen Nahrungsnetze auswirken kann. Mit Unterstützung des Marie-Curie-Programms verwendete das Projekt INVASIoN die marmorierte Baumwanze (BMSB) (Halyomorpha halys) als Modellorganismus, um die störenden Auswirkungen invasiver Pflanzenfresser auf lokale Netze chemischer Signale – sogenannte Infochemikalien oder Semiochemikalien – besser zu verstehen. Die Initiative konzentrierte sich auf Eiparasitoide, die im Larvenstadium in den Eiern der Wanzen leben und deren größter natürlicher Feind sind. Erhöhte Population und Reichweite Die BMSB ist asiatischen Ursprungs und hat sich vor Kurzem sowohl nach Europa als auch Nordamerika ausgebreitet und erhebliche wirtschaftliche Verluste bei Obst, Gemüse, Kulturpflanzen und Zierpflanzen verursacht. „Während seine geografische Reichweite weiter zunimmt und seine Populationsgröße steigt, hat das Erscheinen dieses Schädlings zu einem erheblichen Zuwachs in der Anwendung von chemischen Breitband-Insektiziden bei den verschiedenen Kulturpflanzen, die er angreift, geführt“, so Projektkoordinator Ezio Peri. Die Forscher untersuchten die Rolle der BMSB bei der Störung infochemischer Netze in zwei „tritrophischen“ Nahrungsketten in Europa beziehungsweise Nordamerika, die aus der Pflanze, dem Pflanzenfresser und seinem natürlichen Feind bestehen. Sie konzentrierten sich auf die Auswirkungen auf die infochemische Kommunikation zwischen Pflanzen, Pflanzenfressern und natürlichen Feinden sowie den Einfluss auf das Nahrungssuchverhalten der Parasitoiden. Die Wissenschaftler studierten die Patch Time Allocation (das heißt, wie einheimische Eiparasitoiden Energie und Zeitaufwand optimieren, indem sie ihre Suche auf Gebiete beschränken, in denen sich Wirte wahrscheinlich aufhalten) nach der Invasion eines fremden Pflanzenfressers. Das Lernvermögen von Eiparasitoiden wurde ebenfalls erforscht, um zu bestimmen, wie sie ihr Nahrungssuchverhalten anhand der gewonnenen Erfahrung anpassen. Die Forscher untersuchten ebenfalls die genetische Struktur invasiver fremder Pflanzenfresser in ganz Europa und Nordamerika. Vielfältige Vorteile Die Ergebnisse zeigen, dass BMSB die infochemischen Netzwerke in beiden Nahrungsketten stören kann. „Tatsächlich werden Eiparasitoide aus beiden einheimischen Nahrungsketten nicht von den flüchtigen Pflanzenstoffen rekrutiert, die infolge eines BMSB-Befalls freigesetzt werden. Praktisch betrachtet kann diese Störung der semiochemischen Kommunikation zwischen Pflanzen und den einheimischen Eiparasitoiden die Effektivität der Schädlingskontrolle durch die Parasitoiden einschränken“, erklärt Peri. Das Team stellte ebenfalls fest, dass das Maß der genetischen Vielfalt in Populationen der BMSB, die sich in europäische und nordamerikanische Länder ausgebreitet haben, relativ hoch ist, was nahelegt, dass die Populationen in Europa und Nordamerika aus verschiedenen geografischen Gebieten eingeführt wurden. Insbesondere wurden zwei Haplotypen, die in Proben aus Kanada, Italien und den USA gefunden wurden, zum ersten Mal überhaupt festgestellt. INVASIoN bringt umweltbezogene, landwirtschaftliche und sozioökonomische Vorteile, indem es die Pestizidverwendung im integrierten Pflanzenschutz senkt. „Wenn man sich auf die Verhaltens- und chemische Ökologie der Eiparasitoiden sowie die Manipulation der Infochemikalien konzentriert, um die Effizienz zu verbessern, stellt die biologische Schädlingsbekämpfung eine vielversprechende Strategie zur Minimierung der Pestizidverwendung in der Landwirtschaft dar“, schließt Peri.
Schlüsselbegriffe
INVASIoN, Schädling, Eiparasitoid, marmorierte Baumwanze (BMSB), infochemisch, invasiv, Nahrungskette, Nahrungsnetz, tritrophisch