Forscher entwickeln die erste dynamische Karte der menschlichen Zellteilung
Die Mitose, d. h. die Teilung einer Zelle in zwei identische Zellen, ist Teil des natürlichen Lebenszyklus von Zellen. Im menschlichen Körper erfüllt dieser grundlegende Vorgang zwei Hauptzwecke: geschädigtes Gewebe zu reparieren und das Wachstum des Körpers zu unterstützen. Um dies zu ermöglichen, arbeiten Hunderte verschiedene Proteine in einer einzelnen Zelle zusammen und steuern deren vielfältige Funktionen. Proteine wahren die Form der Zelle, kontrollieren die Bewegungen von Partikeln und reparieren die Zelle, wenn sie beschädigt wird. Sie spielen auch bei der Zellteilung eine besonders wichtige Rolle, da sie den gesamten Vorgang, von Anfang bis Ende, steuern. Während sich die meisten Forschungslabore bislang auf einzelne Proteine in lebenden Zellen konzentriert haben, verfolgen Wissenschaftler der EU-finanzierten Projekte iNEXT (Infrastructure for NMR, EM and X-rays for translational research) und CohesinMolMech (Molecular mechanisms of cohesin-mediated sister chromatid cohesion and chromatin organization) einen umfassenderen Ansatz. Indem sie sich nicht mehr einzelne Proteine, sondern die Proteinnetzwerke in lebenden menschlichen Zellen erforschten, gelang es ihnen, das erste dynamische Proteinmodell der menschlichen Zellteilung zu erschaffen. Ein Echtzeit-Proteinatlas Das Modell, das mitotischer Zellatlas getauft wurde, verwendet 4D-Bilddaten, um die Veränderungen zu veranschaulichen, die in menschlichen Zellen in den fünf Mitosephasen stattfinden: in der Interphase, Prophase, Metaphase, Anaphase und Telophase. Die Nutzer können die relevanten Zellteilungsvorgänge in Echtzeit beobachten, indem sie eine beliebige Kombination von sieben Proteinen eingeben. Das Modell kann darüber hinaus auch verwendet werden, um die Aufgaben der Proteine bei anderen Zellfunktionen zu untersuchen, z. B. beim Zelltod oder der Metastase von Krebszellen, wie die Forscher des Projekts in einem Artikel in der Fachzeitschrift „Nature“ erklären. Für die Erstellung ihres dynamischen Proteinatlas nutzten die Wissenschaftler einen generischen Ansatz. Der Ansatz kann daher auf die Darstellung und Auswertung dynamischer Proteinnetzwerke angewandt werden, die die Zellteilung in verschiedenen Zelltypen auslösen. „Indem wir die dynamischen Netzwerke betrachten, die diese Proteine bilden, können wir Schwachstellen ausmachen, an denen nur ein Protein ohne weitere Hilfe für den Übergang zwischen zwei Aufgaben verantwortlich ist“, so der Mitautor und leitende Wissenschaftler des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie Jan Ellenberg in einer Pressemitteilung, die auf der Website des Projektpartners veröffentlicht wurde. Achtundzwanzig Proteine sind erforscht, es verbleiben Hunderte Das neue 4D-Modell wurde eingesetzt, um Daten über fluoreszierende Knock-in-Mitoseproteine aus HeLa-Zellen, einer immortalisierten Linie menschlicher Krebszellen, die häufig in der wissenschaftlichen Forschung verwendet wird, zu integrieren. Insgesamt wurden 28 Proteine, die bei der Mitose eine wichtige Rolle spielen, unter Verwendung von 3D-Konfokalmikroskopie verfolgt, um deren Position innerhalb der Zelle zu verschiedenen Zeitpunkten festzustellen. Es sind jedoch noch viele weitere Jahre Arbeit notwendig, bis das Team einen Datensatz für die ungefähr 600 Proteine erstellen kann, die an der Mitose menschlicher Zellen beteiligt sind. „Langfristig ermöglicht uns ein vollständiger Überblick über die Proteine einer Zelle zu erkennen, wie verschiedene wichtige Lebensprozesse, beispielsweise die Zellteilung und der Zelltod, miteinander zusammenhängen. Man kann dies nur verstehen, wenn man das Netzwerk als Ganzes betrachtet“, so Stephanie Alexander, Mitautorin und Forschungsleiterin der Ellenberg-Gruppe am EMBL in derselben Pressemitteilung. iNEXT arbeitet daran, grundlegende strukturbiologische Forschung in biowissenschaftliche Anwendungen umzusetzen. CohesinMolMech zielt mit seiner Forschung darauf ab, unser Verständnis der Zellteilung, Chromatinstruktur und Genregulation zu verbessern. Weitere Informationen: iNEXT-Projektwebsite
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