Wasserstoff auf hoher See
NEW H SHIP, ein krzlich abgeschlossenes, von der EU gefrdertes Projekt, ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Nutzung von Wasserstoff an Bord von Schiffen relativ unproblematisch realisierbar ist. Das Projektteam hofft, dass seine Ergebnisse die Schifffahrtindustrie und die Politik berzeugen, mehr Mittel in die Forschung und Entwicklung (F&E) zur Nutzung dieser sauberen Energiequelle auf hoher See zu investieren. Schiffe sind auf dem besten Wege, EU-weit die gráte Quelle der Luftverschmutzung zu werden. Schtzungen zufolge werden in Europa im Jahr 2020 die Schwefeldioxid- und die Stickoxidemissionen von Schiffen hher sein als die an Land generierten Emissionen. "Wenn wir Europa in eine Wasserstoff-Gesellschaft umwandeln mchten, mssen wir Schiffe in das Szenario einbeziehen", so Hjalti Pall Ingolfsson von Icelandic New Energy, einem der NEW H SHIP-Projektpartner. Obwohl sich die Einsicht durchgesetzt hat, dass diese Emissionen verringert werden mssen, wird nur begrenzt F&E mit dem Ziel betrieben, Mglichkeiten zu finden, wie diese neuen und saubereren Energiequellen fr die Schifffahrt genutzt werden knnen. "Es gab einige Projekte, die sich mit der Frage beschftigten, wie man Wasserstoff fr Schiffe nutzen kann, aber bei diesen Projekte ging es in erster Linie um die Binnenschifffahrt, nicht um die Nutzung auf hoher See", erklrte Ingolfsson. Im Rahmen des Projekts NEW H SHIP, das 2005 abgeschlossen wurde, wurde eine Literaturstudie durchgefhrt, um herauszufinden, welche technischen, betrieblichen und gesellschaftlichen Hindernisse im Zusammenhang mit den bordseitigen Systemanforderungen und der Infrastruktur fr maritime Treibstoffe bestehen. Diese Studie sttzte sich in erheblichem Maáe auf die Ergebnisse zweier weiterer von der EU gefrderten Projekte: FC-SHIP untersuchte das Potenzial fr Brennzellentechnologie auf Schiffen, whrend EURO-HYPORT der Frage nachging, ob Wasserstoff von Island auf den europischen Kontinent exportiert werden kann. Die Projektpartner lieáen in ihre Bewertungen auch die technischen Fragen einflieáen, die im Rahmen von Demonstrationsprojekten fr Busse aufgeworfen wurden, die mit Wasserstoff-Brennstoffzellen angetrieben werden, etwa die beiden EU-finanzierten Initiativen CUTE und ECTOS. "Diese Projekte haben wertvolle Einsichten hervorgebracht, die uns geholfen haben zu beurteilen, ob Wasserstoff-Brennstoffzellen eine fr die hohe See geeignete Technologie darstellen", so Ingolfsson. Land und Wasser sind allerdings zwei sehr unterschiedliche Umgebungen, die unterschiedliche Probleme mit sich bringen. "Es gibt einige gravierende Unterschiede", erklrte Ingolfsson. Zum einen ist da die Tatsache, dass auf den Schiffen enorme Mengen an Wasserstoff gelagert werden mssen. "Schiffe sind nun mal auf hoher See, und wie wir wissen, gibt es dort recht wenige Tankstellen. Das heiát, die Schiffe mssen mit Wasserstoff beladen werden, bevor sie auslaufen." "Dann gibt es Schiffe unterschiedlicher Gráe. Einige sind nur einen Tag unterwegs, andere dagegen eine Woche oder sogar einen Monat. Das heiát, der Wasserstoff muss an Bord gelagert werden." Da Wasserstoff jedoch sowohl in Gas- als auch in flssiger Form mehr Platz bentigt als alle anderen Treibstoffe, muss, so Ingolfsson, Pressgas verwendet werden. Darber hinaus muss die Konzeption der Brennstoffzellen fr Schiffe dem Salzgehalt der Luft Rechnung tragen. Laut Projektberechnungen knnte "ein 100-Tonnen-Schiff, das maximal eine Woche auf See ist, wahrscheinlich direkt mit Wasserstoff angetrieben werden. Aber ein Schiff, das lnger auf See ist, braucht mehr Energie, sowohl als Antrieb als auch zur Stromversorgung der Gerte an Bord. Das heiát, das Lagerproblem muss gelst werden." Fr gráere Schiffe besteht die Alternative, sich auf die Lagerung des Wasserstoffs zu konzentrieren, der als Ersatz fr den Strom gebraucht wird, der die Ausrstung des Schiffs, die Steuerungs- und