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Inhalt archiviert am 2023-03-24

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Forscher entdecken Beweise für eine prähistorische Milchwirtschaft im Mittelmeerraum

Eine kürzlich veröffentlichte Studie, die durch das EU-finanzierte Projekt NEOMILK unterstützt wurde, zeigt umfangreiche Hinweise auf eine prähistorische Milchproduktion in Südeuropa.

Insbesondere zeigte die neue Studie, die in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ veröffentlicht wurde, dass der Mensch bereits seit Beginn der Landwirtschaft – vor etwa 9.000 Jahren – im gesamten nördlichen Mittelmeerraum Milch und Milcherzeugnisse genutzt hat. Die Studie verknüpfte die Ergebnisse zweier Untersuchungen an 82 Ausgrabungsstätten aus dem siebten bis fünften Jahrhundert v. Chr.: Zum einen untersuchte man das Todesalter domestizierter Tiere, und man konnte in mehr als 500 Keramikgefäßen Milch und Fette von Schlachtvieh nachweisen. Die Bedeutung der Fleisch- und Milchproduktion im neolithischen Mittelmeerraum ist nach wie vor ein Diskussionsthema unter Wissenschaftlern und Archäologen, wobei bisherige Untersuchungen gezeigt haben, dass die Milch ein wichtiges Argument für die Domestikation von Wiederkäuern wie Kühen, Schafen und Ziegen gewesen sein könnte. Die Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt NEOMILK (The Milking Revolution in Temperate Neolithic Europe) zeigten unterschiedliche Intensitäten bei der Milchwirtschaft und anderen Aktivitäten im nördlichen Mittelmeerraum, wobei das Profil der geschlachteten Tiere die in den Gefäßen entdeckten Fette widerspiegelt. „Zu Beginn der Nahrungsmittelproduktion im nördlichen Mittelmeerraum war Milch eine wichtige Ressource für diese frühen bäuerlichen Gemeinschaften“, erläuterte Dr. Cynthianne Spiteri, eine der Hauptautorinnen der Studie. „Sie hat wahrscheinlich für die Bereitstellung nahrhafter und lagerbarer Lebensmittel eine wichtige Rolle gespielt. Mit Milch konnten die frühen Landwirte überleben, und die Landwirtschaft konnte sich infolgedessen im westlichen Mittelmeerraum ausbreiten.“ Ihre Kollegin Dr. Mélanie Roffet-Salque stellte zudem dar, wie die Arbeiten zu diesen Ergebnissen führen konnten: Man betrachtete erstmals die Ergebnisse aus Lipidfett-Analysen, die aus Hunderten von Kochgefäßen extrahiert wurden, gemeinsam mit einer Rekonstruktion der zu der Zeit existierenden Herden, welche man anhand der Überreste von Schafen, Ziegen und Rindern an mehreren Standorten geschaffen hatte. „Unsere frühere Arbeit hatte gezeigt, dass die Milchnutzung im siebten Jahrtausend v. Chr. im Nahen Osten stark regionalisiert war, und diese neue disziplinäre Studie stellt die Existenz einer vielfältigen Nutzung tierischer Produkte im nördlichen neolithischen Mittelmeerraum weiter heraus“, fügte Professor Richard Evershed von der Universität Bristol, der auch Hauptuntersuchungsleiter im Projekt NEOMILK war, hinzu. „Milchwirtschaft wurde eindeutig sowohl im Osten als auch im Westen der Region betrieben, aber überraschenderweise ist sie im Norden Griechenlands immer noch kaum nachweisbar. Dort erzählen die Lipide aus den Gefäßen und die Knochenfunde von Tieren die gleiche Geschichte: Fleischproduktion war die Hauptaktivität und nicht Milchwirtschaft.“ Die Ergebnisse sind besonders relevant, da ein Großteil der modernen Bevölkerung in dieser Region an Laktoseintoleranz leidet und Milch nicht verdauen kann. Das Forschungsteam glaubt, dass dies auch in der frühen Jungsteinzeit der Fall war, obwohl dies noch durch Gentests an alten Skeletten bestätigt werden muss. Trotz dieser Unstimmigkeit hat die Forschung des Teams gezeigt, dass die neolithische Bevölkerung in dieser Region sicherlich Milch genutzt hat, da in den verwendeten Kochgefäßen organische Reste gefunden wurden. „Besonders faszinierend ist, dass die Laktoseintoleranz eindeutig kein Hindernis für die Verwendung von Milch war“, sagte Dr. Roffet-Salque. „Die wesentliche Frage, die noch offen bleibt, ist, wie die Milch verarbeitet wurde, um sie für die frühen neolithischen Bauern schmackhaft zu machen.“ Weitere Informationen: Projektwebsite

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