Bringt Wasserstoff die dritte industrielle Revolution?
Wasserstoff wird oft als eine realistische Lösung für das globale Energieproblem genannt. Zu einer Zeit, in der Klimawandel und immer knapper werdende Ressourcen das Thema Energie immer brisanter für Verbraucher, Unternehmer und Politiker machen, kann Wasserstoff saubere und unbegrenzte Energie liefern. Früher oder später müssen Entscheidungen darüber getroffen werden, welche Form oder Formen alternativer Energien verfolgt werden sollten. Viele fordern von den Regierungen, Wasserstoff als bevorzugte Alternative zu fördern, so auch Jeremy Rifkin, der Gründer und Präsident der Foundation on Economic Trends in den USA und ehemalige Berater des früheren Kommissionspräsidenten Romano Prodi. Laut Rifkin befindet sich die Welt kurz vor einer Revolution, angetrieben vom Aufstieg des Wasserstoffs und fortschrittlichen Formen der Kommunikation. "Die großen Revolutionen der Geschichte sind durch das Zusammentreffen neuer Energiesysteme und neuer Kommunikationssysteme hervorgerufen worden", so Rifkin am 4. Oktober gegenüber Journalisten im Europäischen Parlament. Die erste industrielle Revolution wurde durch neue Produktionsmethoden in der Kohle- und Stahlindustrie und die gleichzeitige Entstehung des Pressewesens hervorgerufen, während die zweite industrielle Revolution ihren Ursprung in der Entdeckung von Öl und der Erfindung des Telefons hatte, behauptet Rifkin, Autor von 17 veröffentlichten Büchern zu den Auswirkungen wissenschaftlicher und technologischer Veränderungen. Wasserstoff kann zusammen mit anderen alternativen Energieformen genutzt werden, und deren Energie sammeln und speichern. Einzelne erneuerbare Energietechnologien für sich betrachtet können manchmal unzuverlässig sein, da sie von Umweltfaktoren (Sonne, Wind, Wellen) abhängig sind. "Europa ist ein großer Kontinent mit völlig verschiedenen erneuerbaren Energieformen", so Rifkin. "Wasserstoff kann all diese verschiedenen Formen der erneuerbaren Energie speichern." Intelligente Energieversorgungsnetze, die derzeit im Silicon Valley in den USA getestet werden, könnten zur Verteilung der Energie genutzt werden. Die Netze können wie das Internet genutzt werden, so Rifkin weiter. "Es besteht die Möglichkeit einer dritten industriellen Revolution", sagte er. Wenn betriebsbereit, würde ein solches System jedem Standort ermöglichen, unabhängig zu sein, und Emissionen würden selbstverständlich reduziert. Doch hierzu bedarf es einer Führung. "Die nächsten Monate sind entscheidend, wenn es für Europa um die Entscheidung geht, sich auszuklinken und eine Ausweichstrategie zum Öl zu verfolgen", so Rifkin. Sicherlich beabsichtigt Europa, mehr in die Wasserstoffforschung zu investieren. Unter dem Sechsten Rahmenprogramm (RP6) hat die EU bereits eine Vielzahl von Projekten zur Erörterung der Gründung einer Wasserstoffwirtschaft gefördert, und außerdem wurde eine Technologieplattform für Wasserstoff und Brennstoffzellen eingerichtet. Das Energiebudget des Siebten Rahmenprogramms (RP7), das am 1. Januar 2007 starten soll, wurde bedeutend aufgestockt, und es scheint wahrscheinlich, dass die Wasserstoffforschung einer der Nutznießer dieser Budgeterhöhung sein wird. Eine Reihe von MdEP forderte am 4. Oktober, dass Wasserstoff der Hauptnutznießer des Energiebudgets des RP7 sein soll. Der belgische sozialistische Europaabgeordnete und ehemalige EU-Forschungskommissar Philippe Busquin forderte: "Wir wollen ganz deutlich machen, dass wir den Hauptteil des Energiebudgets des RP7 in die Wasserstoffforschung fließen sehen möchten. Wir sollten keine Zurückhaltung zeigen, wenn es darum geht, Unterstützung für Wasserstoff im RP7 zu fordern." Vittorio Prodi, italienischer Europaabgeordneter der Liberaldemokratischen Fraktion, teilte diese Meinung: "Wir sind hier, um die Unterstützung des Parlaments für die Technologieplattform für Wasserstoff und Brennstoffzellen zu betonen, und ich möchte erneut das Engagement des Parlaments für eine Wasserstoffgesellschaft bestätigen. Ich bin von der Notwendigkeit überzeugt, voranzuschreiten." MdEP Jo Leinen und Umberto Guidoni, die die Sozialdemokratische Fraktion bzw. die Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne repräsentierten, sprachen sich auch für Wasserstoff aus, wobei Leinen hervorhob, dass die EU 1956 mit Energie (Kohle und Stahl) anfing, und Guidoni auf seine frühere Karriere als Astronaut hinwies, die ohne Wasserstoff unmöglich gewesen wäre. Etwas später bei der Eröffnung der Jahresversammlung der Technologieplattform für Wasserstoff und Brennstoffzellen lobte der EU-Kommissar für Wissenschaft und Forschung Janez Potocnik die öffentlich-private Partnerschaft hinter der Plattform und blickte optimistisch in die Zukunft. "Wir können Hindernisse bei der Umsetzung dieser Technologie in all ihren verschiedenartigen Anwendungen erkennen und überwinden. Wir können technologische Engpässe beheben, das Bewusstsein der Öffentlichkeit sensibilisieren und ihre Akzeptanz fördern, Sicherheitsfragen angehen und Normen entwickeln, mit denen sichergestellt wird, dass in Europa entwickelte Technologie nicht nur hier bei uns, sondern weltweit eingesetzt wird", sagte er.