CO2-Emissionen steigen, Kohlenstoffsenken werden schwächer - steht das Kohlenstoffbudget der Erde in den roten Zahlen?
Die Kohlendioxid-Emissionen (CO2) aus fossilen Brennstoffen sind seit 2000 um 29% gestiegen und immer mehr Fakten weisen darauf hin, dass die natürlichen Kohlenstoffsenken diese immer weniger aufnehmen können. Das sind nur zwei der wichtigsten Erkenntnisse einer umfangreichen internationalen Studie zur Berechnung des Kohlenstoffhaushalts der Erde. Die online in der Zeitschrift Nature Geoscience veröffentlichte Studie wurde zum Teil von der EU im Rahmen des CARBOOCEAN-Projekts (Marine carbon sources and sinks assessment) unterstützt, das unter dem Themenbereich "Nachhaltige Entwicklung, globale Veränderungen und Ökosysteme" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) mit 14,5 Mio. EUR finanziert wurde. Den Forschern zufolge stieg im Jahr 2008 die CO2-Konzentration in der Atmosphäre um 1,8 ppm (parts per million) auf insgesamt 385 ppm. Das sind 38% mehr als der vorindustrielle CO2-Wert von etwa 280 ppm. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist damit höher als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt im Laufe der letzten 2 Millionen Jahre. Der größte Teil dieses Emissionsanstiegs ist auf die Verwendung fossiler Brennstoffe, wie beispielsweise Kohle, Öl und Gas, zurückzuführen. Emissionen aus fossilen Brennstoffen sind seit 2000 um 29% und seit 1990, dem Referenzjahr für das Kyoto-Protokoll, um 41% gestiegen. Darüber hinaus kann festgestellt werden, dass die CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen zwar in den 1990er Jahren nur um 1% jährlich stiegen, zwischen 2000 und 2007 jedoch pro Jahr durchschnittlich um 3,6% angewachsen sind. Die Wirtschaftskrise trug zu einer Verlangsamung des Emissionsanstiegs bei, sodass er 2008 "nur" bei 2% lag. Trotzdem warnen die Forscher, dass die "Emissionen weiterhin durchschnittlich die kohlenstoffintensivsten Szenarien verfolgen, die vom Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen angenommen wurden". Angesichts der erwarteten Veränderungen beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) rechnet das Team damit, dass die Emissionen 2009 auf die Werte von 2007 zurückfallen, und dann 2011 wieder ansteigen. Worauf ist also der Emissionsanstieg zurückzuführen? Eine der Hauptursachen ist die Kohle, die jetzt das Erdöl als führende Emissionsquelle bei den fossilen Brennstoffen abgelöst hat. Kohle ist im Jahr 2008 für 40% aller CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen verantwortlich gewesen; im Zeitraum von 1990 bis 2000 waren es vergleichsweise nur 37%. Im Gegensatz dazu fiel der Anteil von Erdöl an den Emissionen aus fossilen Brennstoffen von einem Höchstwert von 41% in den 1990er Jahren auf 36% im Jahr 2008. Während die Emissionen aus Industrienationen im Laufe der letzten 10 Jahre relativ stabil blieben, sind die Emissionen aus Entwicklungsländern drastisch in die Höhe geschnellt. Ein Viertel des Emissionsanstiegs in den Entwicklungsländern ist jedoch auf die Produktion von Waren und Dienstleistungen zurückzuführen, die für den Verbrauch in Industrieländern bestimmt sind. Und obwohl in den Entwicklungsländern etwa 80% der Weltbevölkerung leben, sind sie nur für 20% des gesamten seit 1751 in die Atmosphäre abgegebenen CO2 verantwortlich. Die Emissionen, die durch die Veränderung der Landnutzung verursacht werden, wie beispielsweise Abholzungen und Waldbrände, haben sich in den letzten zehn Jahren nur geringfügig verändert. Da die Emissionen aus fossilen Brennstoffen angestiegen sind, ist der Anteil der CO2-Emissionen durch Landnutzungsänderungen in den vergangenen Jahren gesunken. 2008 machte die Landnutzung 12% der CO2-Emissionen aus. Von 1959 bis 2008 nahmen natürliche Kohlenstoffsenken durchschnittlich 57% der durch die Menschen verursachten CO2-Emissionen pro Jahr auf. Es gibt jedoch Anhaltspunkte dafür, dass die Wirksamkeit dieser Senken nachlässt. Vor 50 Jahren absorbierten die Senken 60% unserer Emissionen, in den letzten Jahren ist dieser Wert jedoch auf etwa 55% gefallen. Computermodelle lassen vermuten, dass diese Schwächung der Kohlenstoffsenken auf den Klimawandel zurückzuführen sein könnte. Es sind jedoch dringend weitere Forschungsanstrengungen notwendig, um quantitativ zu bestimmen, wohin der Kohlenstoff geht und was die Änderungen bei der Absorptionsfähigkeit der Kohlenstoffsenken verursacht hat. "Die einzige Möglichkeit, den Klimawandel in den Griff zu bekommen, ist eine drastische Reduzierung der globalen CO2-Emissionen", erklärt die Hauptautorin Professor Corinne Le Quéré von der University of East Anglia im Vereinigten Königreich und dem British Antarctic Survey. "Die Kohlenstoffsenken der Erde sind komplex und unsere Kenntnisse auf diesem Gebiet sind noch lückenhaft, insbesondere wenn es darum geht, wie die vom Menschen verursachten CO2-Emissionen mit den CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre im Vergleich mit den Vorjahren zusammenhängen. Wenn wir aber die Ungewissheiten in Bezug auf Kohlenstoffsenken weiter reduzieren, könnte anhand unserer Daten die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels überprüft werden." In der Zwischenzeit warnen die Forscher abschließend, dass "der Schlüssel für nachhaltige Emissionsreduzierungen nach der Erholung der Weltwirtschaft darin liegt, die Primärenergieverwendung umzustrukturieren, um die Emissionen vom BIP abzukoppeln". Die Wissenschaftler des CARBOOCEAN-Projekts forderten erst kürzlich ehrgeizigere Ziele bei der CO2-Reduzierung.