Vom Aufschluss-Nebenprodukt zu Hochleistungs-Biopolymeren
Im Jahr 2021 wird der Markt für hitzebeständige Polymere voraussichtlich auf 16,67 Mrd. USD steigen – ein fast 40-prozentiges Wachstum im Vergleich zu 2016. Zusammen mit dem Markt für Biopolymere, der im gleichen Zeitraum um 12% jährlich wachsen wird, und einer gesellschaftlichen Verschiebung hin zu einer Kreislaufwirtschaft entsteht die Vision eines enormen Marktpotenzials. Diese Beobachtung war wohl die größte Motivation für die Gründung des EU-finanzierten Projekts BRIGIT im August 2012. Zusammen mit 16 Partnern aus 12 Ländern zielte das Projekt darauf ab, ein kostengünstiges, umweltfreundliches, kontinuierliches Verfahren zur Herstellung von Biopolymeren aus den Zucker-Nebenprodukten des Sulfitaufschlusses zu entwickeln. Jedes Jahr werden fast eine halbe Millionen Tonnen dieser Zucker zerstört, um die Qualität von stark nachgefragten Lignosulfonaten zu verbessern. Neben der einzigartigen Verwendung dieses Abfallstroms lieferte BRIGIT eine weitere Innovation durch die Integration des Prozesses mit der bestehenden industriellen Zellstoffverarbeitung. Dies ermöglicht möglicherweise eine Verringerung des Ressourcenverbrauchs und der Treibhausgasemissionen sowie eine drastische Senkung der Betriebskosten durch den Einsatz von nicht sterilen Schritten, die Abwesenheit von intermediären diskontinuierlichen Bioreaktoren und die Vermeidung von Abfalltransport. "Unser Ziel bestand darin, aus diesem Lignozelullose-Zuckerrohstoff Polyhydroxybutyrat (PHB) und Poly-Butylen-Succinat (PBS) herzustellen. Hierzu verwenden wir einen "in-situ"-Fermentationsprozess und eine neue Technologie für Fermentationskulturen, die jegliche Beeinträchtigung der Qualität der aktuellen Lignosulfonate verhindert", erklärt Miguel Ángel Valera, Koordinator des Projekts für Aimplas, Spanien. Hightech-Produkte für die Transportindustrie Diese beiden Arten von Biopolymeren wurden aus gutem Grund ausgewählt: PHB hat gute thermische und mechanische Eigenschaften und PBS wird verwendet, um die Elastizität und Verarbeitbarkeit von PHB zu verbessern. Durch die Kombination der beiden können die BRIGIT-Partner Verbundstoffe für High-Tech-Brandschutzanwendungen, vor allem für den Verkehrsbereich, bauen. "Durch die Kombination dieser Biopolymere mit natürlichen Stoffen (Flachs, Hanf etc.) bieten wir eine Alternative zu 3D-Sandwichplatten aus Duroplasten, die mit durchgehenden Glasfasern verstärkt sind", erklärt Valera. "Die neuen Platten sind recycelbar und leichter. Sie bieten breite Verarbeitungsfenster, hohe Produktionskapazitäten (mit einem kontinuierlichen Kompressionsformverfahren) und wenig Energieinhalt (graue Energie oder embodied Energy) im Vergleich zu aktuellen Platten." Dank der Teilnahme von FIAT und SOLARIS konnten die Paneele umfangreich getestet werden und haben ähnliche mechanische Eigenschaften wie petroliumbasierte Produkte. Dennoch stellen ihr höheres Gewicht und ihre Kosten Probleme dar, die das Konsortium immer noch zu überwinden versucht: "Das erste Problem werden wir durch die Optimierung der Panelstruktur und durch die Verwendung von weniger Glasfasern lösen. Das zweite ist allerdings aufgrund der vergleichsweise niedrigen Kosten für petroliumbasierte Harze und die Notwendigkeit von preislich wettbewerbsfähigen großtechnischen Produktionsanlagen komplexer. Unsere Technologie-Bereitschaftsstufe (TRL) war zu diesem Zeitpunkt leider zu niedrig für die Marktimplementierung", sagt Valera. Neben diesen 3D-Panels identifizierten Valera und sein Team verschiedene Produkte mit hohem kommerziellen Potenzial: dazu gehören PHB- und PBS-Biopolymere, die für die Gussform-Extrusion geeignet sind, Flammschutzmittel auf der Basis von chemisch modifizierten Lignosulfonaten sowie die Herstellung von Sandwichplatten durch kontinuierliches Formpressen. Zukünftige Schritte Dennoch ist das Team immer noch zuversichtlich, dass es in den kommenden Jahren letztlich eine kostengünstige, inhibitorfreie und homogene Zuckerquelle bereitstellen werden kann, um die Zielpolymere und Additive bei wettbewerbsfähigen Kosten herzustellen. In jüngster Zeit hat das wissenschaftliche Beratungsunternehmen Daren Labs Interesse gezeigt, die Produktion von chemisch modifizierten Lignosulfonaten als Flammschutzmittel für Biopolyester und andere petroliumbasierte Kunststoffe zu skalieren. Dafür hat es eine EU-Finanzierung im Rahmen des KMU-Instruments beantragt. In der Zwischenzeit suchen andere Projektpartner im Rahmen von DEMO-Projekten nach Möglichkeiten, die TRL der Technologie zu erhöhen und die Optimierung des Fermentationsverfahrens für alternative Sulfit-Zellstoffunternehmen abzuschließen.
Schlüsselbegriffe
BRIGIT, Sulfitaufschluss, Biopolymere, Biokunststoffe, Zucker, PBS, PHB, Sandwichplatten, Flammschutzmittel