Wie man eine auf den Einzelfall zugeschnittene Diabetestherapie entwickelt
Diabetes kann zu Blindheit, Nierenversagen, Herzinfarkt, Schlaganfall, Amputation der unteren Gliedmaßen und vorzeitigem Tod führen. Laut der Weltgesundheitsorganisation war es im Jahr 2016 die siebthäufigste Todesursache. Der Diabetes Atlas der Internationalen Diabetes-Stiftung (International Diabetes Federation – IDF) prognostiziert, dass im Jahr 2045 etwa 629 Mio. Menschen im Alter zwischen 20 und 79 an Diabetes leiden werden, wenn nichts dagegen unternommen wird. Die IDF merkt auch an, dass in Ländern mit hohem Einkommen ungefähr 87 % bis 91 % aller Diabetespatienten wahrscheinlich von Typ-2-Diabetes betroffen sein werden, wohingegen voraussichtlich bei nur 7 % bis 12 % Typ-1-Diabetes auftritt. Da weltweit immer mehr Fälle von Typ-2-Diabetes zu verzeichnen sind und die Wirksamkeit vorhandener Therapiemöglichkeiten stark vom einzelnen Patienten abhängt, bemühen sich Forscher verstärkt um die Entwicklung maßgeschneiderter Behandlungsmethoden. Das Team des EU-finanzierten Projekts RHAPSODY (Assessing risk and progression of prediabetes and type 2 diabetes to enable disease modification), bei dem Typ-2-Diabetes untersucht werden soll, sowie die Projektpartner glauben, dass das Projekt über das Potential verfügt, den Umgang der Ärzte mit den Bedingungen zu revolutionieren. In einer Pressemitteilung der Europäischen Kommission wird der stellvertretende Projektkoordinator Leif Groop von der schwedischen Universität Lund mit den Worten zitiert, dass im Rahmen von RHAPSODY „Diabetesbehandlungen individualisiert werden sollen.“ Er fügt hinzu: „Für eine zu lange Zeit haben wir uns auf eine universelle Behandlungsmethode verlassen.“ Personalisierte Medizin Laut oben genannter Pressemitteilung wurde im Rahmen von RHAPSODY, zusammen mit dem EU-finanzierten Projekt BEAt-DKD sowie weiteren, Typ-2-Diabetes in fünf Untergruppen unterteilt. Die Forschungsarbeit stützt sich auf Erkenntnisse einer schwedischen Studie namens ANDIS, die von Groop initiiert wurde. „Typ-2-Diabetes-Patienten werden danach in folgende Untergruppen eingeteilt: Patienten mit schwerem Autoimmundiabetes, starkem Insulinmangel, schwerer Insulinresistenz, sowie Patienten mit einer leichten Form, die mit Übergewicht oder dem Alter in Verbindung steht.“ Dank dieser Klassifikation ist es möglich, Komplikationsrisiken in entsprechender Weise gegenüberzutreten und die Patienten gemäß der jeweils angemessenen Methode richtig zu behandeln. „Während beispielsweise bei Patienten mit starkem Insulinmangel ein hohes Risiko besteht, dass Augenschäden entstehen, ist bei Patienten mit einer schweren Insulinresistenz im Vergleich zu den Personen, die den anderen Untergruppen angehören, das Risiko fünfmal höher, dass sie sich eine Nierenkrankheit zuziehen.“ Bei RHAPSODY wird außerdem ein computergestütztes Instrument für die Individualisierung von Diabetesbehandlungen entwickelt. „Mithilfe einer Blutprobe wird das sogenannte klinische Unterstützungssystem in der Lage sein, einen Patienten einer Untergruppe zuzuordnen und dann den geeignetsten Behandlungsplan vorschlagen. Dabei wird es die Komplikationsrisiken berücksichtigen und helfen sicherzustellen, dass alles getan wird, um diese einzudämmen.“ Die Erprobung ist ab Ende 2018 in Schweden und Finnland geplant. Das RHAPSODY-Projekt wurde ins Leben gerufen, „um eine molekulare Klassifizierung des Typ-2-Diabetes Mellitus (T2D) vorzunehmen, durch die die Zuordnung von Patienten zu Gruppen möglich wird, [sowie] um Informationen für die Gestaltung von klinischen Erprobungen zu liefern”, wie auf der Projektwebseite nachzulesen ist. In einer Projektbroschüre wird erklärt, dass bei dem Projekt „die Vielzahl an Mechanismen, die zu Diabetes sowie seiner Verschlimmerung führen, untersucht und neue Biomarker (messbare Indikatoren für einen biologischen Zustand oder eine biologische Verfassung) identifiziert werden sollen, um Patienten zu gruppieren, was letztendlich dazu führt, dass eine Therapie genau an den Patienten angepasst werden und Diabetes vorgebeugt werden kann.“ Die Partner glauben, dass die allgemeinen Gesundheitsbedingungen in Europa wie in der ganzen Welt verbessert werden, wenn Diabetespatienten die bestmögliche Behandlungsmethode für ihren speziellen Fall angeboten wird. Dies senkt gleichzeitig die staatlichen Gesundheitsausgaben. Weitere Informationen: RHAPSODY-Website
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