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Inhalt archiviert am 2024-04-18

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Vom intelligenten zum klugen Auto: Forschung stellt sich selbstfahrenden Kraftfahrzeugen

Bastiaan Krosse, Jeroen van Ploeg und Almie Asten vom EU-finanzierten Projekt I-GAME erläutern ihr Projekt und das Potenzial fahrerloser Kraftfahrzeuge.

Da etwa 90 % aller Verkehrsunfälle auf menschliches Versagen zurückgehen, wären Straßen, auf denen nur noch autonome Fahrzeuge unterwegs sind, das ultimative Ziel in Sachen Verkehrssicherheit. Um effizienter als Menschen zu funktionieren, müssen diese Fahrzeuge allerdings in der Lage sein, Daten auszutauschen sowie schnell und richtig auf diese zu reagieren. Das Projekt I-GAME macht diese so genannte Interoperabilität nun zum Schwerpunktthema in der europäischen Forschung. Wenn uns etwas zeigt, wie schnell die Zeit vergeht, ist es das Erstaunen von Kindern, wenn sie von Schreibmaschine, Faxgerät oder einer Welt ohne Internet hören. Und sicher kann bald schon ein weiteres Konzept ad acta gelegt werden: Autos, die noch von einem Fahrer gesteuert werden müssen. Auch wenn die Idee noch wie Science Fiction klingen mag, sind Autos, die autonom fahren, gar keine große Utopie mehr. Bei neueren Fahrzeugmodellen sind Technologien wie intelligente Parkassistenzsysteme, dynamische Geschwindigkeitsregelung oder Spurhaltewarnsysteme bereits Standard. Größere Hightech-Unternehmen experimentieren bereits mit automatisiertem Fahren unter realistischen Bedingungen, und einige Automobilhersteller stellen schon Software-Updates zur Verfügung, damit Fahrzeuge autonom auf Autobahnen fahren oder ihren Besitzer am heimischen Supermarkt abholen. Was noch fehlt, ist die Garantie, dass hochautomatisierter Straßenverkehr auch in Sachen Sicherheit und Verkehrsfluss realistisch ist. Die Fahrzeuge der Zukunft müssen in der Lage sein, miteinander zu „sprechen“ und sich zu verständigen, um Zusammenstöße zu vermeiden und Entscheidungen zu optimieren – und zwar in Situationen, in denen mitunter Hunderte von Autos gleichzeitig manövrieren. Das Ziel des EU-finanzierten Projektteams von I-GAME (Interoperable GCDC AutoMation Experience) ist es, Interoperabilität durch Entwicklung generischer, robuster und fehlertoleranter Technologien zu realisieren und diese in der „Grand Cooperative Driving Challenge“ (GCDC) Ende Juni 2016 zu testen. Die Herausforderung für die gegeneinander antretenden Teams besteht in der Gestaltung und Umsetzung des effektivsten kooperativen Fahrzeugsystems. Das Magazin research*eu Ergebnisse hatte die Möglichkeit, den Projektstatus und das Potenzial autonomer Fahrzeuge mit Bastiaan Krosse, Programm-Manager für automatisiertes Fahren, Jeroen van Ploeg, wissenschaftlicher Leiter für kooperatives Fahren und Almie van Asten, Projektkoordinatorin von I-GAME, zu erörtern. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Vorteile automatisierter Fahrzeuge? Bastiaan Krosse: Die wichtigsten Vorteile von automatisierten Fahrzeugen sind mehr Komfort, mehr Sicherheit, mehr Effizienz und die Erweiterung der Zielgruppe, etwa auf ältere Menschen. Die Sicherheitsvorteile waren schon bei derzeitigen kommerziellen Technologien wie adaptivem Tempomat oder Spurassistenten ersichtlich. Auch im Hinblick auf die Effizienz werden beim automatisierten Fahren Kraftstoff und Batterien, aber auch der Platz auf Straßen und Parkplätzen besser genutzt. Die Sicherheit scheint sich in der Tat mit jeder neuen Automatisierungstechnik zu verbessern. Glauben Sie, dass sich durch die von I-GAME vorgestellte Automatisierung die Zahl der Verkehrstoten auf Europas Straßen auf Null reduzieren lässt? BK: Bei I-GAME geht es um das kooperative automatisierte Fahren, d. h. Kooperation und Austausch von Informationen zwischen Fahrzeugen. Eine solche Kooperation bedeutet, dass jedes Fahrzeug „erkennt“, wie sich die Situation auf der Straße entwickeln wird, was die Sicherheit deutlich erhöhen wird. Europäische Statistiken zeigen, dass etwa 90 % aller Verkehrsunfälle durch menschliche Fehler verursacht werden. Die Kombination von V2X und Automatisierung kann sich günstig auf das Sicherheitsprofil auswirken. Was sind die größten Hindernisse für eine flächendeckende Einführung automatisierter Fahrzeuge, und was tun Sie dagegen? BK: Bevor eine kooperative Automatisierung auf europäischen Straßen möglich ist, muss zunächst die Interoperabilität zwischen Erstausrüstern (OEM) hinsichtlich Kommunikationsmitteln und Kanälen gewährleistet sein. Datenaustausch und Datensätze müssen auf europäischer Ebene kompatibel sein. