Zählung erweckt Hoffnung für gefährdeten Ibis
Die globale Population des seltenen Weißschulteribisses (Pseudibis davisoni) besteht aus immerhin 429 Tieren - das sind 30% mehr, als man bisher annahm. Die Entdeckung beflügelt nun Hoffnungen, dass die stark gefährdete Art vielleicht doch nicht aussterben wird. Allerdings warnen Naturschützer vor den anhaltenden Gefahren für diesen schönen Vogel. Einst waren die Weißschulteribisse in weiten Teilen Südostasiens zu Hause. Aber die Entwaldung sowie die Trockenlegung von Feuchtgebieten aufgrund von Landwirtschaft und Bejagung haben den Vogel an den Rand des Aussterbens gebracht. Traurige Tatsache: Der Weißschulteribis ist der am meisten gefährdete Wasservogel Südostasiens. Aus Südchina, Malaysia, Myanmar, Thailand und Vietnam ist die Art bereits völlig verschwunden. Heute findet man rund 90% der weltweiten Population in den trockenen Laubwäldern im Norden und Osten Kambodschas, der Kleine Rest lebt in Südlaos und Ostkalimantan in Indonesien. Für diese jüngste Untersuchung wurden unter der Leitung von Wissenschaftlern und Naturschützern der University of East Anglia (UEA), Vereinigtes Königreich, 37 Rastplätze in ganz Kambodscha beobachtet. Insgesamt kam man durch die Zählung auf 429 Vögel - 30% mehr als nach den Angaben der IUCN (Internationale Union zur Erhaltung der Natur) zu erwarten war, deren Schätzung sich auf 330 Vögel belief. Das Team nimmt an, dass die wahre Größe der Population sogar noch höher liegen könnte. "Bei dieser Rekordzählung fanden wir an einer unserer wichtigsten Stellen tatsächlich weitaus weniger Vögel als bei früheren Zählungen vor. Ich glaube aber nicht, dass sich diese Vögel sehr weit weg bewegen - sie leben wohl vermutlich noch an diesem Standort", kommentiert UEA-Doktorand Hugh Wright. "Berücksichtigt man frühere Zählungen, so könnte der aktuelle Bestand auch aus mehr als 500 Vögeln bestehen. So viele Weißschulteribisse zu finden, bedeutet eine größere Chance auf die Rettung dieser Art." Auch wenn die Population größer als vermutet ist, bedeutet dies nicht unbedingt, dass sie wächst. "Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Zahl der Tiere in der letzten Zeit wesentlich angewachsen ist oder sich erholt hat. Wir haben mehr Aufwand in die Suche nach dem Ibis investiert und wir konnten die Rastplätze genauer erfassen - daher rühren unsere größeren Zahlen", erklärt Sum Phearun, Projektassistent an der People Resources and Conservation Foundation (PRCF) in Kambodscha. "Aber die Art ist dem Aussterben immer noch sehr nahe; wir werden unsere Bemühungen fortsetzen, mehr über den Ibis zu erfahren und ihn zu schützen." Die Studie beleuchtet auch die Verbreitung des Ibisses in Kambodscha. Man stellte fest, dass über 170 Vögel - also bis zu 40% der bekannten Population - im Lomphat-Naturschutzgebiet (Lomphat Wildlife Sanctuary) leben. Dies macht das Naturschutzgebiet zum weltweit zweitwichtigsten Standort für den Schutz des Weißschulteribisses, wobei das wichtigste Verbreitungsgebiet das bedeutende Vogelschutzgebiet (Important Bird Area, IBA) Westliches Siem Pang ist, wo eine Population von über 200 Vögeln lebt. Unterdessen warnen Naturschützer, dass die Zukunft dieser Vögel alles andere als sicher sei. Viele Vögel lebten außerhalb von Kambodschas Schutzgebieten und der Lebensraum der Art werde ständig von Plantagen, Landwirtschaft und Infrastrukturprojekten bedroht. Beispielsweise würde der geplante Staudamm Lower Srepok 3 große Teile des Lomphat-Naturschutzgebietes überfluten, während das bedeutende Vogelschutzgebiet Westliches Siem Pang durch Holzeinschlag und Umwandlung des Waldes in Plantagen in Gefahr sei. Der stehend bis zu 85 cm große Weißschulteribis ist dunkel gefärbt und trägt einen unverwechselbaren blassen Kragen zur Schau. Typischerweise fühlt er sich in Feuchtgebieten und auf Grasland sowie in Laubwäldern wohl. Er ernährt sich weitgehend von Amphibien und kleinen Wirbellosen sowie auch anderen Kleinlebewesen. Während der Regenzeit versammeln sich die Vögel auf Futter- und Rastplätzen: So können die Naturschützer sie zählen.
Länder
China, Indonesien, Kambodscha, Laos, Myanmar/Birma, Malaysia, Thailand, Vereinigtes Königreich, Vietnam