EUBCE 2019 wirft die Frage auf: Welche Rolle spielt Biomasse für die Erreichung der Nachhaltigkeits- und Klimaziele?
Im November 2018 rief die Europäische Kommission ihre Vision für „eine wohlhabende, moderne, wettbewerbsfähige und klimaneutrale Wirtschaft bis 2050“ ins Leben. Die dazugehörige Strategie betont den Bedarf für ein Portfolio technologischer Lösungen, die auf Forschung und Investitionen gründen und von politischen Maßnahmen sowie bürgerschaftlichem Engagement flankiert werden. Die Vision passt zum Ziel des 2015 verabschiedeten Pariser Übereinkommens, den globalen Temperaturanstieg deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber vorindustriellem Niveau Nachhaltigkeitsziele zu halten. Aus Biomasse (wie z. B. landwirtschaftlichem oder organischem Abfall) produzierte Bioenergie eröffnet eine wichtigen Möglichkeit hin zu einer klimaneutralen Zukunft. Die EUBCE stellte ein einzigartiges Forum für die 1 500 Vertreter aus fast 80 Ländern dar, um Kenntnisse und Fachwissen auszutauschen und sich mit dem diesjährigen Thema auseinanderzusetzen: „Die Rolle der Biomasse für die Erreichung der Pariser Ziele und die Unterstützung der Nachhaltigkeitsziele.“ Prof. Maria da Graça Carvalho von der Generaldirektion Forschung und Innovation der Europäischen Kommission (GD Forschung und Innovation) fungierte als Vorsitzende der Veranstaltung und das fachliche Programme wurde von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission koordiniert. Da nicht ausreichend Platz zur Verfügung stand, um der Fülle an Inhalten gerecht zu werden, die durch Posterpräsentationen, Workshops und über 43 Aussteller angeboten wurden, lieferten zwei Plenarsitzungen eine einzigartige Momentaufnahme der wichtigsten Themen, die über die vier Tage ergründet worden waren. Fortschritte in Richtung Dekarbonisierung In einem Kontext, in dem Biomasse als die erneuerbare Quelle mit dem größten Potenzial auserkoren wurde, diskutierten Diskussionsteilnehmer am 28. Mai im Rahmen einer komprimierten Plenarsitzung über technologische Fortschritte in Richtung dekarbonisierter Energiesysteme. Ingwald Obernberger von Bios Bioenergiesysteme in Österreich eröffnete die Sitzung, indem er Maßnahmen zur Skalierung der Biomasseverbrennung für Bioenergie skizziert hat. Er wies darauf hin, dass die Umwandlung fester Biomasse in der Europäischen Union 70 % des Bioenergieverbrauchs und 6 % des gesamten EU-Energieverbrauchs ausmache. Ein vorgestellter Fortschritt in der Skalierung der Produktion war die erweiterte Brennstoffflexibilität, welche die Verwendung mehrerer Brennstoffe wie z. B. Holzabfall und landwirtschaftlichem Abfall in einzelnen Anlagen ermögliche. Dieser Fortschritt wird von Mechanismen hinsichtlich Emissionsfreiheit und Wärmerückgewinnung für mehr Anlageeffizienz begleitet. Während der Sitzung erwähnten mehrere Diskussionsteilnehmer, dass klare, langfristige Anreize im Bioenergiesektor erforderlich seien, um parallel zu europaweiten politischen Maßnahmen zu Forschung und Investitionen zu ermutigen. Es wurde ferner darauf hingewiesen, dass Biomasse als Ergänzung für alternative erneuerbare Energien (hierbei wurde häufig Wasserstoff erwähnt) betrachtet werden solle, wenn die EU ihr Ziel für erneuerbare Energie (RED 2), bis 2030 einen Anteil von mindestens 32 % zu erreichen, schaffen wolle. Der biobasierte Übergang In der Plenarsitzung am Mittwochmorgen (29. Mai) wurde der Industrie die Möglichkeit gegeben, sich zu äußern. Vertreter eröffneten hierbei Perspektiven zur Erreichung der Nachhaltigkeits- und Klimaziele. Kees Kwant von der niederländischen Enterprise Agency des Wirtschaftsministeriums steckte den Rahmen ab, indem er verdeutlichte, dass der Bioenergieverbrauch zum Erreichen des 2-Grad-Ziels des Pariser Übereinkommens bis 2060 um das Vierfache ansteigen müsse. Er wies darauf hin, dass das Problem, ungeachtet eines vorhandenen Bioenergiefahrplans, unzulängliche Konsequenz sei, die aus einem Mangel an nachhaltigen Rohstoffen und öffentlichem Vertrauen resultiere. Im Hinblick auf die Rolle der Märkte gab er vier Empfehlungen. Erstens, wieder einen neuen Sinn für die Dringlichkeit zu entwickeln. Zweitens, nachhaltige Lösungen anzuwenden, die aus Bestandteilen wie der Schaffung von Arbeitsplätzen und ländlicher Entwicklung bestehen. Drittens, die industrielle Anwendung integrierter Lösungen wie z. B. Bioraffinerien, welche Abfälle verwerten. Und Viertens, die Schaffung der richtigen Betriebsumgebung durch Regierungen. Dolf Gielen, Leiter des IRENA Innovations- und Technologiezentrums in Bonn sagte, dass das Bioenergiewachstum zum Stillstand käme. Er veranschaulichte dies daran, dass im Biokraftstoffbereich ein Anstieg um das Fünffache erforderlich sei, um die Klimaziele zu erreichen. Dessen ungeachtet seien die Investitionen seit dem Höchststand vor einem Jahrzehnt tatsächlich gesunken, wobei die Industrie auf die bekannten Hindernisse – einen fehlenden politischen Rahmen und den Rohstoffpreis – hinwies. Im Themenbereich Flugzeugtreibstoff war es besonders interessant, von der ersten dedizierten europäischen Produktionsanlage für nachhaltigen Brennstoff in den Niederlanden zu erfahren, die 2022 fertiggestellt sein soll. Um die Sitzung abzurunden, bekräftigten Diskussionsteilnehmer, dass neue Technologien wie z. B. Satelliten zwar die Bemühungen unterstützen, jedoch nicht eine einzige Technologie die Wende bringen würde. Es wurde zudem vorgetragen, dass politische Maßnahmen, die verwandten Sachverhalten wie z. B. Bodennutzung und Biodiversität gewidmet sind, effektiver abgestimmt werden müssten. Im Anschluss an eine Diskussion über die Schwierigkeiten, sich auf einen weiteren Weg festzulegen, hatte der stellvertretende Vorsitzende André Faaij, Wissenschaftlicher Leiter, ECN (Teil von TNO), die Niederlande, das letzte Wort. Er erklärte: „Wenn die Politik eine Schippe draufpackt, gibt es im gesamten biobasierten Portfolio eine große Gelegenheit … die Forschungsgemeinde, Industrie, Unternehmer möchten es versuchen.“ Nach handfesten Fakten lag es nun an den Teilnehmern, diese „große Möglichkeit“ durch das Spektrum pragmatischer und inspirierender Lösungen, die auf der gesamten EUBCE-Ausstellungsfläche präsentiert wurden, weiter zu erforschen. Weitere Informationen: Veranstaltungsseite
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