Feature Stories - Neuer optischer Sensor "sieht" gefährliche Chemikalien
Die im Rahmen des Projekts DOTSENSE * entwickelten Sensoren basieren auf einer innovativen Verwendung von Quantenpunkten und Nanodrähten - winzige Halbleiter, deren Struktureigenschaften tausendmal kleiner sind als ein menschliches Haar. Das III-Nitrid-Halbleiter-System - (Al, In) Galliumnitrid - bietet chemisch stabile Halbleitermaterialien mit hervorragenden optoelektronischen Eigenschaften. Die Photolumineszenz dieser Strukturen zeigt bereits die kleinsten Veränderungen der chemischen Umgebung an. "Bis heute gab es zahlreiche Ansätze in der Sensortechnologie, einschließlich des Einsatzes von Nanodrähten als chemische Sensoren, aber diese Ansätze basieren auf der Messung der elektrischen Leitfähigkeit. Das heißt, man muss elektrische Kontakte platzieren und die Veränderung des elektrischen Widerstands des Nanodrahtes in unterschiedlichen chemischen Umgebungen messen", erklärt Dr. Martin Eickhoff, DOTSENSE-Projektkoordinator an der Justus-Liebig-Universität in Gießen, Deutschland. "Bei unserem Ansatz ist das nicht nötig, denn unsere Lösung basiert auf einer rein optischen Analyse." Anstatt mithilfe von Strom in den Nanostrukturen den Widerstand zu messen, entwickelte das Team von DOTSENSE ein integriertes Sensorsystem, das ausschließlich mit Licht arbeitet. Ein aus einem Array von einer Milliarde GaN- oder InGaN-"Quantenpunkten" oder "Nanoscheiben" in Nanodrähten bestehender optischer Wandler wird in einer zu beobachtenden gasförmigen oder flüssigen Umgebung platziert. Durch ein transparentes Substrat, dass gleichzeitig als Versiegelung dient, wird Anregungslicht geschickt. Abhängig von den vorhandenen Chemikalien verändert sich die Photolumineszenz der Nanostrukturen, wodurch sich die Intensität des Lichts, das von dem Wandler ausgegeben wird, verändert. Diese Veränderung kann dann mithilfe kommerziell erhältlicher Photodetektoren ausgelesen werden. "Wir nutzen die chemische Empfindlichkeit und das hohe Oberflächen-zu-Volumen-Verhältnis der Nanostrukturen aus, ohne eine kompliziertere Verarbeitungstechnologie einzusetzen - für diese Art Sensorsystem muss man viel geringeren technischen Aufwand betreiben", erklärt Dr. Eickhoff. Der Ansatz hat zahlreiche Vorteile: Da nur Licht involviert ist, ist er weniger komplex und es werden keine elektrischen Kontakte und Messsysteme benötigt. Im Vergleich zu herkömmlichen Sensorsystemen arbeiten diese Sensoren bereits bei viel geringeren Temperaturen. Und da nur Licht - und kein Strom - im Spiel ist, ist das System auch viel sicherer, vor allem wenn es sich um leicht brennbare, explosive oder unter Druck stehende Gase oder Flüssigkeiten handelt. Das DOTSENSE-Mitglied EADS Innovation Works möchte optochemische Sensortechnologie für die Luft- und Raumfahrt einsetzen, wenn etwa Sicherheit und Robustheit von großer Bedeutung sind. "Bei Flugzeugen könnten die Sensoren benutzt werden, um Wasserqualität, Hydraulikflüssigkeit, Gaslecks oder Kraftstoff zu überwachen", so Dr. Eickhoff. "Zu Beginn des Projekts lag unser Hauptfokus auf der Luftfahrt, aber schnell bemerkten wir, dass diese Technologie in vielen anderen Branchen Anwendung finden kann." Empfindlicher als elektrische Sensoren Die primäre Motivation vom DOTSENSE, das mit 1,2 Mio. EUR von der Europäischen Kommission unterstützt wird, bestand zwar in der Entwicklung chemischer Sensoren, die keine elektrischen Kontakte erfordern, das Team fand aber zusätzlich heraus, dass seine rein optische Lösung in mehreren Fällen tatsächlich sehr viel empfindlicher als elektronische Äquivalente war. "Wir waren gar nicht darauf aus, ein hoch empfindliches Gerät zu entwickeln. Am Ende stellte sich aber heraus, dass diese optischen Nanostrukturen tatsächlich sehr viel empfindlicher sein können als elektrische Sensoren", sagt Dr. Eickhoff. "Ein solches Ergebnis haben wir uns sicherlich erhofft, aber wir mussten erst einige Tests durchführen, um sicher zu sein. Zusammen mit den anderen Vorteilen ergibt sich eine ganze Palette von möglichen Anwendungen." Der Wissenschaftler verweist damit etwa auf Gasdetektion in industriellen Umgebungen oder Rauchmeldern im Haushalt sowie auf Anwendungen im Gesundheitswesen und in der Lebensmittelindustrie, um die Zusammensetzung von Flüssigkeiten zu prüfen. "Es gibt viele Anwendungen für diese Art von Sensoren. In der Tat ist es eine gute Nachricht für viele Industriezweige, dass sie nicht mehr auf elektronische Komponenten und elektrischen Strom angewiesen sind und so vor allem Sicherheit und Zuverlässigkeit erhöhen können", erklärt der DOTSENSE-Koordinator. Trotzdem bleibt bis zur Kommerzialisierung der Technologie noch viel zu tun. Das Team von DOTSENSE löste zentrale technische Herausforderungen: Zum Beispiel konnte das von den Wandlern emittierte Licht in den sichtbaren Bereich gebracht werden, sodass es von LEDs erzeugt und mit relativ preiswerten kommerziellen Photodetektoren aufgefangen werden kann. Die Forscher konnten außerdem das Wachstum der Nanostrukturen steuern und die photoelektrischen Prozesse verstehen, die auf der Oberfläche der Nanostrukturen in verschiedenen chemischen Umgebungen auftreten. Dr. Eickhoff zufolge sind aber noch weitere Forschungen notwendig. Teilweise mit diesem Ziel vor Augen haben Mitglieder des Teams ein nationales Nachfolgeprojekt mit dem Namen SINOMICS gestartet, in dessen Rahmen LEDs und Photodetektoren mit Nanostrukturen auf einem Chip integriert werden sollen, um innovative Geräte für Gassensorik und -erkennung zu entwickeln. "Ich bin optimistisch, dass diese Technologie in den kommenden Jahren diverse Anwendungen finden wird. Außerdem wird die Produktion rein optischer Sensoren immer billiger und somit rentabler werden", betont Dr. Eickhoff. DOTSENSE erhielt Fördermittel unter dem Siebten Rahmenprogramm der Europäischen Union (RP7). Nützliche Links: - Website des Projekts "Group III-nitride quantum dots as optical transducers for chemical sensors" - CORDIS-Factsheet zu DOTSENSE Interessante Artikel: - EU-finanziertes Team testet neues Halbleitermaterial - EU-Projekt für robustere Elektronik zum Einsatz unter Extrembedingungen - Ziel des EU-Projekts NEMSIC: bessere Sensorerkennung