EU-Forscher erkunden Übergangsrouten zu nachhaltigen Lebensstilen
Wie können wir damit anfangen, nachhaltiger zu leben? Wie beeinflusst der Zeitaufwand unsere Konsummuster? Ist ökologisch nachhaltiges Wachstum überhaupt weltweit realisierbar? Das sind nur einige der wichtigen Fragen, denen sich Gesellschaften auf ihrem Weg in eine nachhaltigere Zukunft stellen müssen. Das neue RP7-Projekt GLAMURS ("Green Lifestyles, Alternative Models and Upscaling Regional Sustainability") geht diesen und anderen Fragen mit dem Ziel nach, politische Entscheidungsträger, Unternehmen und Bürger darin zu unterstützen, die richtigen Entscheidungen zur Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft zu treffen. Mithilfe von Methoden wie der gemeinsamen Wissensproduktion, agentengestützten Modellierung sowie makro- und mikroökonomischen Modellierung wird das Team Versuche in Richtung einer Bewertung von Übergangsmodellen der Lebensstilveränderung im Hinblick auf wirtschaftliche und ökologische Auswirkungen anstellen und Empfehlungen für einen zukünftigen Weg aussprechen. Erst in der vergangenen Woche veranstaltete GLAMURS einen Workshop in Brüssel, um die Einbeziehung von Stakeholdern und politischen Entscheidungsträgern auf EU-Ebene einzuleiten. In seiner Eröffnungsrede des Workshops erklärte Projektkoordinator Ricardo Garcia Mira von der Universität A Coruña in Spanien, wie ein interdisziplinäres Projektteam, das aus Wirtschaftswissenschaftlern, Politik- und Sozialwissenschaftlern sowie Ingenieuren und anderen Experten besteht, das Forschungsvorhaben in zwei Phasen durchführen wird. Die erste Phase umfasst sieben Fallstudien, die Spanien, das Vereinigte Königreich, Österreich, die Niederlande, Italien und Deutschland umfassen, um eine empirische Basis für die Forschungsarbeiten zu bereiten und um das Verständnis der Frage, wie Übergänge zu nachhaltigen Lebensstilen und umweltfreundlichen Wirtschaften möglich sind, zu erweitern. In der zweiten Phase wird sich das Team mit der Prüfung alternativer Lebensstilausrichtungen und Produktionswegen sowie dem Konsum im Hinblick auf makro- und mikroökonomische Auswirkungen befassen. GLAMURS wurde im Januar 2014 auf den Weg gebracht und wird nun Empfehlungen für Regionen sowie Vorschläge zur Hochskalierung auf Übergänge aussprechen, die über die regionale Ebene hinausgehen. In seiner Ansprache auf dem Treffen rückte Domenico Rossetti, Projektbeauftragter für GLAMURS bei der Europäischen Kommission, das Projekt in einen allgemeinen europäischen Kontext: "Die Energierechnung der EU betrug 2012 rund 400 Milliarden EUR, mehr als das Dreifache des EU-Budgets. Die EU importiert 55 % ihres Energiebedarfs (90 % des Erdöls) […] und 40 000 Menschen sterben jedes Jahr EU-weit im Straßenverkehr." Diese Statistiken stellen nicht nachhaltige Muster dar, welche die EU mit neuen Zielen, die Ende Oktober angekündigt wurden, angehen möchte. Dazu gehört auch eine Senkung der Treibhausgasemissionen um mindestens 40 % bis 2030 im Vergleich zu den Werten von 1990 und ein EU-weit bindendes Ziel für den Einsatz erneuerbarer Energien von mindestens 27 %. GLAMURS wird zusammen mit Projekten wie EU-INNOVATE und POCACITO zu diesen Anstrengungen beitragen. Rossetti wies auf die herausragenden Merkmale hin, die in ihrer Kombination diese Anstrengungen zu einer einzigartigen Unternehmung machen: "Es gibt eine vorausschauende Dimension. Das Team verwendet sowohl qualitative als auch quantitative Methoden, es ist ehrgeizig und realistisch zugleich und es ist innovationsorientiert." Rossetti bemerkte, dass die Arbeiten von GLAMURS und weiteren Projekten zu einem sogenannten "B-GOT"-Ansatz (Beyond GDP, Beyond Oil and Beyond tangibles), also einer Herangehensweise beitragen, die über das BIP, über das Erdöl und über Sachwerte hinausgeht. Ein wichtiger Aspekt des GLAMURS-Projekts ist, dass es sich auf einen Ansatz konzentriert, der den Zeitaufwand berücksichtigt. Adina Dumitru, GLAMURS-Forscherin von der Universität A Coruña, führt dazu aus: "Wir möchten uns mit dem Einfluss des Zeitmangels auf konsumintensive Aktivitäten befassen … Wir haben beobachtet, dass konsumintensivere Lebensstile nicht zu mehr Wohlstand und Wohlergehen geführt haben. Ausreichend Zeit zu haben, unterstützt die Lebenszufriedenheit, wogegen materieller Reichtum [oberhalb eines bestimmten Niveaus] das nicht tut." Das Team wird die Frage untersuchen, wie Beschleunigung und Zeitdruck mit Konsum, umweltfreundlichen und gemeinschaftlichen Aktivitäten sowie nachhaltigen/nicht nachhaltigen Lebensstilen zusammenhängen. Um zum Kern dieser Frage zu gelangen, werden Dumitru und ihre Kollegen Fokusgruppen in den Fallstudiengebieten gründen und tiefgehende Interviews durchführen. Auf quantitativer Ebene werden sie regionale Umfrage durchführen. Gary Polhill vom James Hutton Institute im Vereinigten Königreich lieferte einen ersten Eindruck der Art der agentenbasierten Modellierung durch Computersimulation, die für GLAMURS genutzt werden wird. Das Versuchsmodell konzentrierte sich auf Pendler, die am Morgen zur Arbeit gehen, und auf die unvermeidlichen Staus, die sich bilden. Polhill erklärte, wie das Team dieses Thema umgesetzt hat, um einfache Lösungsszenarien, etwa flexiblere Arbeitszeiten, den Bau neuer Straßen und die Verbesserung der Fahrzeugtechnologie, zu erkunden. Ricardo Garcia Mira hofft, dass GLAMURS bei Projektende im Dezember 2016 seine ehrgeizigen Ziele erreicht hat: "Wir gehen davon aus, politische Entscheidungsträger, Praktiker und andere relevante Interessengruppen mit Empfehlungen und praktischen Werkzeugen versorgen zu können, die ihnen dabei helfen werden, Lebensstile in eine nachhaltige Richtung zu lenken. Und wir hoffen, verschiedene Routen für einen ökonomischen Wandel aufzeigen zu können, der eine sozial, wirtschaftlich und aus der Sicht der Umwelt nachhaltige Gesellschaft in Europa und darüber hinaus sicherstellen wird." Weitere Informationen sind abrufbar unter: GLAMURS http://www.glamurs.eu/
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