Die nächste Generation mikrobieller Brennstoffzellen
Bakterien, die sich in einer anaeroben Umgebung befinden, produzieren Elektronen, die zur Elektrizitätserzeugung genutzt werden können. Mikrobielle Brennstoffzellen machen sich die anaerobe Atmung dieser Bakterien zunutze, um Elektrizität zu erzeugen, die sich direkt proportional zur Wachstumsrate und zum Stoffwechsel der Mikroben verhält. Die Optimierung der Bakteriengemeinschaften mit unterschiedlichen Ausgangsstoffen zur effizienteren Gestaltung des Elektronentransfers wird letztendlich die mikrobiellen Brennstoffzellen verbessern. Zu diesem Zweck haben die Wissenschaftler des EU-finanzierten Projekts EVOBLISS eine Roboterplattform entwickelt, die in der Lage ist, flüssigkeitsbasierte Systeme mithilfe künstlicher Evolution zu optimieren. „Unser oberstes Ziel war es, Grundlagenforschung zu betreiben, die uns dabei helfen wird, die bakterielle Evolution zu verstehen, um Abwasser zu behandeln und für die Erzeugung von Energie zu nutzen“, erklärt Prof. Kasper Stoy, wissenschaftlicher Koordinator des Projekts. EVOBLISS war ein interdisziplinäres Projekt, bei dem hochmoderne Technologien aus den Bereichen Chemie, Bildgebung, Mikrobiologie und Bioenergie zum Einsatz kamen. Dies war notwendig, um das Verständnis für lebende Technologien und dafür, wie bahnbrechende Biohybridsysteme am besten entworfen und genutzt werden können, zu verbessern. Robotergesteuerte und -basierte mikrobielle Brennstoffzellen In einem ersten Schritt automatisierten die Forscher die Experimente durch die Entwicklung einer Roboterplattform (EvoBot), die künstliche Intelligenz in Form von künstlicher Evolution verwendet. Die Idee bestand darin, die robotergestützte Evolution zu nutzen, um funktionale Ökosysteme zu entwerfen, die lebende Organismen mit einer künstlichen Lebenschemie kombinieren, um die Stromproduktion in mikrobiellen Brennstoffzellen zu steigern. Die Roboterplattform basierte auf einem frei zugänglichen 3D-Drucker, der für den Umgang mit Flüssigkeiten umgebaut wurde und in der Lage war, die Ergebnisse von Experimenten in Echtzeit zu verfolgen. Der Betrieb von EvoBot war über eine autonome Steuerungseinheit oder ferngesteuert über eine Webseite möglich. EvoBot führte komplexe Optimierungen mithilfe von evolutionären Algorithmen durch und war zudem in der Lage, durch die Anpassung verschiedener Parameter wie die Injektion von Nährstoffen und die Entfernung von Stoffwechselprodukten in Experimente einzugreifen. Wissenschaftler der University of the West of England (UWE) in Bristol – einem der Partner des Konsortiums – untersuchten verschiedene Umweltbedingungen, um ein schnelleres Wachstum und eine maximale Kraftübertragung in mikrobiellen Brennstoffzellen zu erreichen. EvoBot hat die Substratkonzentration der Medien als Reaktion auf das Leistungsprofil der mikrobiellen Brennstoffzelle erfolgreich optimiert. Mittels optischer Kohärenztomographie, einer In-situ-Bildgebungsmodalität, gelang es den Forschern erstmals das Innere laufender mikrobieller Brennstoffzellen zu überwachen. Dies lieferte beispiellose Erkenntnisse über die mechanischen Eigenschaften und die Organisation lebenden Biofilms, die dominante Form des mikrobiellen Lebens auf der Erde und die bevorzugte mikrobielle Gemeinschaft innerhalb der mikrobiellen Brennstoffzellen während der Stromerzeugung. In einem anderen Projektabschnitt untersuchten die Forscher der UWE verschiedene Materialien zur Herstellung von mikrobiellen Brennstoffzellen. Trockenton stellte eine vielversprechende und kostengünstige Alternative zu den derzeit verwendeten Membranen dar und erweiterte damit die Anwendungsmöglichkeiten mikrobieller Brennstoffzellen. Verbesserte elektrische Leistung EvoBot war der erste Roboter, dem es gelang, sich entwickelnde Systeme wie lebende Organismen, die für bestimmte Aufgaben eingesetzt werden, umzusetzen, zu überwachen und mit ihnen zu interagieren. Die von EvoBot gezüchteten mikrobiellen Kulturen zeigten eine verbesserte Leistung und entwickelten sich dahingehend, dass sie ausreichend Energie für den Betrieb eines weiteren Roboters erzeugten. Durch die Nutzung von EvoBot stellten die Wissenschaftler fest, dass das Füttern der mikrobiellen Brennstoffzelle der UWE zum richtigen Zeitpunkt die Reifung energieerzeugender Kulturen von vier Wochen auf sechs Tage beschleunigte. Diese Neuheit, einen Roboter eine mikrobielle Brennstoffzelle füttern zu lassen, wurde von den EVOBLISS-Partnern in dem erfolgreichen Start-up-Unternehmen Flow Robotics aufgegriffen. Mit erheblicher Unterstützung der Gates Foundation gelang es EVOBLISS zudem, mikrobielle Brennstoffzellen erfolgreich in Entwicklungsländern einzusetzen. Prof. Stoy hat die Vision, „den Technologie-Baukasten von EVOBLISS in Zukunft auch auf andere relevante gesellschaftliche Probleme außerhalb der Energieerzeugung anzuwenden.“
Schlüsselbegriffe
EVOBLISS, mikrobielle Brennstoffzelle, EvoBot, Roboter, Elektrizität, optische Kohärenztomographie, 3D-Drucker