Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Dolly
Rein äußerlich war an dem Finn-Dorset-Schaf, das am 5. Juli 1996 im Roslin Institute in Schottland geboren wurde, nichts Außergewöhnliches. Das kleine Lamm sollte jedoch das berühmteste Schaf der Welt werden, da seine bloße Existenz eine Debatte entfachte, die heute, nach zehn Jahren, immer noch nicht abgeflaut ist. Was das Schaf zu etwas Besonderem machte, war seine Entstehung - zum ersten Mal war ein Säugetier erfolgreich aus einer adulten Zelle geklont worden. Da das Schaf aus einer Euterzelle geklont worden war, benannten die Forscher das Lamm Dolly nach der berühmten Country- und Western-Sängerin Dolly Parton. Dolly entstand durch ein Verfahren mit der Bezeichnung somatischer Zellkerntransfer. Der Kern (der Teil der Zelle, der die DNA enthält) wurde aus einer Eizelle entnommen und durch einen Kern ersetzt, der aus der Euterzelle des Spenderschafes stammte. Die entsprechende Zelle wurde stimuliert, damit sie sich teilte. Nach einigen Tagen wurde das entstandene Cluster an Zellen in die Gebärmutter der Leihmutter transplantiert. Die Ankündigung der Geburt von Dolly wurde mit unterschiedlichen Reaktionen aufgenommen. Einige waren über die Bedeutung begeistert, die das Forschungsergebnis für die Behandlung von degenerativen Krankheiten und Krebs hatte, während andere befürchteten, dass die neue Technologie von Klon-Diktatoren ausgenutzt werden könnte. Als die Europäische Kommission von Dolly hörte, verwies sie den Fall sofort an ihre Beratergruppe für ethische Fragen der Biotechnologie. Diese empfahl, dass die EU zwar die ethische Forschung im Bereich des Klonens ermutigen solle, jedoch jeder Versuch, ein menschliches Klon zu schaffen, indem der Kern einer Zelle von Kindern oder Erwachsenen in eine Eizelle ("reproduktives Klonen") verpflanzt wird, verboten werden solle. Außerdem stellte sie klar, dass selbst wenn ein Mensch geklont werden sollte, die entstandene Person nicht vollkommen identisch mit dem Original sei, so wie auch eineiige Zwillinge unterschiedlich sind. Eine Reihe weiterer Tiere wie Katzen, Hunde, Mäuse, Kaninchen und Pferde wurden seit Dolly erfolgreich geklont, und es gibt Stimmen, nach denen es nur eine Frage der Zeit ist, wann ein menschliches Wesen zu reproduktiven Zwecken geklont wird. 2005 klonte ein britisches Forscherteam erfolgreich menschliche Embryonen, indem es die DNA embryonaler Stammzellen in Eizellen verpflanzte, deren eigene DNA entfernt worden war. Eine menschliche Version von Dolly, die aus einer normalen adulten Zelle geklont ist, ist bisher nicht geschaffen worden. Viele Jahre lang war der südkoreanische Forscher Hwang Woo-suk führend im Bereich des menschlichen Klonens zu therapeutischen Zwecken tätig und 2005 behauptete er, Stammzellen aus geklonten menschlichen Embryonen erzeugt zu haben, die somit eine perfekte Entsprechung der Zellen eines Patienten seien. Die Behauptung hat sich als falsch erwiesen und Dr. Hwang steht nun wegen Betrugs und Veruntreuung vor Gericht. Durch die Enthüllungen ist Dr. Hwangs Ruf lädiert und Südkorea und die internationale Forschungsgemeinschaft sind geschockt. Tatsache ist, dass das Klonen von Säugetieren aus adulten Zellen immer noch sehr schwierig ist. Von 277 Versuchen der Roslin-Forscher, ein Schaf aus einer adulten Zelle zu klonen, entstand Dolly als einziges Lamm, und die Erfolgsquoten haben sich seither nicht sehr verbessert. Und während Dolly bei guter Gesundheit war und sogar mehrere Lämmer geboren hatte (auf natürlichem Weg), wurden Fragen zu den frühen Alterserscheinungen laut, als sie in relativ jungem Alter Arthritis bekam. Die Debatte über das Klonen und besonders die Verwendung von embryonalen Stammzellen ist jedoch nicht abgeflaut, wie die hitzige Debatte zu dem Thema im Europäischen Parlament im letzten Monat gezeigt hat. Stimmen, die die Verwendung von EU-Geldern für die Forschung an menschlichen und embryonalen Stammzellen befürworten, überstimmten die Zweifler, jedoch nur mit einer sehr knappen Mehrheit. Der jüngste Positionswechsel Italiens bedeutet, dass die Stammzellenforschung unter dem RP7 möglich sein sollte, jedoch den nationalen Gesetzen und strengen Kontrollen unterliegt. Dolly verstarb am 14. Februar 2003 im Alter von sechs Jahren. Eine Autopsie bestätigte, dass sie an pulmonalem Adenokarzinom starb, einer bei Schafen verbreiteten Lungenentzündung. Ihre Überreste wurden ausgestopft und sind jetzt im Royal Museum in Edinburgh ausgestellt.