Neue genetische Marker für Diabetesrisiko entdeckt
Die Arbeit eines internationalen Forscherteams hat die Entschlüsselung der genetischen Veranlagung für Typ-2-Diabetes (T2D) weiter vorangetrieben. Im Rahmen zweier teilweise EU-finanzierter, groß angelegter Parallelstudien werteten Forscher aus über 100 Forschungseinrichtungen genetische Daten von mehr als 100.000 Patienten aus. Die Fachzeitschrift Nature Genetics veröffentlichte zwei Artikel über die Entdeckung häufiger genetischer Varianten, die sowohl das Typ-2-Diabetes-Risiko als auch die Höhe des Blutzuckerspiegels beeinflussen. Weltweit leiden zwischen 170 und 285 Millionen Menschen an Diabetes. Bei erschreckenden 95 Prozent aller Fälle handelt es sich um einen Typ-2-Diabetes, der sich in einem chronisch erhöhten Blutzuckerspiegel manifestiert. Obwohl T2D normalerweise erst Menschen über 30 betrifft, erkranken inzwischen auch immer mehr Kinder. Werden keine wirksamen Gegenmaßnahmen getroffen, könnte sich die Anzahl diabetesbedingter Todesfälle innerhalb der kommenden zehn Jahre verdoppeln, warnt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Die beiden aktuellen Studien wurden vom MAGIC-Konsortium (Meta-analyses of glucose and insulin-related traits consortium) durchgeführt und sind beispielhaft für die hervorragende europäische und internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet. Wie Professor Nick Wareham vom Institut für Stoffwechselerkrankungen der Universität Cambridge, Vereinigtes Königreich, erklärt, sind die körperlichen Symptome bei Erkrankungen wie T2D derart allgegenwärtig, dass die dafür verantwortlichen Genabschnitte nur schwer lokalisiert und eindeutig zugeordnet werden können. "Um die Ursachen solcher Volkskrankheiten aufzudecken, müssen wir in großen Arbeitsgruppen zusammenarbeiten, denn nur so können die vorhandenen Datenmengen allen zugänglich gemacht und ausgewertet werden", erklärte er. Die erste Studie umfasste eine Meta-Analyse der Nüchternblutzuckerwerte bei Tausenden von Patienten europäischer Herkunft. Die Forscher identifizierten neun Genvarianten, die den Nüchternblutzuckerwert beeinflussen (viele von ihnen werden mit einem erhöhten T2D-Risiko assoziiert) und eine Genvariante, die den Nüchterninsulinwert und den HOMA-IR-Index (Homeostasis Model Assesment-Insulin Resistance zum Nachweis einer Insulinresistenz) beeinflusst. In der Parallelstudie analysierten die Forscher mit einem herkömmlichen Glukosebelastungstest den Blutzuckerspiegel der Patienten zwei Stunden nach Einnahme einer Glukoselösung und fanden drei neue Genvarianten, die mit erhöhtem Blutzuckerspiegel in Zusammenhang gebracht werden. Dr. Ines Barroso vom britischen Wellcome Trust Sanger Institute zufolge seien sie und ihr Team mit den Ergebnissen zufrieden, überraschend sei jedoch, dass lediglich eine einzige dieser Genvarianten den Insulinspiegel beeinflusse. "Technisch gesehen macht dies wahrscheinlich keinen Unterschied, vom genetischen Standpunkt aus haben die beiden Werte Insulin und Glukose allerdings verschiedene Architekturen. An einer Insulinresistenz sind weniger Gene, seltenere Genvarianten oder stärkere Umwelteinflüsse beteiligt", fügte Dr. Barroso hinzu. Das Konsortium enthüllte neue Details zu Punktmutationen, die in den Glukosestoffwechsel eingreifen und das Diabetesrisiko erhöhen sowie zu den biologischen Signalwegen, die letztendlich zu Diabetes führen. "Über derartige Genanalysen können wir die Mechanismen hinter Typ-2-Diabetes langsam besser verstehen", erklärte Professor Mark McCarthy von der Universität Oxford, Vereinigtes Königreich, "da wir nach und nach die komplexen Signalwege aufdecken, die häufig zu dieser Erkrankung führen."
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