Schnittstelle zwischen Gehirn und Rückenmark soll Gehfunktion wiederherstellen
Eine schwere Rückenmarksverletzung zerstört abrupt die Verbindung zwischen zentralem Nervensystems und wichtigen Körperfunktionen. Eine kürzlich abgeschlossene Studie sollte nun eine neuroprothetische Plattform für die selektive elektrische Stimulation des Rückenmarks (ESCS) entwickeln, die durch die Bewegungsabsichten des Patienten gesteuert wird. So stellte das EU-finanzierte Projekt E-WALK (Spinal cord rehabilitation enhanced by the use of data-driven and dynamic cortical state models) eine Möglichkeit vor, mit der Handlungsabsichten in tatsächliche Bewegungen umgewandelt werden können. Die Arbeitsgruppe entwarf, konstruierte und bewertete die erste BSI bei nicht-menschlichen Primaten für die Modulation lokomotorischer Schaltkreise durch gehirngesteuerte epidurale und elektrische Stimulation. Bei drei Rhesusaffen wurden ein Mikroelektroden-Array im Cortex, ein mehrkanaliges Elektromyogrammsystem (EMG) und ein Multielektroden-ESCS-Array im Epiduralraum über dem Lendenabschnitt des Rückenmarks implantiert. Die Implantate wurden mit Modulen für die Funkübertragung von Daten ausgestattet, die die gleichzeitige Aufnahme von über Breitband übertragenen neuronalen Daten und Hi-Fi-EMG-Signalen ermöglicht. Anhand der aufgezeichneten, synchronisierten und digitalisierten EMG sowie neuronalen Signale sollten die Schrittaktionen vorhergesagt und entsprechende Stimulationsprotokolle initiiert werden. Dies geschieht, indem in Echtzeit ein linearer Diskriminanzanalyse-Algorithmus die Schritte (Foot Off und Foot Strike) vorhersagt. Der auf dem Rücken des Affen angebrachte Stimulationsgeber empfängt die Signale über Bluetooth und leitet sie an den implantierten Stimulator über Infrarotverbindung weiter. Der Stimulator übermittelt die Impulse an das ESCS-Array und stimuliert das Rückenmark, was wiederum das Beugungs- oder Streckungssignal für das rechte Bein verstärkt. Eine solche synchrone phasenweise Stimulation bewirkt eine erhöhte Muskelaktivität während des Ausholens und Stabilisierens beim Gehen. Das Verfahren verbesserte die Bewegungsfähigkeit, ohne die natürliche rhythmische Bewegungsabfolge zu stören. Die gesamte Verzögerungszeit zwischen Vorhersage und Stimulation wurde auf 192 ms geschätzt. Die Ergebnisse werden die Entwicklung von ESCS-Neuroprothesen zur funktionellen Wiederherstellung nach einer Lähmung erheblich voranbringen.
Schlüsselbegriffe
Gehirn-Rückenmarks-Schnittstelle, Rückenmarksverletzung, neuroprothetisch, Rehabilitation, kortikaler Zustand