Forscher entdecken neue Details zur Evolution von Bakterien
Deutsche Wissenschaftler entdeckten in einer noch relativ unerforschten Bakterienart Proteine, die bislang nur Eukaryoten (Organismen, deren Zellen einen Zellkern besitzen) zugerechnet wurden. Die Ergebnisse der teilweise EU-finanzierten Studie könnten zur Entwicklung eines neuen Modellorganismus und zum besseren Verständnis der Evolution eukaryotischer (z.B. menschlicher) Zellen beitragen. Die Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse im Online-Fachblatt PLoS (Public Library of Science) Biology. Trotz ihrer Omnipräsenz ist das Bakterium superphylum Planctomycetes-Verrucomicrobia-Chlamydiae (PVC) seit seiner Entdeckung vor 10 Jahren noch nicht sonderlich gut erforscht. Die Forschergruppe am Europäischen Labor für Molekularbiologie in Heidelberg, Deutschland, konnte erstmals mit molekularbiologischen Methoden nachweisen, dass die Hüllproteine, die das Endomembransystem von Eukaryoten bilden, auch in Prokaryoten (Organismen ohne Zellkern) existieren. Die Studie war Teil des Projekts 3D-Repertoire (A multidisciplinary approach to determine the structures of protein complexes in a model organism), das mit 13 Millionen EUR unter dem Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) gefördert wurde. Unter Einsatz von Verfahren aus der Bioinformatik, Molekularbiologie und Elektronenmikroskopie entdeckte das Team Membranproteine in PVC-Bakterien (jedoch nicht in anderen Bakterien), da diese Zellkompartimente besitzen, die von Membranen umschlossen sind. Bisher waren die Forscher der Meinung, dass membrangebundene Kompartimente und Membranproteine nur in eukaryotischen Zellen vorkämen. Nun aber entdeckte man am EMBL auch in PVC-Bakterien derartige Zellkompartimente, was zur Entwicklung neuer Modellorganismen führen könnte. Das eukaryotische Endomembransystem ist die Gesamtheit membranumschlossener Zellkompartimente, die Transport und Speicherung von Substanzen innerhalb der Zelle übernehmen. Dazu gehören beispielsweise Organellen (hochspezifische Organe innerhalb einer Zelle) wie das endoplasmatische Retikulum und der Golgi-Apparat, die u.a. für die Synthese und den Transport von Proteinen zuständig sind. Organellen tauschen Membranbestandteile untereinander aus, indem sie Vesikel produzieren und absorbieren (Vesikel sind kleine Bläschen innerhalb der Membran, die Substanzen zellintern speichern und transportieren). "Unsere Ergebnisse liefern überraschende Hinweise darüber, wie sich das Endomembransystem in Eukaryoten entwickelt hat", sagte Forschungsleiter Dr. Damien Devos vom EMBL. "Da es sich hierbei um relativ einfache Zellen handelt, könnten die Bakterien einen guten Modellorganismus abgeben, an dem sich die Funktionsweise dieses Systems erforschen lässt."
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