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Inhalt archiviert am 2024-04-22

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Feature Stories - Ein superschnelles Netzwerk für ein multimediales Zuhause

Leute von heute betrachten die Nutzung datenintensiver Dienstleistungen - man denke nur an hochauflösende Videos, HDTV-Fernsehen und 3D- Spiele sowie Telepräsenz - zunehmend als Selbstverständlichkeit: Im trauten Heim der Zukunft werden daher ultraschnelle Heimnetzwerke zur Grundausstattung gehören müssen. EU-finanzierte Forscher können nun eine hybride Netzwerklösung vorstellen, bei der verschiedene Kommunikationstechnologien zum Einsatz kommen und Datenübertragungsgeschwindigkeiten von bis zu einem Gigabit pro Sekunde erreicht werden. So werden die Haushalte mit Hilfe der Stromleitungen sowie drahtloser und optischer Verbindungen auf mehrere Breitbanddienste gleichzeitig zugreifen können.

Wi-Fi ist seit vielen Jahren die am weitesten verbreitete Heimnetzwerklösung, aber auch mit dem neuesten 802.11n-Standard wird man zukünftige Anforderungen wahrscheinlich nicht meistern können, obwohl man hier schon Datenraten von über 100 Megabit pro Sekunde (Mbps) erreicht. Im Zuhause der Zukunft können die Bewohner in verschiedenen Räumen unterschiedliche HDTV-Fernsehkanäle oder gespeicherte Videostreams anschauen, während gleichzeitig nebenan jemand in 3D spielt und ein anderer einen Telepräsenzdienst nutzt, um mit den lieben Verwandten im Ausland zu kommunizieren. Man wird wesentlich höhere Datenübertragungsgeschwindigkeiten benötigen, wenn mehrere verschiedene datenintensive Dienste gleichzeitig zusammenarbeiten. "Wi-Fi wird in den Heimnetzen der Zukunft zweifellos eine Rolle spielen... aber es ist eben nicht die einzige praktikable Lösung", verdeutlicht Jean-Philippe Javaudin, Projektleiter bei Orange Labs, einer Einheit der France Telecom. Philippe Javaudin koordinierte das EU-finanzierte OMEGA-Projekt ("Home gigabit access"), eine große gemeinsame Initiative, die 21 Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen in ganz Europa vereint und vorgeführt hat, wie verschiedene kabel- und funkgestützte sowie optische Kommunikationstechnologien eingesetzt werden können, um ein hybrides Netzwerk zur Hochgeschwindigkeitskommunikation in der häuslichen Umgebung zu erschaffen. Es wurden von Grund auf neue optische Lösungen entwickelt, bei denen zum Beispiel Standard-LED-Deckenleuchten zur Datenübertragung verwendet werden. Und die Wissenschaftler implementierten einen neuen Standard, der nun kommerziell genutzt wird, um sicherzustellen, dass all die verschiedenen Technologien für den Endnutzer nahtlos und transparent zusammenarbeiten. "Einerseits wollen die Bewohner eines zukunftstauglichen Hauses große Datenmengen lokal übertragen, so zum Beispiel um hochauflösende Videos von einem Netzwerkspeichergerät im Keller auf dem Fernsehgerät im Schlafzimmer abspielen. Andererseits werden sie datenintensivere Internetdienste nutzen. Kabelnetze bringen das Internet derzeit mit 100 Mbps und schon bald mit 1 Gbps bis an die Haustür", merkt Javaudin an. "Wir wollten auch das Heimnetzwerk auf diese Geschwindigkeit bringen." Ein Netzwerk, mehrere Technologien Das OMEGA-Team untersuchte ausgehend vom Home-Gateway, wo die Internetverbindung das Haus bzw. die Wohnung erreicht, auf welche Weise am besten Hochgeschwindigkeitsanbindungen für sämtliche Geräte im Gebäude zu realisieren sind. Die Forscher demonstrierten innerhalb eines einzelnen Raums, wie funktechnische und optische Lösungen kombiniert eingesetzt werden können, um Daten für verschiedene Dienste drahtlos zu übertragen. Zuerst entwickelten sie ein innovatives 60-Gigahertz-Wi-Fi-Sende- und Empfangsgerät, das ein Leistungsvermögen von mehreren hundert Mbps bei einer Reichweite von über 15 Meter nachweisen konnte. Dann wurde eine optische Lösung mittels Infrarotlicht, die ähnlich wie eine TV-Fernbedienung funktioniert, entwickelt, um Daten bei bis zu 280 Mbps über eine Distanz von 10 Metern zu übertragen. Anders als eine TV-Fernbedienung und einige andere Infrarotgeräte bietet das OMEGA-System jedoch nicht nur einfach gerichtete Punkt-zu-Punkt-Kommunikation, sondern doppelt gerichtete, auf Sichtverbindung beruhende Kommunikation zwischen mehreren Geräten, womit ein Infrarotnetzwerk - eines der ersten seiner Art überhaupt - realisiert wird. Das Projektteam konnte außerdem eine bahnbrechende optische Lösung entwickeln, bei der sichtbares Licht zum Einsatz kommt. Man verfolgte hier einen weltweit neuartigen Ansatz: Die Forscher sendeten Daten mit Hilfe der LED-Deckenbeleuchtung eines Typs, der aufgrund des geringen Stromverbrauchs immer häufiger in vielen Haushalten anzutreffen ist. Durch Ein- und Ausschalten der Leuchtkörper mit einer Frequenz von 10 Megahertz - zu schnell, um vom menschlichen Auge überhaupt wahrgenommen zu werden - hat man nicht nur Licht, sondern auch ein Konzept zur Datenübertragung. Das Team vereinigte im März auf der Projektabschlussveranstaltung bei