Pumpenkomponenten sowie die Heizungs- und Lichtanlagen versorgt. "Wirtschaftlich gesehen ist es sinnvoller, sich zunchst dem Hilfsaggregat, der so genannten Auxiliary Power Unit (APU), zuzuwenden, da sie 10-15 KW verbraucht, whrend zum Schiffsantrieb 100 KW ntig sind." Obgleich noch keine Berechnungen vorliegen, ob der Ersatz fossiler Brennstoffe durch Wasserstoff die Emissionen senken wrde, gehen die Projektpartner davon aus, dass Wasserstoff eine geringere Belastung fr die Umwelt darstellt. "Wenn es einen zentralen Ort gbe, an dem Wasserstoff hergestellt wrde, knnten wir die Emissionen effizienter handhaben, als dies bei fossilen Brennstoffen der Fall ist", so Ingolfsson und fgt hinzu, dass Fortschritte bei der Kohlenstoffbindung zur Lsung dieser Frage beitragen wrden. Ein weiterer Unterschied zwischen der Nutzung von Wasserstoff an Land und auf hoher See sind die unterschiedlichen Sicherheitsaspekte. Wasserstoff ist ein hoch entzndliches Gas und Explosionen knnen auftreten, wenn Wasserstoff ausluft und sich ansammelt. Ingolfsson wies darauf hin, dass die Arbeit der Projektpartner auch die Berechnung der Auswirkungen von Kollisionen sowie die Gefahr fr die Mannschaft im Falle eines Lecks oder einer Explosion umfasste. Feuer und Explosionen sind an Bord eines Schiffes wesentlich gefhrlicher als an Land, da Maschinen und Menschen auf engem Raum beieinander sind. Die Trennung des Brennstoffzellensystems von den sicheren Bereichen, zum Beispiel den Passagierbereichen auf einer Fhre, gestaltet sich viel schwieriger. "Anders als an Land kann man auf dem Atlantik nirgends hinrennen, um sich in Sicherheit zu bringen", so Ingolfsson, der betont, weitere Forschung zur Entwicklung angemessener Sicherheitsleitlinien sei vonnten. Auch die Herstellungskosten von Wasserstoff sind problematisch. "Die Herstellung von Wasserstoff ist aufgrund der geringen Mengen, die wir derzeit in Bussen brauchen, wesentlich teurer als die Gewinnung von fossilen Brennstoffen", erklrt Ingolfsson. "Fast alle Brennstoffzellen werden von Hand gemacht, und das Produktionsvolumen ist nicht groá genug, als dass sich die Einrichtung einer Produktionsstraáe lohnen wrde." Ingolfsson hofft jedoch, dass sich sowohl die Regierungen als auch die Schifffahrtindustrie angesichts des Anstiegs der Gas- und Erdlpreise verstrkt Gedanken ber die Nutzung von Wasserstoff an Bord von Schiffen machen werden. Eine praktische Konzeption fr Brennstoffzellen fr Schiffe besteht allerdings noch nicht, und es gibt fast keine wasserstoffgetriebenen Demonstrationsschiffe. Das liegt laut Ingolfsson an der Tatsache, dass die Schifffahrtindustrie vllig anders strukturiert ist als die Automobilindustrie: "Im Gegensatz zu Autos, die eine bestimmte Marke haben und komplett von einem Hersteller produziert werden, werden Schiffe fr den Kufer maágeschneidert." Die Zulieferer der Teile struben sich dagegen, in die Wasserstofftechnologie zu investieren, da sie nicht die Mglichkeit haben, ihre Technologie zu prsentieren. "Daher knnen wir nicht auf Finanzierung durch Industriepartner zhlen, so wie dies bei den Autobauern der Fall ist. Das heiát, wir brauchen mehr Hilfe von der Politik, um Markt und Investitionen anzuschieben." Die Untersttzung der Politik und der Akteure wird auch gebraucht, um sicherzustellen, dass alle Vorschriften, Codes und Normen im Zusammenhang mit der Nutzung von Wasserstoff auch auf die Nutzung des Gases fr den Schiffstransport anwendbar sind. Ingolfsson verweist auf die Untersttzung der Bus-Demonstrationsprojekte wie CUTE und ECTOS durch Industrie, nationale Regierungen und EU und schlgt vor, eine hnliche Struktur fr den Schiffsverkehr einzurichten. Obwohl das Projekt bereits abgeschlossen ist, so Ingolfsson, wollen die Partner die begonnene Arbeit unbedingt fortsetzen. Derzeit diskutieren sie die Mglichkeit eines neuen Projekts, in dessen Rahmen der Prototyp einer wasserstoffbetriebenen Schiffs-APU entstehen soll.