Die wechselseitig vorteilhafte Beziehung von Pilzen und Pflanzen
Vom Regenpfeifer, der dem Krokodil die Zähne putzt, bis hin zu Clownfischen und Anemonen: die Natur ist voll von symbiotischen Beziehungen. Aber manchmal muss sich eine der beteiligten Parteien anpassen, damit diese Beziehung auch funktioniert. Nehmen wir zum Beispiel arbuskuläre Mykorrhiza, eine Symbiose zwischen Pflanzen und Pilzen, die auf dem gegenseitigen Austausch von Nährstoffen beruht. „Der Pilz sammelt mineralische Nährstoffe aus dem Boden und transportiert sie direkt in die Wurzel der Pflanze“, sagt Caroline Gutjahr, Direktorin des Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie. „Im Gegenzug erhält der Pilz von der Pflanze Kohlenhydrate und Lipide, die er durch photosynthetische Kohlenstoffbindung erzeugt hat.“ Der größte Teil dieses Nährstoffaustauschs erfolgt über eine stark verzweigte und baumförmige Pilzstruktur, die sogenannte Arbuskel, und die Zelle der Wirtspflanze. Um die Bildung der Arbuskel zu unterstützen, muss sich die Wirtszelle jedoch intern umorganisieren, was sie in einem schrittweisen Prozess tut. „Im ersten Schritt bildet die Zelle eine subzelluläre Struktur, in die der Pilz eindringen und einen Stamm bilden kann“, kommentiert Gutjahr. „Danach beginnt der Arbuskel, sich zu verzweigen, bevor er nach einigen Tagen des Nährstoffaustauschs zusammenbricht und aus der Wirtszelle verschwindet.“ Die Forschenden wissen zwar, dass dieses Arrangement streng reguliert werden muss, doch stellt sich die Frage: Wie kommt es dazu? Bei der Beantwortung dieser Frage hilft das Team vom EU-finanzierten Projekt RECEIVE. „Transkriptionsfaktoren steuern die Entwicklung der Arbuskel möglicherweise durch die Regulierung von Genen, die in kolonisierten Zellen in Wellen aktiv werden und verschiedene Entwicklungsstadien vorantreiben“, fügt Gutjahr hinzu. „Ziel dieses Projekts war es, die Transkriptionsfaktoren und ihre Zielgene zu ermitteln, die die Entwicklung von Arbuskeln steuern.“ Ein Transkriptionsfaktor ist ein Protein, das steuert, wann und wie Gene in einer Zelle ein- oder ausgeschaltet werden.
Wie die Reaktion auf Phosphatmangel arbuskuläre Mykorrhiza reguliert
Zunächst wurden im Rahmen des vom Europäischen Forschungsrat unterstützten Projekts die Mykorrhiza-Wurzeln untersucht, die den Pilz mit der Pflanze verbinden. Das Team konzentrierte sich dabei auf die Transkriptionswellen, die während der Entwicklung der Arbuskel stattfinden. „Wir konnten nicht nur Proteine besser charakterisieren, von denen bekannt war, dass sie während der verschiedenen Stadien der Arbuskelentwicklung vorhanden sind, sondern wir haben auch neue Transkriptionsfaktoren bestimmt, die an der Arbuskelentwicklung beteiligt sind“, bemerkt Gutjahr. Die Forschenden fanden außerdem heraus, wie arbuskuläre Mykorrhiza mit der Reaktion auf Phosphatmangel zusammenhängen. Diese Reaktion ist entscheidend für die Anpassung der Pflanzen an den Phosphormangel, aber die Forschenden stellten fest, dass sie auch zur Regulierung arbuskulärer Mykorrhiza beiträgt. „Damit wird deutlich, dass arbuskuläre Mykorrhiza tatsächlich Teil der Strategie der Pflanze sind, auf Phosphatmangel zu reagieren, und dass sie sogar mit anderen Reaktionen auf Phosphatmangel durch denselben Transkriptionsfaktor mitreguliert wird“, so Gutjahr. Die Ergebnisse wurden detailliert in „Nature Communications“ veröffentlicht.
Neue Abenteuer arbuskulärer Mykorrhiza
Neben der Beantwortung der seit langem bestehenden Frage, wie Pflanzen arbuskuläre Mykorrhiza als Reaktion auf den Phosphatstatus regulieren, und der Suche nach neuen Transkriptionsregulatoren wurden über RECEIVE auch neue Methoden zur Untersuchung arbuskulärer Mykorrhiza im Labor erarbeitet. Die Forschenden nutzen diese Methoden bereits, um zu analysieren, welche Umweltbedingungen und welcher molekularer Mechanismus die Wirkung der Transkriptionsfaktoren, die arbuskuläre Mykorrhiza regulieren, beeinflussen. „Unsere Forschung hat unser Verständnis arbuskulärer Mykorrhiza erweitert und gleichzeitig den Weg zu aufregenden neuen experimentellen Möglichkeiten für unser Labor geebnet, die wir in naher Zukunft sicherlich weiter verfolgen werden“, schließt Gutjahr.
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