Neue Erkenntnisse darüber, warum die meisten Nanopartikel biologische Barrieren nicht überwinden
Die Überquerung bestimmter biologischer Barrieren ist für fortgeschrittene oder zielgerichtete Therapeutika von grundlegender Bedeutung. Unterschiedliche Arten von Barrieren stellen unterschiedliche Schwierigkeitsstufen dar, die größte Herausforderung ist bspw. die Blut-Hirn-Schranke, die verhindert, dass wirksame Therapeutika das Gehirn erreichen. Andere Barrieren wie der Darm und die Lungen sind ähnlich schwer zu überwinden, stellen aber keine ganz so große Herausforderung dar. Im Rahmen zahlreicher Studien in der akademischen Welt und der Wirtschaft wurde ein Versuch-und-Irrtum-Ansatz verfolgt, um zu ergründen, warum manche Nanopartikel Barrieren nicht überwinden können. Das EU-geförderte Projekt PathChooser (Innovative, mechanistic-based strategies for delivery of therapeutic macromolecules across cellular and biological barriers) verfolgte einen anderen Ansatz. „Wir wollten herausfinden welche Prozesse dafür sorgen, dass der Barrieretransport verhindert wird und welche Mechanismen ermöglichen könnten, dass ein solcher Transport stattfindet“, erklärt Projektkoordinator Professor Kenneth Dawson, Direktor des Centre for BioNano Interactions am University College Dublin. Er erklärt, dass endozytotische, transzytotische und andere zelluläre Prozesse eine Barriereüberwindung ermöglichen oder, in manchen Fällen, verhindern. „Es ist seit Jahren bekannt, dass eine kleine Anzahl von Partikeln beispielsweise die Blut-Hirn-Schranke und andere Barrieren in vivo überwinden können, und unsere Absicht bestand darin, Nanopartikel besser als Arzneimittelträger zu entwerfen, um die Wahrscheinlichkeit für deren sicheren Übergang zu erhöhen.“ Prozesse ohne Versuch und Irrtum – Reverse Engineering Um das Design für bessere Arzneimittelträger voranzubringen, wurde im Zuge des Projekts versucht, zu ergründen, was es mit diesen zellulären Prozessen und deren Interaktion mit Nanopartikeln auf sich hat, dass die Überwindung dieser Barrieren unterstützt oder blockiert wird. Um sich dem Problem aus einem anderen Blickwinkel zu nähern, ging man bei dem Projekt umgekehrt vor. Es wurden große Gruppen von Nanopartikeln hergestellt, die beim Überqueren einer Barriere sehr einfach verfolgt werden könnten. Das Team versuchte daraufhin die Zellen, welche die Barriere bilden, neu zu züchten, und es wurde überprüft, welche dieser Nanopartikel eine bestimmte Barriere überwinden könnten. „Wir zogen zahlreiche untersuchte Barrieren aus der Forschungsgemeinschaft heran und entwickelten auch selbst welche. Unter Verwendung dieser Modelle untersuchten wir die Mechanismen für den Übergang von Partikeln und was manche dieser Partikel daran hindert, den Übergang in die Modelle zu schaffen“, sagt Professor Dawson. Das Team stellte daraufhin fest, dass immer weniger Kandidaten zur Verfügung standen, welche die Fähigkeit zur Überwindung einer Barriere besaßen. Im Zuge von PathChooser wurden diese Kandidaten eingehender untersucht, um die wichtigsten Aspekte der Nanopartikel in Erfahrung zu bringen, welche die Wege aktivieren, die zur Überquerung genutzt wurden. Ein klareres Verständnis der Mechanik der Barrieredurchdringung Durch das Projekt wurde nachgewiesen, dass die Moleküle an der Oberfläche der Nanopartikel die Überquerung verhindern und hemmen können. „Wir können tatsächlich sehen, dass diese Partikel endozytiert, aufgenommen und dann weggeschafft werden, um abgebaut zu werden, da sie als ‚fremd‘ erkannt worden sind. Und dies hat unseren Fokus weitaus klarerer darauf gelegt, dass die Nanopartikeloberfläche sehr sorgfältig gestaltet werden muss.“ Das PathChooser-Projekt hat wertvolle Erkenntnisse dazu geliefert, wie sich die Mechanik der Barriereüberwindung auf die Oberflächenorganisation von Biomolekülen auswirkt. „Wir konnten die gängigen Ansätze für die Oberflächenorganisation skizzieren, die zu einem Fehler bei der Barriereüberwindung führten“, sagt Dawson. Am Anfang des Projekts war den Forschern nicht klar, warum manche Nanopartikel keine Barrieren überwinden konnten. Dank der Arbeit des Teams stehen jetzt relativ einfache Methoden zur Verfügung, um eine Vielzahl von Kandidaten auszuschließen, die aufgrund ihrer Oberflächengestaltungskriterien bekanntermaßen nicht funktionieren können. „Wir sind nicht mehr so entmutigt, wie es die Menschen auf diesem Gebiet im Allgemeinen sind, da wir jetzt langsam spürbar merken, dass es systematischere Möglichkeiten gibt, um sich dem Problem zu nähern“, sagt Professor Dawson. Unterstützung für die Entwicklung effektiverer Medikamente Auf lange Sicht soll PathChooser zur Entwicklung effektiverer und „leicht nutzbarer“ Medikamente für Erkrankungen wie Diabetes und manche der hartnäckigsten Erkrankungen wie z. B. Glioblastome beitragen, die aufgrund der eingeschränkten Zugänglichkeit des Gehirns als kaum behandelbar gelten. „Wir hoffen, dass unser besseres Verständnis von der Verbindung zwischen dem Nanopartikeldesign und dessen Auswirkungen die Ineffizienz in Wirkstoffdesign-Schleifen erheblich verringern wird.“ Falls ein effizienteres nanomolekulares Wirkstoffdesign erreicht werden kann, könnte durch die Auswirkungen auf die Forschungs- und Entwicklungskosten das Tor zur Herstellung einer neuen Reihe von Medikamenten aufgetan werden. „Das wichtigste Gesamtziel unseres Projekts ist ein weitaus tieferes Verständnis für die Gründe, die eine Überquerung verhindern und was die zentralen Zugangswege für diese Überquerung sind“, sagt Professor Dawson.
Schlüsselbegriffe
PathChooser, Nanomedizin, Nanomoleküle, biologische Barrieren, Medizin, gezielt wirkende Arzneimittel