Was hält Ihr Darm von Koffein?
Im Verdauungssystem eines jeden Menschen leben Billionen Mikroorganismen, die Einfluss auf die Gesundheit haben. Die Darmmikroben extrahieren Nährstoffe und verdauen Ballaststoffe aus der Nahrung, die wir zu uns nehmen, beeinflussen unser Immunsystem und tragen ihren Teil dazu bei, uns vor Krankheitserregern zu schützen. Doch nicht alle Mikroben sind nützlich. Manche werden mit der Entstehung bestimmter Krankheiten in Verbindung gebracht, aber das Warum und Wie bleibt ein Rätsel. Um Licht ins Dunkel zu bringen, wurde im Rahmen der EU-finanzierten Projekte IMMUNOBIOME und SYSCID untersucht, was zur Entstehung eines wichtigen Subtyps von Zellen im Darm führt, der als Interleukin-17-produzierende T-Helferzellen (Th17) bekannt ist. Dabei wurden einige weniger bekannte molekulare Einflussfaktoren und deren Rolle bei der Zelldifferenzierung im Darm entdeckt. Einer dieser Wirkfaktoren ist der Purinmetabolit Xanthin, der normalerweise in koffeinhaltigen Lebensmitteln wie Teeblättern, Kaffee und Kakaobohnen enthalten ist. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift ‚Immunity‘ veröffentlicht. „Eines der grundlegenden Konzepte in unserem Bereich ist, dass Mikroben für die Th17-Zelldifferenzierung erforderlich sind, aber unsere Studie deutet darauf hin, dass es Ausnahmen geben könnte“, so der Mitautor Dr. Jinzhi Duan von der Harvard Medical School in einem in der ‚Harvard Gazette‘ veröffentlichten Artikel. Man geht davon aus, dass Th17-Zellen im Darm eine wichtige Rolle bei der Abwehr von bakteriellen und fungalen Krankheitserregern spielen. Allerdings werden sie auch mit der Entstehung von Autoimmunkrankheiten wie Multiple Sklerose, rheumatoide Arthritis und entzündlichen Darmerkrankungen in Verbindung gebracht. „Wir haben die Mechanismen untersucht, die hinter der Bildung von Th17-Zellen im Darm stehen, und sind auf einige überraschende Ergebnisse gestoßen, die uns zu einem besseren Verständnis der Entstehung von Krankheiten wie entzündlichen Darmerkrankungen verhelfen könnten“, erklärt Dr. Duan.
Eine unerwartete Entdeckung
Bei der Untersuchung der Prozesse, die zur Differenzierung von Th17-Zellen führen, entdeckten die Forschenden die Rolle von Xanthin im Darm. „Manchmal machen wir in der Forschung diese zufälligen Entdeckungen – es ist nicht unbedingt das, wonach man gesucht hat, aber es ist ein interessanter Erkenntnisgewinn, der weitere Untersuchungsbereiche eröffnet“, erklärt Mitautor Prof. Richard Blumberg, ebenfalls von der Harvard Medical School. „Es ist noch zu früh, um darüber zu mutmaßen, ob die Menge an Xanthin in einer Tasse Kaffee zu positiven oder negativen Veränderungen im Darm eines Menschen führt, aber es bietet uns interessante Hinweise, denen wir nachgehen können, wenn wir nach Möglichkeiten suchen, eine Schutzwirkung und eine stärkere Abwehr im Darm zu erzeugen.“ Bei der Untersuchung der Entwicklung von Th17-Zellen in Mausmodellen stellte das Team fest, dass sich Th17-Zellen sowohl in keimfreien Mäusen als auch in Mäusen, denen bakterieneliminierende Antibiotika verabreicht worden waren, vermehren konnten. Der Stress des endoplasmatischen Retikulums in Darmepithelzellen steuert die Differenzierung der Th17-Zellen im Darm durch Purinmetaboliten wie Xanthin. Weitere Forschungsarbeiten sind erforderlich, um herauszufinden, was die Th17-Zellen dazu veranlasst, eine Rolle bei der Ausbildung von Krankheiten zu spielen. „Wir wissen zwar noch nicht, was die Pathogenese auslöst, aber die von uns entwickelten Instrumente könnten uns dem Verständnis der Krankheitsursachen einen Schritt näher bringen und dazu beitragen, diese zu beseitigen oder zu verhindern“, so Prof. Blumberg. Das Projekt IMMUNOBIOME (Identifying microbiotal triggers of inflammatory bowel disease through the lens of the immune system) endete im Jahr 2020. SYSCID (A Systems medicine approach to chronic inflammatory disease) endete 2022. Weitere Informationen: SYSCID-Projektwebsite
Schlüsselbegriffe
IMMUNOBIOME, SYSCID, Koffein, Darm, Mikrobe, Th17, Zelldifferenzierung, Krankheit, Immunsystem