Plastikchip spürt im Wasser vorkommende Viren auf
Kommunale Abwässer enthalten eine große Menge an humanpathogenen Viren, die auch durch die allermodernsten Abwasserbehandlungen nicht vollständig entfernt werden können. Zudem sind konventionelle biologische Wasserqualitätsindikatoren sowohl zeitaufwendig als auch arbeitsintensiv und liefern keine ausreichenden Informationen über das Vorhandensein pathogener Viren. So beschäftigte sich das Projekt AQUAVIR (Portable automated water analyser for viruses) mit diesen Herausforderungen. Das aus 14 Partnern aus 8 europäischen Ländern bestehende Konsortium wollte einen Prototyp eines Virensensorsystems zur Überwachung von Rotaviren, Noroviren und Hepatitis-A-Viren in verschiedenen Arten von Wasser entwickeln, das für den menschlichen Gebrauch bestimmt ist. „Das Virenüberwachungssystem soll Viruspartikel in einer konzentrierten Wasserprobe auf Basis einer elektrischen Anzeige erkennen. Die Messdaten können dann an eine Überwachungsstation gesendet werden“, sagt Dr. Noemi Rozlosnik, Koordinator von AQUAVIR. „Das System besteht aus einer Wasserentnahme- und Filtereinheit (Water Sampling and Filtering Unit, WSFU) und einem Konzentrations- und Messsystem (Concentration and Measuring System, CMS), das eine Viruskonzentrationseinheit (Virus Concentration Unit, VCU) und eine Virenerkennungseinheit (Virus Detection Unit, VDU) beinhaltet.“ Mittels der WSFU werden die Wasserproben gesammelt und durch ein Grobfilter zur Entfernung von Partikeln und dann durch Glaswolle geleitet. Dann wird ein Elutionspuffer eingesetzt, um die Viren aus der Glaswolle zurückzugewinnen, und die gesammelte Probe zur weiteren Verarbeitung gelagert. Inzwischen wird das CMS dazu verwendet, um die Viruskonzentration in der flüssigen Probe weiter zu erhöhen, so dass die Nachweisgrenze des Systems verbessert wird. Die anvisierten Viren werden mit Hilfe eines preiswerten Einweg-Plastikchips präzise nachgewiesen. Innerhalb des Sensorchips werden mehrere Elektrodensätze einer flüssigen Probe ausgesetzt. Die Elektroden sind mit den spezifischen Erkennungsmolekülen (Aptameren) funktionalisiert, die eine starke Affinität zu den Krankheitserregern aufweisen, die sie aufspüren. „Das Erkennungsmolekül, das Aptamer, ist eine kurze Oligonukleotidsequenz (einzelsträngige DNA) mit ähnlicher Funktion wie ein Antikörper, während der Nachweis der angezielten Pathogene auf der elektrischen Messung beruht. So ist es möglich, auf den verschiedenen Elektroden verschiedene Analyten gleichzeitig zu detektieren“, erklärt Dr. Rozlosnik. Zu den Resultaten von AQUAVIR zählen der Machbarkeitsnachweis für die Konzentration von Viruspartikeln aus einer Wasserprobe unter Einsatz eines Mikrofluidikchips und der Nachweis von Noroviren in Rohwasser, Oberflächenwasser und Abwässern. Ein weiteres Ergebnis ist die Massenproduktion von Einweg-Vollplastikchips zum Nachweis von Krankheitserregern. Mit der Entwicklung eines leicht zu bedienenden tragbaren Mehrfachsensors mit preiswerten Chips wird man dazu beitragen, die Kosten der Überwachung von viralen Pathogenen zu senken. Zudem wird man die Normung von in Wasser vorliegenden Virenkontaminationsgraden ermöglichen, da aus der elektrischen Anzeige quantitative Ergebnisse abzulesen sind, die einen routinemäßigen Virustest darstellen. Den größten potentiellen Markt für das AQUAVIR-Virenerkennungssystem stellt die Wasserwirtschaft dar. Weitere Endnutzer sind Umweltaufsichtsbehörden und Direktorate der Wasserwirtschaft, die vom Einsatz des Virussensors bei der regelmäßigen Überwachung gemäß EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL; Water Framework Directive, WFD) profitieren würden. Überdies können Endnutzer Datenbanken erstellen oder die existierenden um den virologischen Zustand von Gewässern ergänzen oder auch die Rohwasserressourcen vor und nach der Anwendung von Wasseraufbereitungstechnologien überprüfen. Besonderes Interesse daran haben der Agrar- und Lebensmittelsektor, Brauereien und die Milchindustrie.
Schlüsselbegriffe
Wasserqualität, pathogene Viren, AQUAVIR, Aptamere, elektrischer Nachweis, elektrische Erkennung