Netzanlagen intelligent einsetzen
Da die Stromerzeugung eher noch dezentraler wird, wächst kontinuierlich die Notwendigkeit, Schwankungen auf intelligente Weise zu bewältigen. Lastverläufe beschreibende Echtzeitdaten sind grundlegende Instrumente für Versorgungsunternehmen, um festzustellen, wie deren Netz funktioniert, und notwendige Anpassungen vorzunehmen, wenn zum Beispiel irgendeine Komponente überlastet ist oder die Versorgungsqualität nicht den Anforderungen der Kunden entspricht. Ohne detaillierte Daten ist es nahezu unmöglich, Probleme zu lokalisieren und deren Ursache zu ermitteln. Das EU-finanzierte Projekt IDE4L (Ideal grid for all) wurde mit dem Ziel gestartet, innovative Konzepte für das Verteilungsmanagement in Netzen zu erstellen und zu demonstrieren, in die erneuerbare Energieressourcen (Renewable Energy Resources, RES) eingebunden sind. Ein weiteres Ziel war die Verbesserung der Zuverlässigkeit traditioneller Verteilungsnetzwerke. Intelligente Stromnetzarchitektur „Die Automatisierung des Verteilungsnetzes umfasst die gesamte Kette, angefangen bei den Informationssystemen der Steuerzentralen, der Umspannwerksautomatisierung bis hin zu Hausenergie-Managementsystemen“, erklärt Professor Sami Repo von der Tampere University of Technology in Finnland, wissenschaftlicher Koordinator des Projekts. „Das von IDE4L entwickelte Automatisierungskonzept dreht sich um drei Punkte: Erstens die hierarchische und dezentralisierte Steuerung der Verteilernetzautomatisierung auf Grundlage internationaler Normen, zweitens die Virtualisierung und Aggregation dezentraler Energieressourcen (Distributed Energy Resources, DER) und letztlich drittens die großtechnische Anwendung von dezentralen Energieressourcen im aktiven Netzmanagement“, wie er hinzufügt. Kommerzielle Aggregatoren kaufen und verkaufen Energie. Sie arbeiten mit Verteilernetzbetreibern (Distribution System Operator, DSO) zusammen, um technische Auflagen in deren Betrieb zu erfüllen. Andererseits können Aggregatoren auch Flexibilitätsdienstleistungen für DSO sowie Nebendienste für Übertragungsnetzbetreiber (Transmission System Operator, TSO) bereitstellen. FLISR: Dezentrale Fehlerortung, -eingrenzung und Versorgungswiederherstellung „FLISR (Fault Location, Isolation and Supply Restoration) ist Teil der im Rahmen von IDE4L konzipierten und entwickelten Verteilerautomatisierungsinfrastruktur. Deren Grundelemente sind dezentrale intelligente elektronische Geräte (Intelligent Electronic Device, IED), die Funktionalitäten für Schutz, Logikselektivität und chronometrische Backup-Selektivität bereitstellen. IED steuern Leistungsschalter und Schalter“, erläutert Professor Repo. IEDs kommunizieren unter Einsatz der Norm IEC 61850 auf horizontale Weise mit Peers. Ineinandergreifende GOOSE-Nachrichten (Generic Object Oriented Substation Events) kommen bei der Implementierung von zweistufigen logischen und chronometrischen Selektivitätsschemata und zur Einbindung der Steuerungsfunktionen für DER zum Einsatz. Die FLISR-Lösung kann im Falle einer Störung und der Isolierung des betroffenen Gebiets in wenigen Sekunden die Zahl der Kunden verringern, die von Stromausfällen betroffen sind. Der Lastverlust kann somit kürzer als bei traditionellen Regelungen mit Logikselektivität ausfallen, bei denen Entscheidungen in der Leitstelle getroffen werden. Und nun in einer realen Betriebsumgebung Der Konzipierung, Entwicklung und Prüfung einzelner Komponenten der Architektur widmete man einiges an Arbeit, bevor Untermengen des Gesamtsystems in einer realen Betriebsumgebung getestet wurden. Tests einzelner Komponenten reichten nicht aus. In Partnerlabors prüfte man mehrere Komponenten gemeinsam, bevor man sie in die Praxis brachte. Die Versuche wurden sowohl in simulierten als auch in Prototyp-Umgebungen durchgeführt, in denen Architekturen, Algorithmen und Werkzeuge verknüpft sind. Nach der Validierung der IDE4L-Gesamtarchitektur wurden die von Partnerentwicklungslabors bereitgestellten Technologien in realen Demonstrationsszenarien angewandt. „Von drei Partner-DSO, Østkraft in Dänemark, Unareti in Italien und Union Fenosa Distribution in Spanien, wurden drei Felddemonstrationen durchgeführt“, berichtet Professor Repo. „Echtzeitüberwachung und Steuerungs-Anwendungsfälle lieferten wertvolle Informationen über das Geschehen sowie darüber, auf welche Weise negative Wechselwirkungen im Niederspannungsnetz verringert werden könnten.“ „Das IDE4L-Projekt hat außerdem vorgeschlagen, durch Definition genauerer Kundencluster und -profile die Überwachungsdaten zur Aufwertung des Netzwerkaufbaus und der Verteilungsplanung anzuwenden. Diese Angelegenheit wird in Zukunft von hohem Stellenwert sein, da sich das Kundenverhalten mit zunehmender Nutzung von RES und DER dramatisch verändert“, fasst er zusammen.
Schlüsselbegriffe
elektrische Verteilungsnetze, Stromversorgung, IDE4L, erneuerbare Energieressourcen, Konzept der dezentralen Energieressourcen, verteilte Energieressourcen