Blühbeginn von Pflanzen liefert Aufschluss über Genexpression
Britische und polnische Wissenschaftler erforschten, wie Pflanzen ihre Blühzeit auf das vorherrschende Klima abstimmen und wie sie ihre Gene regulieren. Die Studienergebnisse sind Teil des Projekts SIROCCO (Silencing RNAs: organisers and coordinators of complexity in eukaryotic organisms), das mit 12 Millionen EUR unter dem Sechsten Rahmenprogramm (RP6) gefördert wurde. Zusätzliche europäische Finanzhilfen wurden über ein Marie-Curie- Early Stage Training-Fellowship gewährt. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in den Fachzeitschriften "Science" und "Nature". Im Mittelpunkt früherer Genomsequenzierungs- und Expressionsstudien standen vor allem Analysen von messengerRNA-Transkripten (RNA - Ribonukleinsäure) von Genen, die für Proteine kodieren. Nun entdeckten die Forscher aber, dass neben dieser sogenannten kodierenden RNA auch nicht-kodierende RNA wesentlich die Regulierung der Genaktivität beeinflusst. Und obwohl noch sehr wenig über die Rolle nicht-kodierender RNA bekannt ist, vermuten die Forscher bereits einen Zusammenhang mit der Entstehung von Krebs und einen Einfluss auf die Differenzierung von Stammzellen. Das Forscherteam um Professor Caroline Dean vom John Innes Centre, Vereinigtes Königreich, untersuchte, wie Pflanzen ihre Blühzeit an verschiedene klimatische Bedingungen anpassen. Dies lieferte den Forschern auch Aufschluss über die Funktion nicht-kodierender RNA und deren Einfluss auf die Genexpression. Nicht zuletzt demonstrierten die Forschungsergebnisse, welch wichtigen Beitrag Pflanzenmodellorganismen zur Erforschung der Genregulierung leisten können. Die Studie konzentrierte sich auf das Gen Flowering Locus C (FLC) in Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand), das den Blühprozess unterdrückt. Sobald das Gen ausgeschaltet sei, so die Forscher, tritt die Pflanze in die Blühphase und reproduktive Phase ein. Dabei hängt der Reproduktionserfolg der Pflanze im Wesentlichen von der termingerechten Planung dieses Prozesses ab. Wie die Studie zeigte, steuert das Gen FLC anhand verschiedener Signale, ob die Unterdrückung des Blühprozesses beibehalten oder aufgehoben wird. Ein solches Signal ist zum Beispiel eine lang anhaltende Kälteperiode, die viele Pflanzen brauchen, um in die Blühphase einzutreten. Diese sogenannte Vernalisierung gewährleistet, dass die Pflanze günstige Ausgangsbedingungen für den Beginn der Blühzeit vorfindet (nach dem Winterende beginnt der Frühling). Mit der Erforschung des Gens FLC gewinnen die Wissenschaftler auch Einblicke in die Komplexität der Genregulierung - sowohl bei Pflanzen als auch bei anderen Organismen. Nicht-kodierende RNA spielt im Zusammenhang mit dem FLC-Gen eine entscheidende Rolle, da sie das Gen bei Einsetzen der Kälteperiode abschaltet. Ist es erst einmal ausgeschaltet, speichert das Gen für die restliche Lebenszeit der Pflanze diese "Erinnerung" und wird auch nicht wieder aktiv, wenn der Kältereiz abklingt. Den Forschern zufolge wird dieses epigenetische Gedächtnis durch Veränderungen im Chromatin aufrechterhalten, einer komplexen Kombination aus DNA (Desoxyribonukleinsäure) und Protein, aus denen die Chromosomen bestehen. Das besondere Interesse der Forscher am FLC-Gen und der Vernalisierung gilt vor allem der Frage, wie Pflanzen auf zukünftige Klimaveränderungen reagieren. Pflanzen in kälteren Klimaregionen benötigen längere Kälteperioden. Variationen im FLC-Gen und den verschiedenen Signalwegen, die es beeinflussen, ermöglichen den Pflanzen die Anpassung an unterschiedliche Klimaverhältnisse. Schwierig wird es allerdings, wenn die Veränderungen schneller stattfinden als Pflanzen sich anpassen können, denn dadurch kann die Nahrungsmittelversorgung gefährdet werden. An der Studie war auch die Polnische Akademie der Wissenschaften beteiligt.
Länder
Polen, Vereinigtes Königreich