Auswirkung von Maßnahmen gegen die Radikalisierung auf den Multikulturalismus in Europa
Medien und Politiker in europäischen Ländern haben das "Ende" des Multikulturalismus bekannt gegeben. Der Hauptgrund, so argumentieren sie, ist die Notwendigkeit, gegen "hausgemachten Terrorismus" vorzugehen, eine Gefahr, die aus Ghettoisierung und ethnischen und religiöser Abgrenzung resultiert. Maßnahmen gegen Radikalisierung, die seit Mitte der 2000er Jahre in den europäischen Ländern entwickelt wurden, konzentrierten sich daher auf den sozialen Zusammenhalt und die Belastbarkeit der Gemeinschaft. Untersuchungen zeigen jedoch, dass sie entgegengesetzte Wirkungen erzeugen. Das EU-finanzierte Projekt COUNTERADICAL (Security and the politics of belonging: Homegrown terrorism, counter-radicalisation and the 'end' of multiculturalism?) argumentierte, dass derzeitige Strategien zur Terrorismusbekämpfung die europäischen Gesellschaften entlang ethnischer und religiöser Linien zunehmend polarisieren. Aufbauend auf der vorhandenen Literatur und anhand eines Vergleichs zwischen Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden erforschte das Projekt die Hypothese, dass Maßnahmen gegen die Radikalisierung keine Rückkehr zur Assimilationspolitik markieren. Hierfür wurden Diskussionen und gesellschaftlich Haltungen dargestellt, um zu verstehen, wie auf Gemeinschaften und ethnische Gruppen zielende Maßnahmen gegen die Radikalisierung sich entwickelt haben und weiterhin gepflegt werden. Maßnahmen gegen die Radikalisierung wie Überwachung, ethnisches und Risiko-Profiling, biometrische Identifizierung und Nachbarschaftspolizei wurden mittels Interviews, Fokusgruppen und ethnographische Beobachtung analysiert. COUNTERADICAL befasste sich mit Fragen rund um den Widerspruch zwischen Politik und Medien und Maßnahmen gegen Radikalisierung und damit, wie diese Praktiken wiederum in Bezug auf Vielfalt und Bürgerfragen wirken. Auch die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die Zielgruppen wurden untersucht. Das Projekt fand heraus, dass, obwohl sich Politiker Stimmengewinne aus einer Befürwortung der Assimilation erhoffen könnten, teilen Sicherheitsexperten diese Haltung nicht, die ein immer höheres Maß an Autonomie und Legitimität genießen. Die Forschung hat gezeigt, dass Methoden und Techniken für Maßnahmen gegen die Radikalisierung durch die routinemäßige Ausrichtung entlang ethnischer und religiöser Linien solche Praktiken verstärken. Statt Assimilation zu fördern schaffen und stärken Maßnahmen gegen die Radikalisierung einen Teil der Gesellschaft zu einzelnen ethno-religiösen Gruppen.
Schlüsselbegriffe
Radikalisierung, Terrorismus, Multikulturalismus, Staatsbürgerschaft, Assimilation