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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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Feature Stories - P2P rettet Internetvideo

Peer-to-Peer-Anwendungen haben zuweilen einen schlechten Ruf - und das hat mit der Internetpiraterie zu tun. Aber dieselbe Technologie, mit der die Internetnutzer lange Zeit urheberrechtlich geschützte Musik, Spiele und Videos auf illegale Weise austauschten, verspricht nun, die Inhaltsanbieter beim Streamen von Videos zu Millionen Zuschauern gleichzeitig unter Einsatz eines Bruchteils der Bandbreite traditioneller Verfahren zu unterstützen. Dieser Übergang wird von EU-finanzierter Forschung gefördert.

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Videoinhalte sind der am schnellsten anwachsende Bereich des Internets. Die Sender bieten Abrufvideos (Video-on-Demand) und Livestreams über das Internet an, Internetdienstleitungsanbieter bringen eigene IP-basierte TV-Dienste auf den Markt und die Internetnutzer selbst laden immer mehr Videos über Websites wie YouTube hoch und tauschen diese miteinander. Schätzungen zufolge werden bis 2015 Videoinhalte, die fünf Jahren Sendezeit entsprechen, sekündlich über das Internet gestreamt, was mehr als die Hälfte des weltweiten Internetverkehrs ausmacht. Auch mit neuen Technologien, die den Endnutzern mehr Bandbreite bei niedrigeren Kosten verschaffen, ist das immer noch eine enorme Datenmenge, mit der die Netzwerke klarkommen müssen. "Die goldene Regel, an die man stets denken sollte, besagt, dass sämtliche zur Verfügung stehende Bandbreite auch verbraucht werden wird", sagt Jari Ahola, ein Projektkoordinator am VTT, dem Technischen Forschungszentrum Finnland. "Ebenso wie die Bandbreite steigt, nehmen auch die Möglichkeiten zu, diese zu verbrauchen: bestes Beispiel dafür ist High Definition Video." Das Problem ist zum großen Teil auf den Aufbau der Internetinfrastruktur zurückzuführen, die auf Server basiert, die an jeden Client Daten senden. Dieses sogenannte Unicast-Modell funktioniert recht gut beim Betrachten einer Webseite oder beim Versenden einer E-Mail, aber zum Verteilen bandbreitenhungriger Videoinhalte an Millionen Menschen gleichzeitig ist es einfach nicht effizient genug. Noch problematischer ist die Tatsache, dass Videodaten im Unterschied zu anderen Datentypen, die in Pakete aufgeteilt und in fast jeder beliebigen Reihenfolge übertragen werden können, sequenziell übertragen werden müssen, damit man das Video überhaupt anschauen kann. Aber wie wäre es, wenn die Daten die Server vollständig umgehen und einfach von einem Nutzer zum anderen hüpfen könnten? Im Wesentlichen ist es genau das, was Peer-to-Peer-Netzwerke (P2P) schon längst erreicht haben. Obgleich P2P-Technologie traurige Berühmtheit durch Leute erlangt hat, die Filesharing-Anwendungen zum Austausch raubkopierter Inhalte nutzen, gibt es auch ein breites Spektrum an legitimen Einsatzzwecken, die nicht zuletzt nach Ansicht von Jari Ahola und anderen möglicherweise das Internet vor durch Videos ausgelösten Staus retten könnten. Im Verlauf der Arbeit am P2P-Next-Projekt (1) koordinierte Jari Ahola ein Konsortium von 20 Industriepartnern, Medieninhaltsanbietern und Forschungseinrichtungen bei der Entwicklung einer innovativen Open-Source-P2P-Videobereitstellungsplattform mit der Bezeichnung NextShare. Das Team erhielt 14 Millionen EUR Fördermittel von der Europäischen Kommission und entwickelte, implementiert und testete mit Erfolg Algorithmen und Protokolle zum Einsatz der P2P-Architektur zum Streamen von Videos. "Der Hauptunterschied bei P2P-Anwendungen zum File-Sharing besteht darin, dass Videodaten nicht in verschiedene Pakete aufgeteilt und in einer beliebigen Reihenfolge gesendet werden können, sondern dass sie der Reihe nach gesendet werden und ein gewisses Maß an Dienstgüte bewahren müssen," wie Jari Ahola erläutert. Jenseits von BitTorrent Zunächst basierte das System des P2P-Next-Teams auf dem weit verbreiteten und bewährten BitTorrent-Protokoll, wobei es an die Verarbeitung von Videostreams im Zusammenhang mit