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Robustheit der Fahrzeugsysteme unter allen Betriebsbedingungen. I-GAME stellt in komplexen Szenarien hohe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit und Robustheit des Systems als Ganzes. Allerdings steht ein auf breiter Basis anwendbarer Test- und Validierungsprozess für automatisierte Fahrzeuge und schließlich deren Zertifizierung noch aus. Eines der Projektziele ist das Konzept eines Sicherheitsbewertungsverfahrens für Fahrzeuge, die am I-GAME-Wettbewerb teilnehmen. Damit ist ein erster Schritt für die Validierung kooperativer automatisierter Fahrzeuge in realen Situationen getan. Wie weit ist man mit der Entwicklung der I-GAME-Architektur vorangekommen? Jeroen Ploeg: Grundlage der I-GAME-Architektur sind die vier Hauptkomponenten: Zuerst kommt die gesamte Systemarchitektur, die im Juni 2014 fertiggestellt wurde und den Hauptrahmen für die weitere Entwicklung des Projekts darstellt. Dann gibt es das Interaktionsprotokoll, bestehend aus einer Sequenz für den Informationsaustausch per Datenfunk und Fahrzeugsteuerungen für die Umsetzung unserer beiden Szenarien. Das Protokoll für das erste Szenario (kooperativer und automatisierter Konvoi) musste neu entwickelt werden, da es in der Praxis an Genauigkeit mangelte. Die neue Version wird in den nächsten Monaten getestet. Die Gestaltung des Interaktionsprotokolls für das zweite Szenario (kooperatives Verhalten auf Kreuzungen) erfolgte ausschließlich auf Simulationsebene und soll bei Benchmark-Fahrzeugen in den kommenden Monaten umgesetzt werden. Die dritte Komponente der I-GAME-Architektur ist die fahrzeuginterne Softwarearchitektur, die inzwischen fertiggestellt ist, obwohl noch Anpassungen infolge der Umsetzung des Interaktionsprotokolls in Szenario 2 nötig sein könnten. Zuletzt kommt die Kommunikationsarchitektur hinzu, die den aktuellen ETSI C-ITS-Standards (Cooperative Intelligent Transport Systems) entsprechen muss. Dabei wollen wir für die Fahrzeugkommunikation gängige kommerzielle Geräte verwenden, um Fabrikate mehrerer Hersteller zu unterstützen. Hierfür setzen wir möglichst gebräuchliche Datensätze ein. Da diese Datensätze allerdings hauptsächlich auf Straßenverhältnisse und Fahrzeugzustand ausgerichtet sind, statt auf die automatisierte Fahrinteraktion, müssen wir das Konzept erweitern oder neue Daten integrieren, um die komplexen Interaktionen in GCDC-Szenarien zu unterstützen. Interoperabilität ist notwendig, aber auch anfällig, wenn Hacker sich daran zu schaffen machen. Welche Pläne haben Sie in dieser Hinsicht? JP: Obwohl Interoperabilität tatsächlich ein Sicherheitsrisiko ist, wird dies bei I-GAME kein Schwerpunktthema sein. Aktuelle Entwicklungen wird man jedoch gut im Auge behalten. Ein geplantes Folgeprojekt wird sich mit dem Kolonnenfahren von Lastkraftwagen unter signifikanter Beteiligung mehrerer LKW-OEM befassen, wobei der Schwerpunkt u. a. auf der Sicherheit liegt. Hierfür muss ermittelt werden, wie sich Sicherheitsmaßnahmen auf die Automatisierungsleistung auswirken, etwa im Zusammenhang mit erhöhter Latenz. Große Unternehmen wie Google oder künftig auch Apple arbeiten an eigenen automatisierten Lösungen. Ist das mit dem offenen Ansatz von I-GAME kompatibel? Almie van Asten: Fremdunternehmen liefern die hochautomatisierten Fahrzeuge, die wir im I-GAME-Projekt einsetzen, und auch die Kommunikation wird von mehreren Herstellern gestellt. Damit Kommunikation und Interaktion zwischen Fahrzeugen mehrerer Hersteller möglich ist, müssen die Interaktionsprotokolle und Datensätze kompatibel sein, nicht jedoch die jeweilige Hardware. Daher sind alle Hersteller willkommen, die für ihre automatisierten Fahrzeuge V2X nutzen wollen und bereit sind, die Protokolle und Datensätze (auf Software-Ebene) zu verwenden, die das Projekt zur Verfügung stellt. Tatsächlich fordern wir Unternehmen wie Google und Apple heraus, sich dem GCDC 2016 zu stellen. Im Hinblick auf das kommende GCDC, warum haben Sie sich entschieden, externe Stakeholder in Form eines Fahrzeugwettbewerbs ins Boot zu holen? Und sind Sie mit der Reaktion der Interessenten bislang zufrieden? AvA: Um eine breite Akzeptanz der entwickelten Interaktionsprotokolle und Datensätze zu bekommen, brauchen wir für die verschiedenen Hardware-Konfigurationen den maximalen Input und Einsatz möglichst vieler Hersteller. So kann die Entwicklung der Protokolle beschleunigt werden, da sie unter realen Bedingungen getestet werden. Es ist ein erster Schritt zur Standardisierung und Implementierung dieser Protokolle und Datensätze für das kooperative automatisierte Fahren. Weitere Informationen sind abrufbar unter: I-GAME http://www.gcdc.net/i-game

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