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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Viren und das Genom des Menschen: eine alte Beziehung aus neuer Sicht

Die Anfälligkeit gegenüber Virusinfekten variiert zwischen einzelnen Menschen bekanntermaßen ganz erheblich. Das geht sogar so weit, dass manche Leute für längere Zeit Viren ausgesetzt sein können und sich aber dennoch nicht infizieren. Wie aber kann das sein? Dieser brennende...

Die Anfälligkeit gegenüber Virusinfekten variiert zwischen einzelnen Menschen bekanntermaßen ganz erheblich. Das geht sogar so weit, dass manche Leute für längere Zeit Viren ausgesetzt sein können und sich aber dennoch nicht infizieren. Wie aber kann das sein? Dieser brennenden Frage gingen italienische Forscher am Scientific Institute for research, hospitalization and health care E. Medea (IRCCS), an der Universität Mailand und am Politecnico di Milano mit Erfolg nach. Ihre Arbeit könnte den Weg hin zu neuen infektionsbekämpfenden Behandlungen weisen. Die Ergebnisse ihrer teilweise von der EU finanzierten Studie wurden im renommierten Fachjournal Public Library of Science (PLoS) Genetics veröffentlicht. Es war schon lange kein Geheimnis mehr, dass der Genetik eine entscheidende Rolle bei der Anfälligkeit auf virale Infektionen zukommt. Und man war sich recht sicher: Mit den bisher identifizierten besonders schützenden Varianten wurde nur ein kleiner Teil der gesamten genetischen Variationsbreite eingefangen. Die Forscher gingen davon aus, dass es höchstwahrscheinlich noch andere genetische Varianten gibt. Bei ihren Bemühungen, der Sache auf den Grund zu gehen, analysierten sie die Genome von 52 Bevölkerungsgruppen verschiedener Teile der Welt, die vielen verschiedenen Viren ausgesetzt sind. Die Erkenntnisse der Wissenschaftler sind Teil der EU-finanzierten Projekte EMPRO ("European microbicides project"), AVIP ("AIDS vaccine integrated project") und NGIN ("Next generation HIV-1 immunogens inducing broadly reactive neutralising antibodies"). EMPRO und AVIP erhielten 11,8 bzw. 10,3 Mio. EUR innerhalb des Themenbereichs "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten EU-Rahmenprogramms (RP6). Das NGIN-Projekt wird unter dem Thema "Gesundheit" des Siebten EU-Rahmenprogramms (RP7) mit Mitteln in Höhe von 7,53 Mio. EUR gefördert. Viren gehören - zusammen mit Kriegen und Hungersnöten - schon seit Jahrhunderten zu den wichtigsten Herausforderungen an die Menschheit, die es zu meistern gilt, um Fortschritt und Überleben zu sichern. Studien haben außerdem gezeigt: Sobald Viren den chemischen Code infiziert haben, aus dem sämtliches genetisches Material besteht, wohnen sie in uns und tragen gewissermaßen einen Datensatz in sich, der zeitlich weit zurückzuverfolgen ist. Als 2003 die Kartierung des menschlichen Genoms zum Abschluss kam, waren die Wissenschaftler mit einer überaus verblüffenden Tatsache konfrontiert: Unser Körper ist mit den Scherben sogenannter endogener Retroviren regelrecht übersät. Aber welche Rolle hat diese virale DNA (Desoxyribonukleinsäure) in unserer Evolution gespielt? Was trägt sie zu unserer Physiologie bei? Um diese Fragen zu beantworten, suchten die italienischen Forscher das menschliche Genom nach Anzeichen natürlicher Auslese - der Evolution günstiger genetischer Mutationen - aus den vergangenen 200 000 Jahren der menschlichen Evolution ab. Die Studie betrachtete insbesondere Mutationen in den Chromosomen, die sogenannten "Einzelnukleotidpolymorphismen" (single nucleotide polymorphisms, SNP). Chromosomen brechen im Verlauf der Zeit zufällig und rekombinieren sich. Auf diese Weise werden neue Varianten des Chromosoms erschaffen. Wenn eine vorteilhafte Mutation erscheint, wird die Anzahl der Kopien dieses Chromosoms in der Bevölkerung schnell zunehmen, da Menschen mit dieser Mutation eine größere Wahrscheinlichkeit auf Überleben und Fortpflanzung haben. Die Forscher verfolgten nun die Frage, ob die hohe Häufigkeit von Viren an Orten mit günstigen Klimabedingungen, wie zum Beispiel in den warmen, feuchten Gebieten Afrikas, sich in einer erhöhten Anzahl dieser genetischen Mutationen äußert. Durch die Verknüpfung der Anzahl der verschiedenen Mutationen mit Viren konnten die Forscher feststellen: Mehr als 400 verschiedene Mutationen in 139 Genen beeinflussen stark das Risiko eines Menschen, sich Viren einzufangen. Wie schon erwartet, waren viele dieser Gene selektiert und mehr genetische Mutationen durch Populationen hindurch verbreitet worden, die von vielen verschiedenen Viren infiziert waren. Eine auf diesen Erkenntnissen aufbauende Hochrechnung ergab, dass uns viele dieser Gene mehr oder weniger anfällig für Viren machen. Während die Resultate dieser Studie bei weitem noch nicht schlüssig sind, ist es den Forschern tatsächlich gelungen, Licht in ein Rätsel zu bringen, über das man sich lange Jahre den Kopf zerbrochen hat. Auf der Liste der zu erledigenden Dinge für die folgenden zwei Jahre steht nun die Durchführung von Folgestudien mit größeren Menschengruppen, die mehr endgültige Antworten liefern sollen. Bis es soweit ist, schlagen Dr. Manuela Sironi und ihre Kollegen vom IRCCS vor, diesen kombinierten Ansatz möglicherweise zum Finden von Genen einzusetzen, die das Risiko von Infektionen mit anderen lästigen Übeln - man denke nur an Bakterien - verstärken oder verringern.

Länder

Italien

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