Intelligente und sensible Überwachung von Demenzpatienten
Da sich weltweit die durchschnittliche Lebenserwartung verlängert, nimmt auch die Zahl der Demenzkranken zu. Obwohl eine dauerhafte Heilung noch nicht in Sicht ist, gleichen integrierte persönliche Gesundheitsunterstützungssysteme Verhalten und medizinische Daten ab, damit Patienten mit dieser Erkrankung rundum versorgt werden können. Das EU-finanzierte Projekt DEM@CARE entwickelte einen Rückkopplungsprozess (Closed-Loop) für Menschen mit beginnender oder leicht fortgeschrittener Demenz zur multiparametrischen Fernüberwachung und individuellen Analyse von physiologischen Daten, Verhalten und Lebensweise. "Die innovativen Methoden zur Datenanalyse und Entscheidungsfindung, die DEM@CARE bietet, können Subjektivität bei aktuellen klinischen Diagnosen minimieren." Projektkoordinator Dr. Yiannis Kompatsiaris, Leiter des Analyselabors für Multimedia, Daten und Soziale Medien am Zentrum für Forschung und Technologie in Hellas, Griechenland, erklärt: "Damit steht eine automatisierte objektive Lösung zur Verfügung, um Autonomie bei Alltagsaktivitäten sowohl im Krankenhaus als auch zu Hause einzuschätzen." Drei Einsatzszenarien Die DEM@CARE-Lösung wurde auf drei spezifische Szenarien zugeschnitten. Zum ersten beurteilt Dem@Lab die Gedächtnisleistung des Patienten. In Pilotenversuchen in Frankreich und Griechenland, hatte Dem@Lab bereits unter Beweis gestellt, dass durch Echtzeitüberwachung eine beginnende Demenz oder leichte kognitive Beeinträchtigung (MCI) zuverlässiger und eher diagnostiziert werden kann. Wichtig für das Follow-up ist, dass eine Alzheimer-Demenz (AD) mit 82 %iger Zuverlässigkeit diagnostiziert werden und somit ermittelt werden kann, ob der Patient gesund ist oder an MCI bzw. AD leidet. Zweitens verbessert Dem@Care die medizinische Versorgung in Pflegeheimen, indem Verhaltensmuster und Symptome überwacht werden, was bereits in zwei Pflegeheimen erfolgreich belegt wurde. Schließlich kann Dem@Home die Eigenständigkeit von Demenzpatienten verbessern, die zu Hause leben, da das System individualisierte nicht-pharmazeutische Interventionen überwachen kann. Neue Technologien für die Integration Die multisensorische Umgebungsüberwachung registriert Schlafverhalten, Gerätenutzung und Umgebungsfaktoren sowie Verhaltens- und Lebensweise im Alltag. Speziell entwickelte optische Sensoren registrieren komplexe Aktivitäten über fest installierte und mobile Kameras, die Ereignisse und Bewegungen von Menschen in Echtzeit erkennen können. "Eine wichtige Ergänzung ist intelligentes maschinelles Lernen und eine dynamische Modellanpassung, um Verhaltensänderungen zu berücksichtigen", wie Dr. Kompatsiaris ausführt. "So werden etwa über modernste akustische Sensoren zahlreiche quantitative Daten zum Verhalten und mentalen bzw. emotionalen Zuständen des Patienten erfasst." Integrierte Datennetze für Klinikärzte, Patienten und Pflegepersonal Durch objektive Überwachung liefern die Systemdaten von DEM@CARE Klinikärzten Aufschluss über den Gesundheitszustand des Demenzpatienten und warnen vor ungünstigen Entwicklungen, um schneller eingreifen zu können. Parallel dazu gewährleistet eine Rückkopplungsschleife mit Demenzpatient und pflegenden Angehörigen eine personalisierte unterstützende Rückmeldung vom behandelnden Arzt. Dann werden die Informationen in intelligenter, sensibler Art und Weise präsentiert. Zum Beispiel erhält der Nutzer eher Daten zur gesamten Schlafmenge als zu Qualität und Schlafstörungen, was Stress und Vertrauensverlust vermeidet. Das Bedienfeld für den Patienten unterstützt auch einfache Funktionen wie Nachrichtenaustausch mit dem Betreuer, etwa bei der Terminplanung. Kommerzielle Möglichkeiten Für jedes Forschungsfeld, an dem DEM@CARE mitarbeitet, stehen mehrere Möglichkeiten der Markteinführung bereit. Das in den Vereinigten Staaten ansässige Unternehmen IBM Watson Health, Experte für "intelligentes" Lernen bei medizinischen Computern, setzt bereits Technologien ein, die im Rahmen des Projekts entwickelt wurden. Auch Carealia, das an intelligenten Sensoren für Demenzkranke forscht, verwendet die Entwicklungen von DEM@CARE. Andere Unternehmen wie Second Regard nutzen Techniken zur Videoanalyse, und Sensorizon entwickelt Lösungen für Pflegeheime gegen Schlafstörungen und Stress als Symptome von AD. Dr. Kompatsiaris fasst die Leistungen des Projekts zusammen: "Die integrierte Plattform DEM@CARE hat den technischen Stand beim umgebungsunterstützten Leben (Ambient Assisted Living) insgesamt vorangebracht und kommt nun sowohl Medizinern als auch Menschen mit beginnender Demenz zugute. Im Vergleich zu anderen aktuellen High-Tech-Ansätzen wird mehr als ein Sensor pro Modalität genutzt, und Analytik und Auswertung werden mit intelligenten Schnittstellen verknüpft, um persönliche und wichtige klinische Daten zusammenzuführen."
Schlüsselbegriffe
DEM@CARE, Demenz, E-Health, mHealth, tragbare Sensoren, AAL, Umgebungsunterstütztes Leben, MCI, Alzheimer