Toxizitätstests an künstlicher Leber
Eines der vorrangigen Ziele der EU ist es, bei Toxizitätstests an Chemikalien und Kosmetika weitestgehend auf Tierversuche zu verzichten. Da die toxischen Effekte von Substanzen über längere Zeit überwacht werden müssen und Daten bei Tier und Mensch meist schlecht korrelieren, sind innovative Testkonzepte gefragt. Hierfür entwickelte das EU-finanzierte Projekt HEMIBIO (Hepatic microfluidic bioreactor) ein bioartifizielles System mit den komplexen Strukturen und Funktionen der menschlichen Leber. Es fördert die Interaktion zwischen Hepatozyten und nicht-parenchymalen Komponenten der Leber wie HSC (hepatische Sternzellen) und LSEC (sinusoidale Endothelzellen). Mit dem hochdurchsatzfähigen System sind In-vitro-Toxizitätstests an Kosmetika und Chemikalien über den Zeitraum von einem Monat möglich. Zunächst wurden humane primäre HSC und LSEC auf Funktions- und Transkriptionsebene charakterisiert, um die Differenzierung einzelner Zelltypen zu klären und optimale Zellpopulationen in Form immortalisierter Hepatozytenlinien zu gewinnen. Spezifische Sensoren überwachten dann kontinuierlich die Lebensfähigkeit der Zellen, Sauerstoffgehalt sowie pH- und Zuckerwerte im Bioreaktor. Bei der Entwicklung des Bioreaktors selbst wurden zwei Ansätze verfolgt: ein mikrofluidisches System mit Antikörpern sowie ein Flussbioreaktor. Beim ersten werden Oberflächen mit Streptavidin funktionalisiert, sodass mit Avidin konjugierte Antikörper die Zelldifferenzierung im mikrofluidischen System fördern. Der Edelstahlbioreaktor gewährleistet über eine kontinuierliche und stabile Zugabe von Sauerstoff und Nährstoffen, dass Schäden an Hepatozyten durch Scherkräfte vermieden werden. Die innovativen Methoden von HEMIBIO eignen sich für Toxizitätstests in der Pharma- und Kosmetikindustrie und können am Modell für Leberfibrose auch Aufschluss über Medikamente geben, die dieses Krankheitsbild hervorrufen.
Schlüsselbegriffe
Leber, Toxizitätstest, Organe, Flussbioreaktor, Kosmetika, HEMIBIO, Hepatozyten