Video-on-Demand, Live-Webcam-Feeds oder TV-Kanälen angepasst wurde. Aufbauend auf diesen Forschungsresultaten entwickelten sie im Folgenden ihr eigenes quelloffenes Protokoll mit der Bezeichnung Swift, das als ein neuer P2P-Video-Sharing-Standard vorgestellt wurde. Zum Austesten der Technologie erstellte das Team ein Web-Browser Plug-in mit dem Namen Swarmplayer, das es dem Internetnutzer erlaubt, über den Firefox-Browser auf Internetvideos zuzugreifen, wobei jeder Nutzer sowohl als Client als auch als Server-Peer für andere Nutzer agiert. Die Forscher entwickelten außerdem in Zusammenarbeit mit dem Projektpartner Pioneer Digital Design eine Set-Top-Box, um zu beweisen, wie einfach und kostengünstig das System in Unterhaltungselektronikgeräte eingebaut werden kann. "Die Set-Top-Box ist ein preiswertes Gerät, das den Nutzern über ihre Internetverbindung Zugang zu P2P-verteilten Videostreams auf ihrem TV verschafft. Sie hat überdies Social-Networking-Funktionen, so dass die Nutzer zum Beispiel Twitterkommentare über das, was sie gerade sehen, anzeigen können. Und das dürfte in der Zukunft wahrscheinlich immer beliebter werden", wie der P2P-Next-Koordinator erklärt. Die Forscher validierten das System in mehreren Studien. Die größte Untersuchung dieser Art wurde an der Universität Lancaster im Vereinigten Königreich durchgeführt, betrachtete dabei nicht nur die Einsparungen an Bandbreite gegenüber anderen Technologien, sondern auch Videoqualität und -stabilität. Sie präsentierten ihre Set-Top-Box und die zugrunde liegende Technologie auf mehreren Konferenzen und Veranstaltungen, einschließlich der IBC 2011 in den Niederlanden, wo sie mit Hilfe des Systems eine Livesendung der BBC aus London übertrugen. "Das Feedback der Testnutzer sowie auch anderer Leute, die das System in Aktion erlebt haben, war sehr positiv, die meisten sahen es als mindestens so gut wie einen herkömmlichen Videostream," betont Ahola. Noch wichtiger war, dass das Team herausfand, dass mit Hilfes des P2P-Konzepts im Vergleich zum Unicast-Streaming-Ansatz die erforderliche Bandbreite um mindestens 65% drastisch reduziert werden konnte. Außerdem ist es weitaus weniger anspruchsvoll als das Multicasting - ein weiterer Ansatz zur Verteilung von Videoinhalten, bei dem ein Datenstrom an viele lokale Server aufgeteilt wird, die anschließend die Inhalte an lokale Nutzer weiterversenden. Die meisten aktuellen IP-Router unterstützen jedoch kein Multicasting und so wäre eine Umsetzung dieses Konzepts kostenaufwendig. "Für die Netzbetreiber hat P2P große Vorteile in Hinsicht auf die Bandbreitenanforderungen und Kosten zu bieten. Und auch die Inhaltsanbieter sind an dieser Technologie als eine kostengünstige Alternative für ihre Inhaltsbereitstellungsnetze interessiert", so der P2P-Next-Koordinator. Provider wie die BBC und IRT/EBU waren Partner der P2P-Next-Initiative und werden möglicherweise kommerzielle Systemen auf Grundlage der Technologie entwickeln. Projektpartner Bitnomica, eine niederländische IT-Ausgründung der Technischen Universität Delft in den Niederlanden, hat damit begonnen, eine P2P-Plattform auf Basis des Swift-Protokolls zu vermarkten. Die Technologie passt überdies gut zu einem Inhaltsbereitstellungsumfeld, in dem das alte unidirektionale Broadcast-Modell von einem nutzerzentrierten, zeit- und ortsunabhängigen Modell ersetzt wird, da die Menschen, wann und wo auch immer sie wollen, Inhalte anschauen, generieren und austauschen sowie dabei ein breites Spektrum heterogener Geräte benutzen wollen. "Durch die Entwicklung dieser quelloffenen Protokolle und Algorithmen haben wir den Grundstein für andere gelegt, die folgen und eigene Anwendungen entwickeln werden. Ich wäre bei weitem nicht überrascht, wenn das P2P-Video-Streaming zukünftig sehr viel mehr Verbreitung finden würde", resümiert Jari Ahola. P2P-Next erhielt Forschungsmittel innerhalb des Siebten Rahmenprogramms der Europäischen Union (RP7). 1 "Next generation peer-to-peer content delivery platform" Nützliche Links: - Website "Next generation peer-to-peer content delivery platform" - P2P-Next-Projektfactsheet auf CORDIS