Biokatalysatoren für umweltfreundlichere Chemikalien
Die Katalyse spielt in der chemischen Industrie eine bedeutende Rolle. Bei den meisten industriell hergestellten chemischen Stoffen verwendet man Katalysatoren, um das industrielle Oxidationsverfahren zu beschleunigen oder in Gang zu bringen. Chemische Oxidationen bringen jedoch oft unerwünschte Umweltauswirkungen mit sich, da schädliche Lösungsmittel oder giftige Verbindungen zum Einsatz kommen. Oxidierende Materialien bergen außerdem die Gefahr einer Explosion oder einer stark exothermen Reaktion. Das EU-finanzierte Projekt BIOOX, an dem elf Partner von führenden europäischen Unternehmen und Universitäten beteiligt waren, befasste sich mit der Notwendigkeit der Entwicklung neuer, ökologisch effizienter und sichererer Fertigungsprozesse für die chemische Industrie und die Endverbraucher. Katalysatoren aus lebenden Organismen Mit Hilfe von biologischen Verfahren sind die gefährliche Natur der heute üblichen chemischen Oxidationsverfahren und die mit ihnen verbundenen starken Auswirkungen auf die Umwelt in den Griff zu bekommen. Dank der Nutzung chemischer Reaktionen, die in den Zellen lebender Organismen stattfinden, kann ein sichererer und umweltfreundlicherer Weg der Herstellung von chemischen Stoffen gegangen werden, der qualitativ hochwertige, saubere Industrieprodukte liefert. „In den aeroben biokatalytischen Oxidationsreaktionen steckt derzeit das größte Potenzial, zukünftig Eingang in die industrielle Biotechnologie Europas zu finden“, betont Professor John Whittall. Die Biokatalyse gilt seit langem als ein umweltfreundliches, energetisch günstiges und sicheres Verfahren für oxidative Transformationen, die Grundlage aller aeroben Lebensformen sind. „Jedoch sind“, wie Prof. Whittall erklärt, „die Biokatalysereaktionen bei den chemischen Herstellungsverfahren wegen mangelnder verfügbarer robuster und selektiver oxidativer Enzyme nicht sehr stark verbreitet.“ Die größte Herausforderung besteht darin, dass die oxidierende Umgebung schädlich auf die Enzyme einwirkt. Hauptziel von BIOOX war deshalb die Entwicklung von robusten Enzymen mit ausreichender Aktivität, die zu angemessenen Kosten hergestellt werden können. Projektfortschritte Biooxidationen sind durch relativ milde Reaktionsbedingungen und vorzügliche Selektivität gekennzeichnet, wobei oft Umwandlungen von Vorläufern realisiert werden, die auf dem Wege der traditionellen Chemie nur schwer zu erzeugen sind. Die Projektarbeit war darauf ausgerichtet, im Vergleich zum Stand der Technik zukunftsweisende Werkzeuge zum Herstellen von Enzymen zu entwickeln, die Alkohole synthetisieren und oxidieren können. Neue fortgeschrittene Instrumente der Bioinformatik ermöglichten den Forschern die Untersuchung der Aktivität eines breiten Spektrums verschiedener Biokatalysatoren, auch von Oxidasen und Cytochromen P450. Nach der Auswahl diverser Enzyme mit prognostizierten Eigenschaften entwickelte man bei BIOOX ein modernes Verfahren, den sogenannten „Fermenter im Kolben“, um die günstigsten Enzymaktivitäten zu verbessern und deren Ausbeute durch technisch veränderte Bakterienstämme zu erhöhen. Den Forschern gelang nachweislich die Synthese von hydroxylierten Fettsäuren, Alkenen und oxyfunktionalisierten Terpenen über Cytochrom-P450-Enzyme. Unter Einsatz von Alkohol-Oxidase-Enzymen stellten sie außerdem hohe Ausbeuten an Aldehyden her. In der Folgezeit experimentierte das Team mit hochentwickelten Fermentationsverfahren, um die gewünschten Enzyme zu vernünftigen Kosten herstellen zu können. Das Konsortium hat überdies die neu entwickelten Reaktoren – sowohl für den chargenweisen als auch den kontinuierlichen Betrieb – zum Zweck der Bewertung durch die Industriepartner aufskaliert. Im Allgemeinen hat BIOOX neue Einblicke in die Enzyme und Verfahren verschafft, die zur Entwicklung neuer industrieller Biooxidationsreaktionen gebraucht werden. „Schwerpunkt war, Oxidationsreaktionen zur Herstellung von chemischen Stoffen im industriellen Maßstab zu günstigen Kosten durchzuführen und das Vertrauen der Anwender darin zu stärken, dass die Biokatalyse keine akademische Spinnerei ist, sondern zu einem Werkzeug für den Einsatz in einer ganzen Anzahl von Bereichen umgewandelt werden kann“, bekräftigt Prof. Whittall. Zu den Errungenschaften des Projekts zählen Technologien für Anwendungen auf verschiedenen Märkten, beispielsweise für chemische Stoffe und Zwischenprodukte, Biopolymere, Konsumgüter sowie Aromen und Duftstoffe. Die von BIOOX erzielten Fortschritte sollten dazu beitragen, dass die Biokatalyse in der Biotechnologieindustrie als eine Routinetechnik angenommen wird, und außerdem die europäische wissensbasierte Bioökonomie unterstützen.
Schlüsselbegriffe
BIOOX, Enzyme, Biokatalysatoren, Biokatalyse, chemische Oxidation, Biooxidation