Wie sich die kollektive Leistung von Mini-Robotern nutzen lässt, um von der Natur inspirierte Muster zu schaffen
Stellen Sie sich eine Zukunft vor, in der Hunderte oder Tausende winziger Roboter nach einer Naturkatastrophe den betroffenen Bereich untersuchen. Stellen Sie sich vor, Nanoroboter könnten in Ihrem Körper einen chirurgischen Eingriff durchführen. Das hört sich vielleicht noch nach Science-Fiction an, doch eines Tages könnte diese Technologie dank der Forschung, die die biologischen Prinzipien der Selbstorganisation in der Schwarmrobotik umsetzt, Wirklichkeit werden. Mit Unterstützung des EU-finanzierten Projekts SWARM-ORGAN (A theoretical framework for swarms of GRN-controlled agents which display adaptive tissue-like organisation) haben Wissenschaftler gezeigt, wie Hunderte von Mini-Robotern genetische und zelluläre Mechanismen nutzen könnten, die die frühe Morphogenese in der Biologie steuern. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „Science Robotics“ veröffentlicht. In dem Artikel wird das Konzept erläutert: „Über die Morphogenese können sich Millionen Zellen während der embryonalen Entwicklung selbst in komplexe Strukturen organisieren, die sehr vielfältige funktionale Formen annehmen. Dieser Prozess entsteht aus lokalen Interaktionen der Zellen unter der Kontrolle von Gen-Schaltkreisen, die in jeder Zelle identisch vorliegen, widerstandsfähig gegenüber intrinsischem Rauschen sind und sich an sich verändernde Umgebungen anpassen können.“ Im selben Artikel wird darauf hingewiesen, dass diese Eigenschaften „Anwendungen der Schwarmrobotik vom Bauwesen bis hin zu Explorationen eine wichtige Chance“ bieten. Die Schlussfolgerung der Autoren lautet: „Die Ergebnisse zeigen Schwärme von 300 Robotern, die selbstständig organische, anpassungsfähige und gegenüber Schäden unempfindliche Formen erstellen. Dies ist ein Schritt in Richtung der Entstehung von funktionalen Formen in Roboterschwärmen gemäß den Grundsätzen einer selbstorganisierten morphogenetischen Technik.“ Von der Natur inspirierte Humantechnologie In einer Pressemitteilung auf „EurekAlert!“ wird Dr. James Sharpe, Leiter der Einheit in Barcelona des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie, wie folgt zitiert: „Wir weisen nach, dass es möglich ist, in der Natur vorkommende Konzepte der Selbstorganisation auf Humantechnologie wie Roboter anzuwenden.“ Der Prozess wird in der Pressemitteilung erläutert: „Nach dem Vorbild der Biologie speichern Roboter Morphogene: virtuelle Moleküle, die die Musterbildungsinformationen tragen. Die Farben signalisieren die Morphogenkonzentration der einzelnen Roboter: Grün steht für sehr hohe, Blau und Violett für niedrigere Morphogenwerte. Roboter ohne Farbe tragen praktisch keine Morphogene.“ Diese Informationen übertragen die Roboter mittels Infrarot-Datentransfer an ihre Nachbarn. „Darin ähneln die Roboter biologischen Zellen, die auch mit anderen Zellen in ihrer Nähe direkt kommunizieren können. … Der Schwarm bildet verschiedene Formen, indem die Roboter von Bereichen mit niedriger Morphogenkonzentration in solche mit hoher Morphogenkonzentration versetzt werden – diese werden „Turing-Punkte“ genannt – was zur Entstehung von aus dem Schwarm hervortretenden Auswüchsen führt.“ Ein Video veranschaulicht die Ausbildung verschiedener Formen in diesen Schwärmen. Das Forscherteam zeigte auch die Selbstheilungseigenschaften dieser Roboter, wenn sie sich an Schäden anpassen konnten. Das Projekt SWARM-ORGAN endete 2016. Sein Ziel war die „umfangreiche Erforschung eines bestimmten Ansatzes – die Verwendung von GRN (Genregulationsnetzwerken) – als potenziell leistungsfähige Kontrollmethode für diese Systeme“, wie auf der Projektwebsite zu lesen ist. Ein multidisziplinäres Team mit verschiedenen Hintergründen, darunter Entwicklungssystembiologie, Informatik, morphogenetische Robotik und Physik, wirkte an dem Projekt mit. Weitere Informationen: Projektwebsite von SWARM-ORGAN
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