Neue Erkenntnisse zur Funktion Parvalbumin-positiver GABAergischer Interneuronen, die schnell Spikes erzeugen
Kortikale neuronale Netzwerke setzen sich aus zwei Typen von Neuronen zusammen: glutamatergischen Projektionsneuronen und GABAergischen Interneuronen. Die GABAergischen Interneuronen machen zwar nur 10–20 % aller Nervenzellen aus, dienen innerhalb des Netzwerks jedoch einem wichtigen Zweck. Während zu den subzellulären Signalgebungseigenschaften von Pyramidenneuronen umfassende Informationen verfügbar sind, war über die Eigenschaften GABAergischer Interneuronen bislang nur wenig bekannt. Hier setzte NANOPHYS an. Indem sie hochmoderne subzelluläre Patch-Clamp-Techniken an Gehirnscheiben anwandten sowie bildgebende Verfahren und rechnergestützte Ansätze nutzten, gewannen die Forscher des EU-geförderten Projekts einen umfassenden Eindruck von den zellulären und subzellulären Eigenschaften der schnell Spikes erzeugenden, Parvalbumin-positiven (PV+), GABAergischen Korbzelle. "Durch Integration realistischer Korbzellmodelle in Modellen des Gyrus-dentatus-Netzwerks sind wir nun in der Lage zu beurteilen, wie dieser wichtige Typ von GABAergischen Interneuronen zu den komplexen Funktionen des Gyrus dentatus beiträgt, etwa mit Musterseparation und Umwandlung von Raster- und Ortscodes", sagt Peter Jonas, der Forschungsleiter von NANOPHYS. "Im Kontext neurologischer Erkrankungen könnten unsere Erkenntnisse zu neuen Behandlungsstrategien führen, bei denen Interneuronen an bestimmten subzellulären Orten als Target genutzt werden." Eine bahnbrechende Schlussfolgerung Auch wenn dieser Zelltyp im Gehirn eine Minderheit darstellt, sind GABAergische Interneuronen für die normale Hirnfunktion unerlässlich, da sie die Aktivität der Projektionsneuronen regulieren und im Gehirn eine rhythmische Aktivität erzeugen. Wenn die Funktion der Interneuronen eingeschränkt ist, können höhere Hirnfunktionen beeinträchtigt werden, was beispielsweise zu Anfällen führt. Dank der umfassenden Arbeiten der NANOPHYS-Forscher zählen PV+-Interneuronen nun zu den am besten charakterisierten Neuronentypen des gesamten Gehirns. "Vor 10 bis 20 Jahren war über glutamatergische Projektionsneuronen viel mehr bekannt als über GABAergische Interneuronen", sagt Jonas. "Nun sieht die Situation beinahe umgekehrt aus, und die Erforschung der Projektionsneuronen wird aufholen müssen." Die Forschungsarbeit zeigte, dass PV+-Interneuronen ein eingehendes stimulierendes Signal innerhalb einer Millisekunde oder weniger in ein ausgehendes hemmendes Signal umwandeln können. Vor dem NANOPHYS-Projekt war jedoch ungeklärt, wie diese Signalgebungseigenschaften auf molekularer und zellulärer Ebene zum Tragen kamen oder wie sie zu komplexen Netzwerkfunktionen führten. Die wichtigste gezogene Schluss ist, dass PV+-Interneuronen als kleine Signalgeber dienen und dass mehrere molekulare und subzelluläre Spezialisierungen in Kombination zu dieser Eigenschaft führen. "Diese spezifische Beteiligung von PV+-Interneuronen in schnellen Netzwerkoszillationen zeigt, dass diese Neuronen im intakten Netzwerk in vivo schnell Signale übertragen", erklärt Jonas. Diese Ergebnisse verändern unser Verständnis von der Funktion GABAergischer Interneuronen fundamental. Langfristige Vorteile Laut Jonas könnten die Projektergebnisse auf die klinische Wissenschaft und die Medizin weitreichende Auswirkungen haben. "Wir finden immer mehr Belege dafür, dass PV+-Interneuronen nicht nur bei der physiologischen Aktivität des hippocampalen Netzwerks eine wichtige Rolle spielen, sondern dass sie anscheinend auch mehrere Hirnerkrankungen verursachen können, darunter Schizophrenie, Autismus, Epilepsie und neurodegenerative Erkrankungen", sagt er. "Somit könnten die in NANOPHYS erzielten Ergebnisse langfristig zur Entwicklung neuer Behandlungsstrategien für diese Hirnerkrankungen beitragen."
Schlüsselbegriffe
NANOPHYS, Hirnstörungen, GABAergische Interneuronen, PV+-Interneuronen