Gen für Insulinresistenz gefunden
Eine genetische Variante beim Menschen, die das Risiko einer Erkrankung an Typ-2-Diabetes erhöht, konnte von EU-finanzierten Forschern identifiziert werden. Die Ergebnisse verbessern unser Verständnis der auslösenden Faktoren der Krankheit und könnten zur Entwicklung neuer Therapien führen. Die Studie wurde im Fachjournal Nature Genetics veröffentlicht. Typ-2-Diabetes entsteht, wenn der Körper nicht genügend Insulin produzieren kann oder nicht richtig auf das Insulin reagiert. Wenn Zellen im Herzen oder in Muskeln beispielsweise entweder nicht genug Insulin erhalten oder es nicht korrekt umsetzen, können sie nicht genug Glukose zur Umwandlung in Energie aus dem Blut gewinnen. Bisher haben Wissenschaftler 18 genetische Varianten erkannt, die das Risiko einer Erkrankung an Typ-2-Diabetes erhöhen. Die meisten dieser Varianten beeinträchtigen die Fähigkeit der Bauchspeicheldrüse, genügend Insulin herzustellen. Im Rahmen dieser Studie identifizierte ein internationales Team von Wissenschaftlern erstmals eine genetische Variante, die die Fähigkeit der Muskelzellen zur Ausnutzung von Insulin zu beeinflussen scheint. Die Forscher fanden die Variante durch Scannen der Genome tausender Menschen, darunter sowohl diabetische als auch nicht-diabetische Personen. Vergleiche beider Gruppen ergaben eine einzelne Mutation, welche die Aktivität eines Gens mit der Bezeichnung Insulin-Rezeptor-Substrat-1 (IRS1) betrifft. Das IRS1-Gen produziert ein Protein, das den Zellen mitteilt, wann Glukose aus dem Blut aufzunehmen ist. "Innerhalb der Zelle wird durch das Insulin zuallererst IRS1 aktiviert", erklärt Robert Sladek von der McGill Universität und dem Genome Québec Innovation Centre in Kanada. "Es sagt dem Rest der Zelle sozusagen: 'He, Insulin ist da, fangt an, Zucker aus dem Blut aufzunehmen!' Wenn IRS1 nicht funktioniert, ist der gesamte Vorgang unterbrochen." Bei Menschen mit der neu entdeckten genetischen Variante war die Aktivität des IRS1-Gens um 40% reduziert, was eine effektive Verringerung der Empfindlichkeit der Körperzellen auf Insulin und ihrer Fähigkeit, aus Glukose Energie zu erzeugen, nach sich zog. "Wir freuen uns sehr über diese Ergebnisse - das ist der erste genetische Beweis dafür, dass eine Störung der Insulinwirkung in den Muskeln an der Entstehung von Diabetes beteiligt sein kann. Muskelgewebe muss mehr Glukose in Energie umsetzen als andere Gewebe. Wir gehen davon aus, dass mit der Entwicklung einer Diabetestherapie, die die Insulinwirkung im Muskel verbessert, Patienten mit Typ-2-Diabetes wirklich geholfen werden könnte", kommentiert Professor Philippe Froguel vom Department of Genomic Medicine am Imperial College London im Vereinigten Königreich. "Es ist gut möglich, dass bei Diabetespatienten das Signal, das dieses Gen ein- und ausschaltet, defekt ist", ergänzt Dr. Sladek. "Aber wir könnten durchaus in der Lage sein, einen der anderen Wege zu nutzen, um es zu aktivieren." Die Studie wurde teilweise im Rahmen von vier EU-finanzierten Projekten gefördert: EURO-BLCS ("Biological, clinical and genetic markers of future risk of cardiovascular disease"), das innerhalb des Spezifischen Programms "Lebensqualität und Management von Lebensressourcen" des Fünften Rahmenprogramm (RP5) finanziert wird, sowie EUGENE2 ("European network on functional genomics of type 2 diabetes"), EXGENESIS ("Health benefits of exercise: identification of genes and signalling pathways involved in effects of exercise on insulin resistance, obesity and the metabolic syndrome") und EURODIA ("Functional genomics of pancreatic beta cells and of tissues involved in control of the endocrine pancreas for prevention and treatment of type 2 diabetes"), die alle im Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) finanziert werden.