Neue Methoden enthüllen Einfluss von Chromatin auf Genexpression
Prof. Bas van Steensel, Forschungsleiter der Chromatin Genomics Group am Netherlands Cancer Institute, hatte sich für das Projekt CHROMATINPRINCIPLES zum Ziel gesetzt, dies in größerem Zusammenhang zu untersuchen.Obwohl schon viel zur Interaktion zwischen Chromatinproteinen geforscht wurde, ist noch kaum etwas zu deren Netzwerkorganisation bekannt. "Chromatin ist sehr komplex aufgebaut und besteht aus Hunderten von Proteinen. Wie diese Proteine zusammenarbeiten und verschiedene Typen von Chromatin bilden, ist aber noch wenig erforscht. Zudem müssen wir verstehen, auf welche Weise die einzelnen Chromatintypen die Genexpression kontrollieren", sagt Prof. van Steensel. So sollte das Team vor allem neue Methoden zur Analyse der Chromatin- und Genregulation entwickeln. Bisherige Untersuchungen der Forscher zu Drosophila hatten bereits einige Ergebnisse zu den wichtigsten Chromatintypen geliefert. Besonderes Interesse galt dabei einem neuen Chromatintypen, der die Genexpression unterdrückt und fast die Hälfte des Fliegengenoms ausmacht: dem so genannten schwarzen Chromatin. Seine Gene sind inaktiv, sodass man annimmt, dass dieser Chromatintyp die Genaktivität unterdrückt. Er ist meist an der Kernhülle zu finden (der Lamina des Zellkerns), was einen Einfluss auf die räumliche Organisation des Genoms nahelegt. Mit Schwerpunkt auf dem schwarzen Chromatin untersuchte die Forschergruppe grundlegende Mechanismen, die die Partitionierung des Genoms in die einzelnen Chromatintypen reguliert. Wegen technischer Probleme mit den Drosophila-Zellen mussten die Untersuchungen allerdings an einem eng verwandten Chromatintyp in Säugetierzellen durchgeführt werden, den so genannten lamina-assoziierten Domänen (LAD). "Wie beim schwarzen Chromatin von Drosophila wird auch bei den Säugetier-LADs am Rand des Zellkerns vermutet, dass sie die Genaktivität unterdrücken. Nun haben wir spannende neue Methoden entwickelt, um LADs in lebenden Zellen zu beobachten und die Kontakte von LADs genomweit in Einzelzellen darzustellen", sagt Prof. van Steensel. Die drei wichtigsten Methoden, die im Rahmen des Projekts entwickelt wurden, sind erstens TRIP, bei der ein Reportergen eingebaut wird, das genomweit lokale Chromatineffekte detektieren kann, zweitens SuRE, mit dem die Forscher einen Katalog aller Regionen im menschlichen Genom erstellen konnten, die die Genexpression außerhalb des Chromatins regulieren, und zum dritten TIDE, ein webbasiertes Tool, mit dem interessierte Forscher das Genom-Editing mit dem CRISPR-Verfahren testen können. Die Ergebnisse waren außerordentlich: "So konnten wir belegen, dass LADs tatsächlich die Genaktivität unterdrücken", sagt Prof. van Steensel. "Unsere verschiedenen Ansätze zeigten auch, dass der Kontakt zwischen LAD und Lamina hochdynamisch ist und die LADs bei jeder Zellteilung ganz neu geordnet werden. Außerdem entdeckten wir eine LAD-Untergruppe, die in fast allen Einzelzellen sehr stabil an der Lamina verankert ist und möglicherweise für die chromosomale Organisation im Zellkern wichtig ist. Schließlich fanden wir in LADs eine Chromatinmodifikation, die die Interaktion mit der Lamina fördert. "Jetzt, da das Projekt abgeschlossen ist, hofft das Team, dass die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Genregulierung und neuen Methoden von anderen Labors übernommen und weiterentwickelt werden. Inzwischen erhielt Prof. van Steensel einen weiteren ERC Advanced Grant. Damit will er nun weiter zur Interaktionen zwischen Genom und Lamina des Zellkerns forschen und zusätzliche Instrumente für umfassende Veränderungen am Genom entwickeln, um den Einfluss der DNA-Sequenz auf die Interaktion mit der Lamina zu klären.
Schlüsselbegriffe
CHROMATINPRINCIPLES, Chromatin, schwarzes Chromatin, Nukleus, DNA, Proteine, Genexpression, LAD, CRISPR, lamina-assoziierte Domänen