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Inhalt archiviert am 2023-04-13

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Virtuelle Gehirnmodelle treffen auf echte und simulierte Roboterkörper

Das Gehirn ist vor allem deswegen so leistungsstark, weil es vom Wechselspiel zwischen dem Körper, den es kontrolliert, und der Außenwelt lernen kann. Forschungsarbeiten der Neurorobotik bieten die einmalige Gelegenheit, die Funktionsweise dieser Wahrnehmungs-Handlungs-Schnittstelle zu verstehen und mit diesem Wissen die nächste Generation der Robotersysteme zu bauen.

Die Neurorobotik-Plattform (NRP) des HBP ist ein Instrumentensatz, um die Verbindung von Gehirn und Körper zusammen simulieren zu können („Verkörperung“). Sie unterstützt virtuelle Experimente in physikalisch realistisch simulierten Umgebungen, mit denen Neurowissenschaftler die funktionelle Leistung von Hirnmodellen im Kontext von Verhaltensaufgaben bewerten und damit iterativ miteinander vergleichen oder verfeinern können. Somit stehen Forschern neue Instrumente zur Verfügung, um Themen wie die neuronale Steuerung von Bewegung oder Lernmechanismen im Kontext der Interaktion mit der Umwelt zu untersuchen. Die in diesen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse werden die Gestaltung von zukünftigen Robotern wohl grundlegend verändern. Struktur, Funktion und Dynamik des Gehirns besser verstehen Für die verkörperte Simulation muss im ersten Schritt eine zu lösende Aufgabe definiert und der relevante Aufbau der virtuellen Umgebung sowie des Roboters festgelegt werden. Danach wird eine Steuerungsarchitektur (Gehirn) für die Simulation, parallel zu den relevanten Lernparadigmen und experimentellen Szenarien, ausgewählt. Die NRP begleitet den Nutzer bei jedem Prozessschritt. In den iterativen Experimenten bekommen die Neurowissenschaftler dann die einmalige Gelegenheit, das Verhältnis von Struktur, Funktion und neuronaler Dynamik des Gehirns zueinander in bestimmten Verhaltenskontexten zu erforschen. Einige HBP Partner untersuchen beispielsweise gemeinsam wie Augenbewegung, visuelle Verarbeitung und geschickte motorische Steuerung bei Aufgaben zusammenspielen, bei denen nach sich bewegenden Gegenständen gegriffen werden soll. Andere erstellen eine virtuelle Maus für die NRP mit detailgenauem Bewegungssystem; Ziel ist es hierbei, ein virtuelles Modell aufzubauen, das seinem biologischem Gegenstück so nah wie möglich kommt, damit einige Tierversuche virtuell reproduziert und durchgeführt werden können. Diese Fortschritte könnten die Wissenschaft der Medizin irgendwann stark voranbringen. Mitglieder des HBP modellieren zum Beispiel die neuronalen Schaltkreise des Rückenmarks und simulieren sie, um zu verstehen wie Rückenmarksstimulation optimiert und/oder personalisiert werden kann. Eines der Kernziele ist, Patienten mit Rückenmarksverletzungen zumindest in Teilen wieder zur Fähigkeit zur Fortbewegung zu verhelfen. Entwicklungen aus der Neurorobotik könnten hier von unschätzbarem Wert sein. Bessere Roboter bauen Andere Experimente wollen das Geheimnis der biologischen Prozesse lüften, mit denen das Gehirn Verhalten an sich ändernde Umweltbedingungen anpassen kann. Dann hätten die Forscher das nötige Handwerkszeug, um bessere Roboter zu bauen, denn sie könnten deren Effektivität in Bereichen steigern, die momentan noch nicht sehr ausgereift sind, wie zum Beispiel bei der Situationserkennung. Außerdem bietet die NRP alle nötigen Simulationswerkzeuge, um Robotersysteme für die Simulation zu trainieren: das minimiert nicht nur das Schadensrisiko für teure Hardware, sondern ermöglicht auch den Einsatz von massiv-parallelen Trainingsalgorithmen. „Dank Hochleistungsrechnern wird sich die Zeit für das Training der Robotersysteme deutlich reduzieren. Durch den Bau virtueller Prototypen von Roboterplattformen sollten außerdem die Entwicklungskosten sinken und besser gestaltete, robustere Produkte entstehen“, sagt Prof. Dr. Alois Knoll, der Projektleiter für die NRP. Einige HBP-Partner untersuchen gerade, ob sich hirnähnliche kognitive Architekturen als Steuerungssysteme für Roboterarme in der Industrie eignen würden, die in kollaborativen Szenarien eingesetzt werden (sog. Cobots). Sie weiten diese Forschungsarbeiten auch auf mechanisch konforme Roboter aus, die dort, wo Roboter in der Nähe von Menschen arbeiten müssen, für Auslegungssicherheit sorgen könnten, zum Beispiel in Fabriken. Die NRP ist öffentlich und steht Forschern im Internet zur Verfügung, die ihre Gehirnmodelle testen oder den hirnähnlichen Roboter der Zukunft bauen wollen. „Die Virtualisierung der Neurowissenschaft ist der natürliche nächste Schritt, bei dem nur die Rechenleistung die Grenzen vorgibt. Oder anders gesagt: dem sind keine Grenzen gesetzt!“, so Prof. Dr. Knoll abschließend.

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