Biomedizinisches Doktorandenprogramm beschreitet Forschungsneuland
Will man die Grenzen der Wissenschaft weiter stecken, ist oftmals Expertenwissen aus einem ganzen Spektrum von Disziplinen erforderlich. Das gilt insbesondere dort, wo Grundlagenforschung und angewandte Wissenschaften aufeinandertreffen, und sich Disziplinen wie Medizin, Informatik und Ingenieurwissenschaften überschneiden. Die biomedizinische Bildverarbeitung, bei der Bilder der Körperanatomie und -funktion für diagnostische wie auch therapeutische Zwecke erfasst werden, ist ein gutes Beispiel dafür. Flexibel Denken Um europäische Spitzenleistungen in diesem zukunftsweisenden Gebiet zu fördern, verschaffte das EU-finanzierte Projekt BERTI (Biomedical Imaging and Informatics – European Research and Training Initiative) einer Gruppe von Doktorandinnen und Doktoranden Zugang zu innovativer Unterstützung aus Disziplinen wie beispielsweise Physik, Medizin sowie Ingenieurwissenschaften und Informatik. Das Vierjahresprojekt wurde 2013 mit dem großen Ziel ins Leben gerufen, eine neue Generation kreativer, unternehmerischer und innovativer Spezialkräfte für biomedizinische Bildgebung auszubilden, die komplexe Probleme angehen sowie neue Produkte und Lösungen erschaffen können. Allen 14, aus neun Ländern weltweit ausgewählten BERTI-Doktorandinnen und Doktoranden wurden zwei wissenschaftliche Betreuer sowie ein Mentor vom Industriepartner des Projekts zugeteilt. Auf diese Weise gewährleistete man eine solide Fortbildung im Sinne eines akademischen Berufswegs wie auch einer Karriere in der Industrie. Es war obligatorisch, dass jeder Teilnehmende eine Forschungszeitdauer von mehr als drei Monaten in Laboratorien der 15 internationalen Kooperationspartner ableistete. Das Programm bot außerdem Schulungen zu Aspekten wie etwa der Gründung eines Unternehmens und der Verwaltung eines Projekts. „Es gibt überdies verschiedene Arten der Bildgebung“, sagt der Direktor der Graduate School of Bioengineering (GSB) Professor Axel Haase von der Technischen Universität München in Deutschland, die an BERTI beteiligt war. „Heutzutage kombiniert man diese Verfahren oftmals mit minimal invasiven Eingriffen. Aus diesem Grund beinhaltete das BERTI-Programm ein Robotik-Modul. Zur Bildverarbeitung ist außerdem eine große Menge an in sehr kurzen Zeitintervallen erfassten Daten erforderlich, die manipuliert werden müssen, so dass die Informatik ein weiterer grundlegender Teil von BERTI war.“ Während ein paar BERTI-Kandidatinnen und Kandidaten ihre Promotionen noch beenden, haben inzwischen die meisten ihre Projekte abgeschlossen. Einige haben Arbeit in akademischen Institutionen gefunden, andere sind in die Industrie eingestiegen. Etliche Doktorandinnen und Doktoranden sind dabei, eine Spin-Off-Firma zu gründen. „Meiner Meinung nach war das Programm sehr erfolgreich“, sagt Haase. „Lernen von anderen Disziplinen war bei vielen der von den Kandidatinnen und Kandidaten veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten von grundlegender Bedeutung. “ Grenzen durchbrechen Die Realisierung der interdisziplinären Kooperation war nicht unbedingt einfach. „Der Physiker ist daran interessiert, neue Grundgesetze der Quantenmechanik, des Festkörpermaterials oder der Teilchenphysik zu entdecken“, sagt er. „Sobald ein bestimmtes Thema durchschaut wurde, geht man weiter.“ Ein Ingenieur wiederum wird sich auf die Lösung eines technischen Problems konzentrieren, während der Informatiker Daten zusammentragen muss, um eine Grundlage der Entscheidungsfindung für die medizinische Diagnose zu bilden. „Wir wollten Doktorandinnen und Doktoranden zu disziplinübergreifenden Fachleuten ausbilden und sie mit verschiedenen Gebieten vertraut machen“, bekräftigt Haase. „Sie sollten fähig sein, Disziplinen innerhalb ihres speziellen Forschungsthemas zu kombinieren.“ Einige der Doktoranden konzentrierten sich zum Beispiel auf die Anwendung der Magnetresonanztomografie bei Untersuchungen am Gehirn. Dieses Projekt beinhaltete die Erforschung und das Messen der Magnetresonanz sowie die Untersuchung, welche Veränderungen in den Messungen in Bezug auf neurodegenerative Erkrankungen von Bedeutung sein könnten. Die Kandidatin bzw. der Kandidat musste dieses Wissen im Folgenden in einem klinischen Umfeld anwenden. Haase dazu: „Der Forscher bewegte sich hier wirklich von der Grundlagenforschung bis hin zur Diagnose von Patienten.“ Haase hofft, dass sich das positive Erlebnis, hochqualifizierte und flexible Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hervorbringen zu können, wiederholen werde. Viele der für das Programm entwickelten Themen seien noch aktuell. Aktuell arbeiten mehr als 50 Doktorandinnen und Doktoranden an der GSB, um in den Ingenieurwissenschaften, in der Physik, Medizin und Informatik Neuland zu betreten.
Schlüsselbegriffe
BERTI, Bildgebung, Röntgen, MRT, Ingenieurwissenschaft, Physik, Medizin, Informatik, GSB, Magnetresonanz, Doktor, Gehirn