Ausgestaltung der ethischen Ausrichtung des HBP nützt allen
Da sich das Human Brain Project (HBP) der ethischen Fragen bewusst ist, die aus Forschungsmethoden, Ergebnissen und möglichen Anwendungen an der Schnittstelle von Neurowissenschaft und Technologie entstehen, hat es ein eigenes Programm für verantwortungsvolle Forschung und Innovation (RRI) geschaffen. Externe Interessengruppen, einschließlich der Bürgerinnen und Bürger, wurden in das RRI-Programm einbezogen, das spezifische Konsequenzen aus der Forschung untersucht und gleichzeitig weiterhin traditionelle ethische Probleme rund um Themen wie Tier- und Menschenversuche betrachtet. Diese Arbeiten leisten einen Beitrag zur Steuerung des gesamten HBP, zum Beispiel durch die Entwicklung von einheitlichen Arbeitsanweisungen. Außerdem ist es dafür verantwortlich, dass ethische Probleme über formelle und informelle Kanäle, wie auch einen unabhängigen Ethikbeirat (EAB), ermittelt, angesprochen und entsprechend gelöst werden können. Ethik ohne Grenzen Fast alle Aspekte der meisten Forschungsprojekte kommen mit ethischen Fragen in Berührung, aber der Maßstab und der Anspruch des HBP betonen die ethischen Implikationen umso stärker. Die Datenführung beispielsweise oder die Frage, welche Daten von wem zu welchem Zweck verwendet werden dürfen, erzeugen ein breites Spektrum von rechtlichen und auch ethischen Problemen. Da im HBP Daten über Ländergrenzen hinweg ausgetauscht werden, kommt hier noch eine weitere Komplexitätsebene hinzu. Als Reaktion darauf hat das Forschungsprogramm „Ethik und Gesellschaft“ unter Leitung von Prof. Kathinka Evers eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die alle politischen Vorgaben und Verordnungen mit Bezug zum Thema Daten zusammenträgt. „Das ist ein umfangreiches und vielschichtiges Problem, das alle großen, datenintensiven Projekte gemeinsam haben. Unsere Arbeit in diesem Bereich ist zukunftsträchtig und könnte beeinflussen, wie eine solche internationale Zusammenarbeit zukünftig aussehen wird“, so der Ethik-Direktor bei HBP, Prof. Bernd Stahl. In einem anderen wichtigen Arbeitsbereich geht es um die Einhaltung politischer Vorgaben und Verordnungen. In einigen Fällen setzen bestehende EU-Verordnungen einen festen Rahmen. „Bei der biomedizinischen Forschung sind die Regelungen der EU in Sachen Tierschutz und auch ihre Durchführung fest etabliert“, so Prof. Stahl. „In anderen weniger definierten Forschungsbereichen übernimmt die EU klar die Funktion, eine breitere gesellschaftliche Debatte anzustoßen.“ So ein Bereich ist beispielsweise die künstliche Intelligenz (KI). Die neuromorphe Forschung im HBP könnte zwar der Schlüssel zur Entwicklung besserer KI sein, doch wenn immer stärkere KI auf den Markt kommt, könnte sich das gesellschaftlich als problematisch erweisen. Allein auf dem Arbeitsmarkt hätte sie das Potenzial, in einigen Branchen Arbeitslosigkeit zu erzeugen sowie gleichzeitig Diskriminierung und Vorurteile am Arbeitsplatz zu verstärken. Das Programm „Ethik und Gesellschaft“ leistet mit seinen eigenen öffentlichen Aktivitäten unter Federführung des dänischen Technologierats einen Beitrag zu diesem gesellschaftlichen Diskurs. Das Programm führt außerdem empirische Studien in Form von Befragungen, Umfragen und Aufgaben zur öffentlichen Einbindung durch. Die praktische und die philosophische Sicht Die Forschung aus dem HBP wird in vielfältiger Weise den Naturwissenschaften, IKT und Medizin, mit wichtigen Folgen für die Bürgerinnen und Bürger, zugutekommen. Neuartige Technologien auf Basis von Neurowissenschaften, wie neuromorphe Datenverarbeitung und Neurorobotik, könnten die körperlichen und kognitiven Fähigkeiten der Menschen grundlegend verändern. Die größte, aber auch problematischste Auswirkung könnte sich daraus ergeben, dass bessere Möglichkeiten für Verständnis, Diagnose und Behandlung von Hirnerkrankungen entwickelt werden. Auf eher philosophischer Ebene könnte ein tieferes Verständnis für das Gehirn beeinflussen, wie wir über uns selbst nachdenken, was tief in soziale Strukturen und Beziehungen eingreift. Wir werden vorgewarnt, dass diese Auswirkungen wahrscheinlich positiv und negativ sein werden, das heißt aber auch, dass die richtigen Leute zur richtigen Zeit die richtigen Fragen stellen können. Doch, Prof. Stahl zufolge gibt es „in den meisten Fällen nicht die eine einfache Antwort auf ethische Fragen und es gibt keinen übergeordneten ethischen Schiedsrichter. Wir wollen offene, inklusive und transparente Kommunikation, damit ein Konsens darüber entsteht, wie wir am besten weiter vorankommen können.“
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