Forscher finden Methode für die Bildung von Nervenzellen
Forscher haben in einer teilweise von der EU finanzierten Forschungsarbeit Gliazellen des Gehirns in verschiedene funktionelle Klassen von Nervenzellen umgewandelt. Ihre in dem Magazin Public Library of Science (PLoS) Biology veröffentlichten Erkenntnisse könnten zu wichtigen Fortschritten bei der Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer oder Schlaganfall führen. Ihre Studie wurde teilweise von dem Projekt EUTRACC ("European transcriptome, regulome and cellular commitment consortium") finanziert, das 12 Mio. EUR aus dem Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) der EU erhalten hat. Gliazellen, allgemein bekannt als Stützgerüst des Nervensystems, umgeben die mit der Informationsübermittlung beauftragten Neuronen. Sie liefern diesen Nährstoffe und Sauerstoff und isolieren die einzelnen Nervenzellen von einander. Sie dienen auch als Schutz gegen Krankheitserreger und entfernen tote Neuronen. Diese neue Studie konzentrierte sich auf die am häufigsten auftretende Form von Gliazellen: die sternförmigen Astroglia. Astroglia haben verschiedene Verzweigungen, die ein stützendes Gerüst für die Neuronen bilden, und sind eng verwandt mit radialen Gliazellen. Diese fungieren während der Embryonalentwicklung im Vorderhirn als Vorläufer für die meisten Neuronen oder dienen als ein Gerüst, auf dem neu entstandene Neuronen migrieren. Während Astroglia normalerweise keine Neuronen bilden können, schaffte es die Forschungsgruppe um Professorin Magdalena Götz und Dr. Benedikt Berninger am Helmholtz Zentrum München in Deutschland, ihre Umwandlung in zwei Hauptklassen cortikaler Nervenzellen anzuregen. Genauer wandelten sich die Astroglia in erregende und hemmende Neuronen um, die die Aktivität der Zielzelle entsprechend steuern. Dies gelang durch das selektive Einschleusen spezieller Transkriptionsfaktoren, Proteine, die sich an bestimmte DNA-Sequenzen binden und so das Ablesen der Erbsubstanz regulieren. "Mit der aktuellen Untersuchung ist es uns gelungen, die neu geschaffenen Neuronen so weitreichend umzuprogrammieren, dass sie nun auch funktionierende Synapsen ausbilden können. Diese schütten - je nach verwendetem Transkriptionsfaktor - erregend oder hemmend wirkende Überträgersubstanzen aus", sagte der federführende Autor der Studie, Dr. Benedikt Berninger von der Ludwig Maximilian-Universität (LMU) in München. "Unsere Ergebnisse nähren die Hoffnung, dass die Barriere, die die eng verwandten Astroglia- und Neuronen-Zellen trennt, nicht unüberwindbar ist", fügt Dr. Berninger hinzu. Das könnte zu neuen Ansätzen für die Reparatur von Nervenschäden führen, die beispielsweise durch neurodegenerative Erkrankungen entstehen. Im Rahmen von EUTRACC haben 20 Partner ihre Kräfte gebündelt, um die Steuerung des menschlichen Genoms zu bestimmen. Als Teil eines internationalen Netzwerks will das Projekt genetische Steuerungsfaktoren und Netze kartieren, die den Prozess der Differenzierung zu bestimmten Zelltypen steuern. Erforscht wird der genetische Schaltplan zur Steuerung der Produktion von Nervenzellen und des Blutsystems.
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