Orange Labs in Rennes, Frankreich, die Ausgangsleistung von vier Videoabspielgeräten zu einem Ethernetstrom und modulierte den Datenstrom derart auf den elektrischen Strom, mit dem 16 LED-Leuchten betrieben wurden, dass vier verschiedene hochauflösende Videos bei 100 Mbps gleichzeitig übertragen werden konnten. "Die Technik verkörpert eine neuartige einfach gerichtete Punkt-zu-Mehrpunkt-Lösung zur Übertragung von Daten, die gleichzeitig als Lichtquelle dient", so Javaudin. Da Licht und Hochgeschwindigkeitsfunk aufgrund der eingesetzten hohen Frequenzen keine Wände durchdringen können, bezog das OMEGA-Team die Datenübertragung über das Stromnetz (Power-line-communications, PLC, zu Deutsch Trägerfrequenzanlage, TFA) in die Gesamtarchitektur ein. Eine TFA nutzt standardmäßig vorhandene Kommunikations- oder Stromnetze zur Datenübertragung und ist bereits kommerziell im Gebrauch. Die OMEGA-Forscher realisierten jedoch ein vergrößertes Frequenzband von 0-100 MHz, verglichen mit den derzeit genutzten höchstens 30 MHz. Ihr Ziel dabei: Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 1 Gbps. Vom kommerziellen Standpunkt aus betrachtet, ist es als günstig einzuschätzen, dass das System abwärtskompatibel mit dem HomePlug AV/IEEE 1901-Standard. ist. Es wurde überdies für Konformität mit existierenden elektromagnetischen Kompatibilitätsregelungen unterhalb von 30 MHz sowie auch dafür gesorgt, dass zukünftig geltenden Vorschriften für obere Bandbreiten entsprochen wird. Ein Schritt in Richtung Kommerzialisierung Die Inter-MAC-Schicht, die für Konvergenz zwischen den verschiedenen Netzwerken und Geräten sorgt, verknüpft all die verschiedenen Technologien und gewährleistet, dass sie reibungslos und ohne Störungen funktionieren. Inter-MAC adaptiert und managt auf intelligente Weise Übertragungen über technische Grenzen hinweg, sorgt dafür, dass Geräte miteinander umgehen können und Interferenzen gemindert werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, Heimnetzwerke transparent und einfach anwendbar für die Endnutzer zu gestalten. Nach den Vorstellungen der Projektpartner sollte man ein neues Gerät nach Hause bringen und einschalten können sowie sofort auf den am besten geeigneten verfügbaren Kommunikationskanal eingestellt bekommen. "Die Inter-MAC-Schicht findet immer die bestmögliche Kombination oder Kaskade unabhängiger Verbindungen, um den Datenstrom mit der angezielten Servicequalität zum Endgerät zu transportieren. Wir konnten sogar demonstrieren, dass ein Laptop mit der Inter-MAC-Software selbst ein Extender sein kann - also im Wesentlichen ein Netzelement, das dank einer oder mehrerer Technologien die Reichweite im Haus erweitern kann. Dies ebnet den Weg für zukünftig überall vorhandene, per Kapillarität verwaltete Heimnetzwerke", erklärt Martial Bellec, technischer Manager von OMEGA bei Orange Labs. Die Inter-MAC-Forschung des Projekts ist in die Entwicklung des IEEE P1905.1-Standards eingeflossen, der bald kommerziell zum Einsatz kommen wird. "Wir planen, aus dem OMEGA-Projekt heraus zwei Spin-off-Unternehmen zu starten - eins in Italien und eins in Deutschland -, die Produkte entwickeln, die den neuen Standard umsetzen werden", erläutert Javaudin. "Wahrscheinlich werden Produkte mit Inter-MAC-ähnlichen Funktionalitäten im nächsten Jahr auf dem Markt sein." Die erste Anwendung der Inter-MAC-Technologie wird voraussichtlich für Redundanz zwischen per TFA und Wi-Fi angeschlossenen Geräten sorgen. "Derzeit haben die Leute eine Set-Top-Box für HDTV, die von ihrem Home-Gateway aus mit dem Ethernet oder einer TFA verbunden ist. Wir wollen eine Wi-Fi-Konnektivität hinzufügen, so dass, wenn es eine Störung auf der ersten Verbindung gibt, automatisch die andere einschreitet und für Unterstützung sorgt. Das Netzwerk wird dann automatisch zur besten zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügbaren Kommunikationstechnologie wechseln", so Javaudin. Weiterhin planen die Partner, Inter-MAC nicht nur für die Punkt-zu-Punkt-Kommunikation, sondern für umfassend entwickelte Heimnetzwerke einzusetzen. Diese Anwendung könnte nach Javaudins Angaben innerhalb von nur wenigen Jahren in Wohnungen und Häusern kommerziell genutzt werden. "Die OMEGA-Anwendungsfälle umfassten sehr komplexe Szenarien und der entscheidende Punkt war, den kurzfristigen geschäftlichen Bedarf in ihnen zu finden", erklärt Bellec. "Wir haben jetzt ein erstes Beispiel für eine nachhaltige Architektur für zukünftige komplexere Anwendungsfälle." Das OMEGA-Projekt erhielt 12,41 Mio. EUR (Gesamtprojektkosten 19,13 Mio. EUR) Forschungsmittel im Unterprogramm "The network of the future" des Siebten EU-Rahmenprogramms für Forschung (RP7). Nützliche Links: - 'Home gigabit access' project - OMEGA-Projektdatensatz auf CORDIS Weiterführende Artikel: - EU-finanziertes Projekt liefert innovatives Modell für Internetarchitektur - Internet der Zukunft könnte bis zu zehnmal schneller sein - Neuartiger optischer Verstärker ohne Rauschen - Easy-build wireless networks