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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Freilegung der arktischen Schiffswege durch Eisschmelze macht Umweltschutz- und Sicherheitsmaßnahmen erforderlich

Der Norden Europas bekommt den Klimawandel wahrscheinlich unter anderem in der Form zu spüren, dass in der Arktis und um sie herum ein verstärktes Schifffahrtaufkommen zu verzeichnen sein wird, da das schwindende Eis neue Wege und Passagen in der Region freilegt. Auf einer R...

Der Norden Europas bekommt den Klimawandel wahrscheinlich unter anderem in der Form zu spüren, dass in der Arktis und um sie herum ein verstärktes Schifffahrtaufkommen zu verzeichnen sein wird, da das schwindende Eis neue Wege und Passagen in der Region freilegt. Auf einer Reise in den Norden Norwegens sprach CORDIS-Nachrichten kürzlich mit Wissenschaftlern, politischen Entscheidungsträgern und anderen Interessenvertretern über die Auswirkungen der Schifffahrt auf die anfälligen arktischen Umweltbedingungen und erfuhr dabei, was zur Milderung dieser Belastungen getan werden kann. Die Arktis erwärmt sich schneller als der Rest der Welt. Satellitenaufnahmen belegen, dass der Umfang des sommerlichen Meereises in der Arktis seit den späten 1970er Jahren des vergangenen Jahrhunderts über einen Zeitraum von 10 Jahren um jeweils 8,9% zurückgegangen ist. Darüber hinaus vollzieht sich der Rückgang immer schneller, so dass einige Wissenschaftler bereits davon ausgehen, dass die Arktis in nur wenigen Jahren im Sommer eisfrei sein wird. Die Nordostpassage, die um den Norden Russlands herumführt, war im Jahre 2005 zum ersten Mal freigelegt. Zwei Jahre später blieb sie zugefroren, dafür war die Nordwestpassage befahrbar, die um Nordamerika herumführt. 2008 schließlich waren beide Passagen gleichzeitig eisfrei. Diese Seewege, die den Atlantik und den Pazifik miteinander verbinden, könnten die Verkehrswege um etwa 40% verkürzen und somit die Aussicht darauf erhöhen, dass zahlreiche Frachtschiffe im Sommer den Nordpol umfahren können. Auch den Ölkonzernen ist die Freilegung der Arktis nicht verborgen geblieben. Es wird bereits daran gearbeitet, die ergiebigen Öl- und Gasfelder in der Barentssee sowie auf der russischen Jamal-Halbinsel abzubauen. "Bis 2010 werden 147,8 Millionen Tonnen Öl aus dem Nordwesten Russlands herausgeschifft worden sein. Ein Großteil davon wird an der norwegischen Küste vorbeisegeln", meint Oddgeir Danielsen vom Norwegischen Barents-Sekretariat in der norwegischen Stadt Kirkenes, die in Grenznähe zu Russland liegt. Demgegenüber verließen 2002 nur etwas mehr als 5 Millionen Tonnen Öl die Region. Norwegen hat vorsorglich den Abstand zwischen den Schifffahrtstraßen und seiner Küste vergrößert, um bei einem Ölunfall mehr Zeit zum Reagieren zu haben. "Vor einigen Jahren haben wir bei der IMO [Internationalen Seeschifffahrtsorganisation] die Verlegung der Schifffahrtsstraßen um etwas weiter nördlich der norwegischen Küste bekanntgegeben, um bei einem Unglück mehr Zeit zu haben", berichtet Norwegens Außenminister Jonas Gahr Støhre den CORDIS-Nachrichten. Zudem wurde in Kirkenes ein Nationales Wissenszentrum für Nachhaltigkeit von Verkehr und Logistik in der Arktis sowie im nahegelegenen Vardø eine Zentralstation für den Seeverkehr eingerichtet. Für Ölkatastrophenwarnungen könnte das norwegische Unternehmen KSAT (Kongsberg Satellite Services) zuständig sein, das verschiedene Supportleistungen für zahlreiche Satelliten anbietet. Zum Aufspüren von Ölteppichen verwendet das Unternehmen Daten von Satelliten, die das Synthetik-Apertur-Radarsystem (SAR) einsetzen, und nutzt dabei die Tatsache aus, dass Radarsignale von Öl anders reflektiert werden als vom offenen Meer. Ein wichtiger Vorteil von SAR ist, dass es auch bei Bewölkung und bei Nacht eingesetzt werden kann. Neben dem Aufspüren großer Ölteppiche wird von KSAT auch erkannt, wenn Schiffe einen Mix aus Ballastwasser und Öl ins Wasser pumpen. Auch könnten zahlreiche Touristen in den hohen Norden reisen, weil sie von den eindrucksvollen Landschaften und Meerespanoramen der Arktis angezogen werden. Diesbezüglich sind fehlende Such- und Rettungsdienste in der Arktis ein erhebliches Problem. Kürzlich lief ein Touristenschiff in der Nähe von Svalbard auf Felsen auf, als es näher an die Küste zu fahren versuchte, um den Passagieren einen besseren Blick auf das Ufer zu ermöglichen. Nalan Koç zufolge, einer Forscherin am Norwegischen Polarinstitut in Tromsø, Norwegen, sind die Karten von der Arktis nicht immer sehr gut. Zudem sind viele Schiffe, die in die Region fahren, nicht so konstruiert, dass sie beispielsweise einen Zusammenstoß mit einem Eisberg unbeschadet überstehen würden. Dieser letzte Punkt sei ganz besonders wichtig, meint Alf Håkon Hoel, geopolitischer Forscher an der Universität Tromsø. "Die Arktis wird nicht eisfrei sein, sondern immer wieder vom Eis heimgesucht, so dass es schwierig sein wird, einen Linienverkehr einzurichten", erklärt er. Das Wissen zur Position und Dicke von Eis stellt für Schiffe ein erhebliches Problem dar, sogar für Eisbrecher, die relativ dickem Eis standhalten können. Einfach gesagt, ist die Fahrt durch das offene Meer mit viel weniger Zeit- und Energieaufwand verbunden als das Aufbrechen einer dicken Eisschicht. Seit kurzem bietet KSAT auch einen Eisnavigationsdienst an, womit Schiffe in Echtzeit hochauflösende Daten zum Eis eines bestimmten Gebietes erhalten. Mit diesen Informationen können Schiffskapitäne sicher den schnellsten und einfachsten Weg durch das Eis finden und somit Zeit und Treibstoff sparen. Von der norwegischen Küstenwache wird dieser Dienst bereits genutzt, und Versuche im Ostseeraum deuten darauf hin, dass auf diese Weise eine Zeitersparnis von etwa 20% für Fahrten durch das Eis erreicht werden könnte. Nalan Koç ist indes besorgt, dass ein höheres Verkehrsaufkommen in der Arktis zusätzlich zu einem rascheren Verlust der Eisschicht beitragen könnte. Sie ist an einem Projekt beteiligt, im Rahmen dessen die Auswirkungen von Ruß auf das Reflexionsvermögen des Eises gemessen werden. Derzeit gelangen feine Rußpartikel aus Europa und Russland in die Arktis und lagern sich dort auf dem Eis ab. Dadurch wird die Oberfläche dunkler und die Wärme der Sonnenstrahlen in größerem Umfang absorbiert. Auch Rußpartikel, die aus dem Rauch von Schiffen in die Arktis gelangen, landen direkt auf dem Eis und verstärken das Problem. "So wird die Eisschmelze weiter beschleunigt", warnt Koç. Indessen macht Norwegens Außenminister deutlich, für die Zukunft der Arktis sei Forschung ein grundlegender Aspekt. "Forschung und Wissen sind der Schlüssel zur Arktis", sagt er mit Nachdruck. "Unsere Daten sind nicht ausreichend und nicht umfassend genug. Es liegt also eine gewaltige Forschungsaufgabe vor uns, die anspruchsvoll und faszinierend zugleich ist." "Im Internationalen Polarjahr wurde sehr viel getan, um unser Wissen zu erweitern. Meiner Meinung nach sollte unser Ziel sein, dafür zu sorgen, dass das Ende des Internationalen Polarjahres nicht gleichbedeutend ist mit dem Ende der Bemühungen zur Forschungsförderung", erklärt Støhre abschließend.

Länder

Norwegen

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